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Wissenschaft und Blogs – wie geht das zusammen? Gut, meinen die bloggenden Wissenschaftler auf der re:publica und wollen noch mehr Forscher in die Blogosphäre locken.

Der herkömmliche Wissenschaftsjournalismus sei “Wissenschaftskommunikation 1.0” und “ein Volksbelehrungsinstrument” gewesen, so der Sozialwissenschaftler Marc Scheloske. Das ändere sich gerade dank des Internets. 200 bis 250 Blogs deutscher Wissenschaftler gebe es bereits, doch angesichts der rund 350 wissenschaftlichen Institutionen in Deutschland sei das doch noch recht wenig. Starke wissenschaftliche Blogs könnten die Wissenschaft demokratisieren, hofft Scheloske. Wie Wissenschaftsblogs den Dialog befördern, zeigt er schon ganz gut in seiner eigenen Wissenswerkstatt.

Dass das Bloggen in der Wissenschaft noch nicht ernst genug genommen werde, belege ein Blick in die Lehrpläne, so der Soziologe Benedikt Köhler (viralmythen und Zahlenbilder hier bei ScienceBlogs). Er hat bundesweit die Seminarangebote seines Faches nach Stichworten wie “Internet” und “Blogs” durchsucht. Sein Fazit: “Internet ist grundsätzlich kein soziologischer Grundbegriff.” Technische Gründe habe das nicht, denn “auf praktischer Ebene hat sich das Internet in der Soziologie längst durchgesetzt.” Als wissenschaftliches Thema tut es sich aber offenbar noch schwer. Vielleicht, so die Spekulation, werde sich das Thema mit dem Generationenwechsel in der Forschung von selbst erledigen.

Wenig Hoffnung auf einen schnellen Wandel machen da die Erfahrungen der Soziologin Tina Guenther (sozlog.de). “Internet? Das macht bei uns die Hilfskraft”, hat die Forscherin bei der Beschäftigung mit dem Thema aus den Instituten meist zu hören bekommen. Sowohl Sekretariate als auch Professoren hielten sich zurück oder fühlten sich überfordert. Die Einführung moderner Content-Management-Systemen an den Universitäten führe oft sogar dazu, dass der Inhalt von Instituts-Webseiten schlechter werde – weil niemand die Systeme gut genug beherrsche, um Aktualisierungen vorzunehmen.

RSS-Feeds aus Forschung und Lehre? Meist suche man danach vergeblich, so Guenthers traurige Bilanz. Wer sich als Student oder Nachwuchswissenschaftler mit dem Web beschäftige, bekomme das sogar häufig als Zeitverschwendung vorgehalten. Guenther sieht die ideale Instituts-Homepage als Nachrichtenzentrale und Diskussionsforum, als Arbeitsplattform für Onlinebefragungen und Experimente, als Fenster für die interessierte Öffentlichkeit, der auch ein funktionierender Rückkanal geboten wird.

Soll man Wissenschaftler zur Nutzung von Social Software zwingen? Natürlich nicht, so Guenther. Aber die entsprechenden Werkzeuge müsse ihre Disziplin offensiver nutzen und weiterentwickeln, wenn man soziologische Themen stärker in der Öffentlichkeit bekannt machen wolle. (Die Vortragsfolien sollen in Kürze online stehen, Link folgt.)

In manchen technischen Disziplinen muss man mittlerweile schon zwingend im Web sein, um von den Kollegen akzeptiert zu werden, ergab die anschließende Diskussion im Workshop. In anderen Bereichen, etwa in den meisten Geisteswissenschaften, herrscht dagegen noch das Papier als alleinig anerkannter Informationsträger. Aber immerhin: “Einige Professoren, die ihre E-Mails vor Jahren noch ausdrucken ließen, beantworten die jetzt schon selber online”, so eine Beobachtung aus der Praxis. <ironie>Das macht doch Hoffnung…</ironie>

Nachtrag 5.4.08:
Auf der Konferenzseite stehen jetzt Audiomitschnitte online:
“Social Media in der Wissenschaft” Die Aufnahme beginnt mit dem Beitrag von Marc Scheloske, leider fehlen die ersten Minuten. (39 Min, mp3)
Abschlussdiskussion: Quo vadis Wissenschaft? – Wohin treiben die Ewiggestrigen die Lehr- und Lernkultur und was können hart bloggende WissenschaftlerInnen dagegen tun. (Stephan Baumann, Andreas Schepers, Benedikt Köhler, Tina Günther, Jan Schmidt, Marc Scheloske, Steffen Büffel, 32 Min, mp3)
Alle Mitschnitte von der re:publica: livecast.re-publica.de