Uns muss nicht das Brot ausgehen, nur weil wir aus der Getreideernte Biotreibstoff gewinnen wollen. Neue Techniken erlauben es, uns satt zu machen und nur die unverdaulichen Teile der Pflanze zu Bioethanol zu verarbeiten. So langsam werden die entsprechenden Verfahren auch wirtschaftlich rentabel.
Die Weltbank warnte vor zwei Tagen vor steigenden Lebensmittelpreisen, weil zunehmend Nahrungsmittel zu Biokraftstoffen verarbeitet werden. In über 30 Ländern habe es bereits “food riots” gegeben, weil die Ärmsten die steigenden Preise nicht mehr bezahlen können. Die britische Tageszeitung “Guardian” zitiert dazu aus einer internen Weltbank-Studie (via heise online).
Ist also die Produktion von Biotreibstoffen eine Sackgasse? Sollte der Versuch, einen Ersatz zum Erdöl zu finden, nur eine neue Katastrophe nach sich ziehen?
Das muss nicht so eintreten. Der “New Scientist” stellte vor zwei Wochen mehrere Verfahren zur Erzeugung von Bioethanol vor (leider nicht frei online), die schon in Kürze marktreif sein könnten.
Kurz zum Hintergrund: Bioethanol lässt sich auf zwei Wegen produzieren. Zum einen kann man aus stärkehaltigen Lebensmitteln wie Getreide oder Soja mit Hilfe von Enzymen eine Melasse gewinnen, deren Zucker anschließend zu Ethanol fermentiert wird. Zum anderen kann man sich auf die pflanzlichen Abfällen beschränken, die bei der Ernte anfallen, um aus ihnen Zellulose zu isolieren. Deren lange Zuckermolekülketten lassen sich ebenfalls mit Enzymen aufspalten und anschließend fermentieren.
Die zweite Methode klingt nicht nur komplizierter, sie ist auch um rund 50 Prozent teurer, weil die pflanzliche Zellulose erst aufwändig vom Holzstoff Lignin getrennt werden muss. Steigende Ölpreise auf der einen, sowie verbesserte Verfahren auf der anderen Seite erhöhen allerdings die Chancen, dass sich die Verwertung pflanzlicher Abfälle künftig rechnet. Allein in den USA hat der “New Scientist” 30 entsprechende Forschungsprojekte gezählt, ein halbes Dutzend davon wird mit staatlichen Geldern in Höhe von rund 385 Mio. US-Dollar gefördert.
Die erste neue “Bioraffinerie” eröffnete im Mai in Jennings, Louisiana. Das Unternehmen Verenium verarbeitet dort mit Hilfe neu entwickelter Enzyme Zuckerrohr aus der Zuckerindustrie zu Biokraftstoff (siehe dazu auch den Bericht in Technology Review). Auch Genencor aus Rochester, New York, und der Chemieriese DuPont setzen auf die Verwertung von Zuckerrohr- und Getreideabfällen durch spezialisierte Enzyme.
Eine Reihe von Chemiefirmen setzt dagegen auf die Fischer-Tropsch-Synthese, ein ursprünglich in den 1920er Jahren entwickeltes Verfahren zur Verwertung von Kohle. Nach dessen Prinzip könnte Biotreibstoff aus Zellulosefasern gewonnen werden, glaubt man bei Range Fuels, Colorado. Allerdings ist abzuwarten, ob deren Ingenieure den vergleichsweise hohen Energieeinsatz tatsächlich in den Griff bekommen.
Möglicherweise zeigen uns auch Mikroorganismen neue Wege auf, wie sich pflanzliche Abfälle sparsam zerlegen lassen. Das kanadische Biotech-Unternehmen Iogen hofft, mit genetisch manipulierten tropischen Pilzen Stroh in Biotreibstoff verwandeln zu können. Auch die Bakterien aus Termiten-Mägen sind inzwischen ein beliebtes Forschungsobjekt, weil sie Holz so schön zerlegen können. Wobei derart exotischen Ansätzen eher mit Skepsis zu begegnen ist. Etwa, wenn Craig Venter (ja, der Erbgutspalter, der überall dabei sein will) angeblich Meeresorganismen sammelt, um sich aus deren Erbgut ein perfektes Bakterium zu basteln, das wiederum ein perfekte Enzym produziert (Oder so ähnlich, bei Venter weiß man das nie…).
Welche Verfahren letztlich Marktreife erreichen, ist noch offen. Aber dass gleich mehrere dieser Techniken – gerade angesichts der steigenden Ölpreise – rentabel werden, erscheint mir sehr wahrscheinlich. Und alles, ohne kostbare Lebensmittel zu vernichten.
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