Das TV-Magazin Polylux gehört zu den überflüssigsten Sendungen, die man hierzulande einschalten kann. Jetzt hat man dort der These, mit Gentechnik sei der Welthunger zu stillen, ein Forum gegeben. Dümmlicher ist das Thema selten aufbereitet worden.

Wenn sich einmal wöchentlich eine grinsende Tita von Hardenberg an ihren lächerlichen transparenten Plastikschildchen festhält, dann weiß man, dass es wieder für 30 Minuten einen kruden Mix irgendwie zeitgeistiger Themen geben wird. Die Sendung “Polylux” wird seit mittlerweile elf Jahren ausgestrahlt und zeigt seit langem deutliche Ermüdungserscheinungen. Aber die ARD hat eben nichts Besseres, um die Sendezeit gegen 0 Uhr zu füllen, deshalb dürfen die Berliner in der Lücke ihre beliebigen 5-Minuten-Filmchen zeigen.

Letzte Woche stellte sich Polylux unter anderem die Frage: “Gentechnik für die Dritte Welt?”. Scienceblogger Tobias Maier hat das entsprechende Video in WeiterGen eingebunden. Der TV-Beitrag folgt dem ausgelutschten Pro-und-Contra-Schema, in dem zwei gegensätzliche Meinungen aufeinander prallen sollen.

Auf der einen Seite stehen Gentechnik-Gegner, die “irgendwo in Norddeutschland” (O-Ton Polylux) ein Versuchsfeld mit Gentech-Kartoffeln besetzen. Okay, das ist so wenig sinnvoll wie das Umarmen von Bäumen, um tropischen Urwald zu retten. Aber das steht auf einem anderen Blatt.

Den Gentech-Gegnern wird der Journalist Michael Miersch gegenüber gestellt, der für die steile These stehen soll, mit Gentechnik sei der Hunger in der Welt zu stillen. Miersch darf eines seiner Bücher in die Kamera halten und demonstrativ Gentech-Soja-Schokolade kauen. Miersch erzählt, vor einigen Jahren hätten Gentech-Aktivisten der Regierung von Sambia ausgeredet, von den USA gespendeten Gentech-Mais an Hungernde zu verteilen. Aber was soll uns dieses Beispiel eigentlich sagen?

Jeder von uns würde wohl Gentech-Mais essen, um nicht zu verhungern. Aber wir würden uns wohl auch fragen, was uns an den Rand des Verhungerns gebracht hat. Ich wiederhole mich jetzt, darf aber nochmal daran erinnern, dass der Hunger in Entwicklungsländern kein technisches, sondern ein politisches Problem ist.

Das Versprechen, gentechnisches Saatgut werde das Hungerproblem lösen, läuft ins Leere. Schon die Einführung synthetisch hergestellter Dünger vor rund hundert Jahren war mit entsprechenden Hoffnungen verknüpft, die sich aber nur in den Industriestaaten erfüllt haben.

Es gibt Bauern in den USA und Europa, die auf Gentech-Saatgut setzen, weil dies für sie wirtschaftliche Vorteile bedeuten kann. Doch die Bauern in Entwicklungsländern stehen vor so elementaren Problemen wie mangelhafter Infrastruktur und dem Fehlen einfachsten technischen Geräts. Die “traditionellen” Methoden, die Bauern in der Dritten Welt das Leben erleichtern könnten, sind längst nicht ausgereizt. Faire Preise für ihre Produkte, ja häufig der Zugang zum Markt generell, werden ihnen verweigert. Hat dagegen schon jemand eine gentechnische Lösung gefunden?

Kommentare (4)

  1. #1 Beatrice Lugger
    Mai 8, 2008

    Abgesehen davon, dass ich Polylux eigentlich immer recht entspannend finde, gibt es hie und da natürlich ein paar Aufreger. Dies kann einer sein. Doch die grüne Gentech-Debatte ist so neu wie alt. All diese Argumente haben Pferdefüße: Gentech für die hungernde Welt, Gentech für die Kranke Welt (Vitamin A in Reis), Gentech für die Umwelt. Der Hunger wird deshalb nicht weniger, die Abhängigkeiten von den großen Herstellerfirmen umso größer und die Umweltauswirkungen der grünen Gentech (Streuung, Einkreuzung) selbst werden immer wieder untersucht. Wäre ich im Bereich der grünen Gentechnik tätig, würde ich mir mal neue Argumente überlegen. Nicht immer das gleiche Trio.

  2. #2 Tobias
    Mai 8, 2008

    Stefan,
    du hast sicher Recht. Den Welthunger als Argument für grüne Gentechnik anzubringen ist nicht geglückt, und das Problem ist grösstenteils ein politisches. Die Forderung, in dritte-Welt Ländern nachhaltig Lebensmittel anzubauen ist löblich, auch der Hinweis auf fehlende Maschinen und Infrastruktur in den betroffenen Ländern stimmt.

    Was mich bei der Debatte am meisten stört, ist die Tatsache, dass die Landwirtschaft nicht als das wahrgenommen wird, was sie ist: Eine Industrie mit Saatgutkonzernen, Düngemittelfabrikanten und Pestizidherstellern. Mit oder ohne Gentechnik, mit oder ohne Öko. Das hat positive Seiten (wir haben alle was zu essen) und negative (Auswirkungen auf die Umwelt).

    Die zwei besten deutschsprachigen Seiten im Internet zu Themen der grünen Gentechnik sind http://www.biosicherheit.de (vom BMBF gefördert) und http://www.transgen.de (seit über 10 Jahren Transparenz für Gentechik bei Lebensmitteln).
    Aktuelles und Hintergrundinformationen satt, zu einem Thema dem weniger Emotionalität und Halbwissen in den Debatten sicher gut tun würde.

  3. #3 marc
    Mai 11, 2008

    @Stefan Jacobasch

    Sie sagen das so, als wäre Gentechnik was schlechtes. Kann sein, dass ich mich irre, aber falls mein Eindruck richtig ist: Dann mal die Frage beiseite, ob der Welthunger als Argument FÜR den Einsatz von Gentechnik taugt, und sagen Sie mir einfach mal, was GEGEN Gentechnik spricht.

  4. #4 Stefan Jacobasch
    Mai 12, 2008

    In diesem Beitrag ging es mir in erster Linie darum, der unsäglichen Welthunger-Argumentation zu widersprechen. Und nebenbei bot sich die Gelegenheit, meinem Ärger über das grottenhaft schlechte Magazin Polylux Luft zu machen. Das war´s dann schon 😉

    Über Gentechnik lässt sich sowohl Gutes wie Schlechtes sagen. Das wird hier hin und wieder am konkreten Beispiel thematisiert. Pauschale Urteile versuche ich in diesem Zusammenhang zu vermeiden.