Bild dir deine Meinung – aber pass auf wo! Sonst kriegst du morgen Angst vor den Kiwis, die du gestern gegessen hast.

Über das Boulevardblatt “Bild” kann man lachen, spotten, den Kopf schütteln. Man kann es ignorieren, für lächerlich erklären und seine Redakteure wahlweise verachten oder bemitleiden. Leider erreicht das Blättchen aber trotz sinkender Auflage noch Millionen Menschen und beschmutzt auch das Internet recht erfolgreich. Über 60 Mio. Besuche zählt “Bild.de” monatlich.

Eine Spezialität der Redaktion sind scheinbar einfache Antworten auf komplizierte Fragen. Doch spätestens wenn sich die Antworten widersprechen, wird es eben doch wieder kompliziert.

Heute stellt Bild.de “Die 50 gefährlichsten Lebensmittel” vor. Dazu soll u.a. die Kiwi gehören. Begründung: “Kiwis, Ananas, Papaya besitzen das Enzym Actinidin, das Milcheiweiß spaltet. Darauf reagieren viele Menschen mit Allergien.” Gewarnt wird auch vor Fisch: “Fische, Muscheln und andere Meerestiere nehmen über verschmutztes Meerwasser Schadstoffe wie Quecksilberverbindungen, DDT, Dioxin oder PCB auf.” Ganz schlimm sind offenbar Beeren aller Art: “Johannisbeeren, Himbeeren, Heidelbeeren, Erdbeeren und Brombeeren enthalten Salicylsäure. Allergiker können darauf mit Juckreiz, Magenbeschwerden und Asthma reagieren.”

Das alles las sich vor zwei Tagen noch ganz anders. Da präsentierte “Bild am Sonntag” den “Lebensmittel-IQ“. Demnach lassen sich Lebensmittel jetzt ganz einfach mit Punkten bewerten. Nahrung mit 100 Punkten ist Gesundheit pur, einstellige Zahlen stehen dagegen für die ungesündeste Variante. Die volle Punktzahl gibt es beispielsweise für die Kiwi: “viel Vitamin C, Magnesium, Phosphor, Kalium, Kalzium, 75 kcal. Gut fürs Immunsystem.” Und wer gerne Fisch isst, der greife zum Seelachs: 87 Punkte erhält er für “viel Vitamin D, B1, B2, Omega-3-Fettsäuren, 81 kcal. Gut für Knochen, entzündungshemmend.” Brombeeren erreichen immerhin noch sehr gute 83 Punkte: “viel Magnesium, Eisen, Vitamin E, Eiweiß, 44 kcal. Gut für Nerven, Zellschutz.”

Die Liste der “gefährlichen” Lebensmittel entpuppt sich bei näherer Betrachtung als altbekannte Warnung an Allergiker, bestimmte Substanzen zu meiden. Für alle anderen Menschen ist die Liste sinnlos. Dies gilt auch für den “Lebensmittel-IQ”, der in der verkürzten “Bild”-Variante völlig unberücksichtigt lässt, dass es bei einer Mahlzeit immer auch auf die Menge der jeweiligen Zutaten ankommt. Aber wenn sich die “Bild”-Redaktion dieser Frage annehmen wollte, müsste sie ihr Gehege der einfachen Antworten ja verlassen und sich der Komplexität der Wirklichkeit stellen. Das würde die Macher dieses jämmerlichen Medienprodukts vermutlich überfordern.