Als ich kürzlich die aktuelle Nummer eins der Kinocharts sah (fast zwei Millionen Zuschauer), musste ich ganz schön staunen. Nicht nur weil es Vampire gab, spannende Unterhaltung und einen Will Smith in ziemlich guter Form, sondern auch weil es Wissenschaft auf einem Niveau gab, das jeden Stammtisch zur Universität aufwertet.


Doch zuerst die guten Zutaten von “I am Legend”. Die Prämisse ist
erstklassig: Es wird eine Wissenschaftlerin eingeblendet, die erzählt,
dass sie eine Impfung gegen Krebs entwickelt hat. Ihre Studie an 20.009
Probanden hatte eine Heilungsrate von 100 Prozent.
In der Folge
haben sich alle Menschen impfen lassen, doch nach kurzer Zeit mutierte
das für die Impfung verwendete Virus und verwandelte alle geimpften
Menschen in Vampire. Drei Jahre nach diesen Ereignissen sind nur noch
diejenigen Menschen übrig, die immun gegen das Virus sind und nicht
gefressen wurden. Einer von ihnen ist der New Yorker Will Smith.

Nach
diesem Vorspann könnte eigentlich alles folgen. Will Smith als Rambo,
Predator oder Mad Max – Will Smith der auf einem Motorrad sitzt und
einhändig auf Vampire schießt (Buffalo Helsing!).
Doch die
Filmemacher (ja, ich weiß, dass es ein Remake ist: Last Man on
Earth-1964, Der Omega Mann-1971) entschieden, dass Smith ein
Wissenschaftler sein soll.
Und das ist er dann auch.
Aber wie
kann man als forschender Wissenschaftler arbeiten, wenn man der letzte
Mensch auf der Welt ist und überall mordshungrige Vampire nach dem Blut
des Forschers lüstern?
Ganz einfach: Im perfekt ausgestatteten Kellerlabor direkt unter dem Wohnhaus.

Unter
dem eigenen Wohnhaus? Wer soll das denn gebaut haben? Oder ist das nur
eine schmierige Bretterbude, in der die Kellerasseln zusammen mit
Kakerlaken versuchen neue Tierarten zu kreieren?
I wo, Will Smith
hat ein perfektes Hightech Labor mit gut und gerne 50 Tierboxen etwa 20
Flachbildmonitoren, Kühlschränken für Nährlösungen, jeder Menge Ratten
(für die Versuche) sowie Krankenhausbetten mitsamt Zubehör.
Und
jetzt das Witzigste: Das alles funktioniert vollständig wartungsfrei!
Denn tagsüber jagt Smith Antilopen (dazu später mehr). Die Legende im
Film behauptet also, dass sämtliche Elektrik und alle Computer
anstandslos funktionieren (trotz Windows!), auch die Ratten sich
perfekt von alleine versorgen und ihre Käfige selber schrubben.
Zwar
wäre es spannend zu sehen, wie Smith die Verkabelung der Computer
erledigt oder das Verladen der tonnenschweren Kühltechnik, den
flüssigen Stickstoff, die Betäubungsmittel und alle Analysegeräte in
seinen Keller schafft, aber leider schweigt sich der Film zu diesem
Thema aus.
Man erfährt lediglich, dass er als Wissenschaftler vor
Ausbruch der Epidemie bei der Army arbeitete und man vermutet, dass er
damals wohl Mitarbeiter hatte.

Doch zurück ins Jahr 2011. Innen
funktioniert sein Labor also perfekt und läuft schon seit mehreren
Jahren von ganz alleine (wahrscheinlich protokollieren die Ratten auch
selber die Versuche). Denn Will Smith interessiert die laufende Arbeit
nur mäßig.
Jeden Mittag legt er sich malerisch in die Sonne und
wer glaubt, dass Bioforschung für eine Person nicht schon anspruchsvoll
genug ist, der erfährt dann noch nebenbei, dass der Held des Films auch
noch gleichzeitig Radiotechniker ist und es geschafft hat auf
sämtlichen UKW-Frequenzen eine vorproduzierte Sendung zu funken.
Ein echter Tausendsassa! Wow.

