Für Produkte aus dem “fairen Handel” zahlen Verbraucher gern etwas mehr. Auch deutsche Bauern würden gern von diesem Modell profitieren. Noch fehlen aber Produkte und Vertriebswege.
Die Idee vom “fairen Handel” geht bis in die 1950er Jahre zurück. Gezielt sollte damit auf Produkte aus Dritte-Welt-Ländern aufmerksam gemacht werden. In einigen Bereichen haben sich entsprechende Waren etablieren können; besonders Kaffee, Kakao und Schokolade mit “Fair Trade”-Siegel stehen heute gleichberechtigt neben Markenprodukten in den Regalen des Lebensmittelhandels.
Von diesem Modell wollen auch Milchbauern profitieren, die von den aktuellen Marktpreisen nicht leben können (habe ich hier bereits thematisiert). Deshalb erfanden sie im Oktober 2007 die Kunstkuh Faironika und die Idee von der “fairen Milch”. Hinter dem Konzept steht das “European Milk Board”, ein Zusammenschluss europäischer Bauernverbände.
Der Name klingt gewichtig, die Organisation ist es aber nicht. Faironika fand keine Fans; die Einjahres-Bilanz letzten Herbst fiel “eher ernüchternd” aus. Ihr Ziel höherer Milchpreise hat die Initiative nicht erreicht. Deshalb soll es am 29. April europaweit mal wieder Demonstrationen geben. Das klingt ähnlich originell wie die Forderung nach einem neuen Milchgipfel und die Antwort darauf, den “runden Tisch zur Wettbewerbsfähigkeit der Lebensmittelkette in Deutschland”. So simuliert man Politik, deren Scheitern allen Beteiligten vorab klar sein dürfte.
Warum setzt sich kein “fairer Handel” für landwirtschaftliche Produkte aus deutschen Landen durch? Die Frage beantwortet sich, wenn man nach entsprechenden Produkten im Handel sucht. Es gibt sie praktisch nicht. Da müssen natürlich auch biedere Werbefilmchen wie der folgende ins Leere laufen (Vorsicht, bei Klick fünf Minuten Einschlafgefahr!):
Dass der Milchpreis dauerhaft im Keller bleibt, liegt am Überangebot. Es wird einfach mehr Milch produziert als nachgefragt – ein Problem, das der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) ja längst erkannt hat, ohne es beheben zu können.
Ein möglicher Ausweg aus dem Dilemma zeichnet sich allerdings auch ab: Er könnte im Aufbau regionaler Märkte liegen. In München gibt es seit Mitte der 1990er Jahre Produkte der Marke “Unser Land”. Diesem Beispiel folgen seit 2007 Berlin und Brandenburg unter dem Slogan “Von hier”. Schon das erste Jahr fiel für die Berliner Regionalmarke besser aus als erwartet. Die Logos geben anonymen Herstellern ein Gesicht und eine Identität, für die die Kunden bis zu 20 Prozent mehr zu zahlen bereit sind. “Es funktioniert, wenn die Produkte nicht anonym sind”, sagt Unternehmensberater Ludwig Karg im Interview mit der “taz”.
Wäre ich Milchbauer, würde ich mich lieber mit den Gründern der Regionalmarken an einen runden Tisch setzen, als mit Bundesministerin Aigner.
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