Einen schweren Schlag mussten die Pharmariesen Merck und Schering-Plough gestern hinnehmen. Ihr Milliardenseller Inegy (weltweiter Umsatz 2007: geschätzte 2 Milliarden Euro) ist kein bisschen besser als viele mehrfach günstigere Medikamente.
Dabei hörte sich in der Theorie alles so gut an.
Inegy (deutscher Hersteller MSD Sharp & Dohme, US-Vertriebsname: Vytrorin), ist zwar kein vollständig neues Medikament, aber es vereint zwei verschreibungspflichtige Wirkstoffe, die gemeinsam Cholesterin senken und als Ziel arteriosklerotische Prozesse (Adernverkalkung) aufhalten sollen.
Seit bereits mehreren Jahren erfüllt diesen Zweck der Wirkstoff Simvastatin, der in der Leber das Enzym CSE hemmt, das für die Cholesterinherstellung notwendig ist.
Als neuer Wirkstoff ist für Inegy das Ezemitib hinzugekommen, das die Wiederaufnahme (Resorption) des Cholesterins im Darm hemmt.
Inegy, das als große Innovation angepriesen wurde, basiert also nicht allein auf der Innovation Ezemitib, sondern kombiniert Simvastatin mit Ezemitib.
Weil jedoch unklar war, um wie vieles besser die Kombination als die Einzeltherapie ist, wurde im April 2004 eine zweijährige Studie gestartet. An dieser nahmen 720 Menschen mit beginnender Arterienverstopfung teil, die einmal nur den Wirkstoff Simvastatin erhielten und einmal Simvastatin plus Ezemitib.
Dann geschah lange Zeit nichts, weil die Ergebnisse der Studie nicht veröffentlicht wurden. Auf Nachfrage eines Journalisten der New York Times soll das Unternehmen gesagt haben, die Ergebnisse seien wissenschaftlich nicht relevant.
Erst als Kardiologen spekulierten, dass in der Studie verstärkt Langzeitschäden in der Leber aufgetreten waren, reagierte eines der Unternehmen mit der Veröffentlichung der Studie.
Demnach gibt es zwar keine Gesundheitsgefährdung, aber Schering-Plough schreibt: “Es zeigte sich im Hinblick auf das therapeutische Ziel kein statistischer Unterschied zwischen den beiden Gruppen”.
Preislich ist der Unterschied hingegen ganz schön beachtlich: In einer berühmten Versandapotheke kosteten zuletzt 100 Inegy Tabletten (10/80) 250 Euro, wohingegen 100 Tabletten Simvastasin (10 mg) von einem Nachahmerhersteller knapp 20 Euro kosteten.
Der Preisunterschied relativiert sich zwar auf das 3,5fache, wenn mit Nachahmerprodukten dieselbe Dosis (80 mg Simvastatin) erreicht werden soll, doch Merck und Schering-Plough half das nicht mehr, ihr Aktienkurs sank um 1,9 und um 2,9 Prozent.
Wie schade … und dabei dachten wir stets, das Ganze wäre mehr als die Summe seiner Teile …
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