Fast genauso lustig ist sein Umfeld. Drei Jahre nach dem Virus-Overkill laufen Antilopen durch New York.
Mein
lieber Herr Ökologe, ist das nicht ein bisschen fix? Und wo sollen die
ganzen ausgewachsenen Exemplare – innerhalb von so kurzer Zeit
eigentlich herkommen, was essen sie in der Stadtwüste – oder wo trinken
sie? Ist doch egal, Hauptsache sie werden nicht selber gefressen? Wie
bitte, von wem denn? Na von den Löwen. Jetzt hör aber mal auf. Nein, es
ist wahr. Im Film gibt es tatsächlich Löwen und die fressen die
Antilopen. An dieser Stelle denkt man kurz nach … schließlich hat jeder
schon Geschichten von Mardern, Turmfalken und sogar Füchsen gehört, die
in Großstädten ihre ökologische Nische gefunden haben – aber Löwen?
Dann könnte man die doch im Anschluss von Godzilla durch die Stadt und
das U-Bahn-System jagen? Wär’ doch auch spannend!

Denn das
U-Bahn-System müsste den gezeigten Umständen zufolge noch
funktionieren. So wie ohnehin alles funktioniert und gut in Schuss ist.
Nicht nur, bei Will Smith, der in jeder Szene saubere, gebügelte
Kleidung trägt, frisch rasiert ist und eine perfekte Frisur hat
(typisch Mann halt …) auch die Glasfassaden der Hochhäuser sind geputzt
und durchsichtig. Die Stadtwerke liefern Strom und die Tankstellen
Sprit. Alles wunderbar.

Sogar die Kammerjäger müssen irgendwie
in Geisterform noch weiterarbeiten, denn Insekten und Spinnen, die man
eigentlich nach so einer Katastrophe massenhaft erwarten müsste, sieht
man überhaupt nicht – aber ist ja auch klar, so ein Ungeziefer sieht ja
wirklich niemand gerne.

Zu viel will ich jetzt über den Film
nicht verraten. Das Ende ist ziemlich übertrieben, aber davor ist der
Film atmosphärisch dicht, geschickt erzählt und spannend inszeniert.

Lediglich die wissenschaftlichen Fakten sind so was von übertrieben, dass man häufiger den Kopf schütteln muss.
“I am Legend” oh ja, und was für Legenden einem hier erzählt werden …

Kommentare (3)

  1. #1 Stefan Jacobasch
    Januar 27, 2008

    Die Löwen und Antilopen stammen vermutlich aus dem New Yorker Zoo (?). Und auch der Rest klingt doch eigentlich recht plausibel 😉 Entscheidend finde ich für solche Filme nur, ob das Szenario in sich rund ist und eine gewisse Stimmung gut rüber kommt. Wissenschaftliche Genauigkeit wäre das Letzte, was ich erwarten würde. Ich könnte auch auf Anhieb keinen Film nennen, der sich in sowas versucht. Selbst Filme, die eine glaubwürdige technisch-wissenschaftliche Kulisse bieten, stimmen dann in vielen Details nicht. Egal, ich seh mir “I Am Legend” übermorgen an…

  2. #2 Peter Artmann
    Januar 29, 2008

    Der Film ist ja auch gutes Popkorn-Kino und Will Smith ist ziemlich überzeugend, auch wenn es zuletzt bessere Vampirfilme gab. Aber glaubst du im Ernst, dass Zootiere – insbesondere Löwen – drei Jahre lang in einer Großstadt wie New York überleben können?

  3. #3 Stefan Jacobasch
    Januar 29, 2008

    Seit ich Madagascar gesehen habe, nehme ich Zootieren alles ab 😉