Einen höchst unrühmlichen Fall von gieriger Selbstbedienungsmentalität auf dem Transplantationsmarkt beschreiben die Autoren Ludwig und Schmidt. Im aktuellen Spiegel dokumentieren sie ab Seite 58 die Machenschaften des ehemaligen Vorzeigechirurgen Christoph Broelsch. Ganz neu sind die Vorwürfe nicht. Hoch her geht’s bereits seit Mai 2007 und eigentlich stammt die Geschichte von 12/2002. Aber jetzt hat sich etwas bewegt.
Seit Herbst ist Broelsch vom Dienst suspendiert, die Staatsanwaltschaft Essen ermittelt wegen Organhandel, räuberischer Erpressung, … Der Professor bestreitet und schweigt. Jetzt reden die Hinterbliebenen. Immerhin in zwei von 80 zur Überprüfung stehenden Fällen konnten die Autoren Fragen stellen. In beiden Fällen ging es um Leberverpflanzungen.
Einmal sollte der Ehepartner, der fünf Jahre lang auf ein Spenderorgan für seine Frau gewartet hatte, am Operationstag einer doppelt so hohen Rechnung wie zuvor vereinbart zustimmen.
Beim anderen Fall hatte der Ehemann rund 11.000 Euro gezahlt, die Broelsch später als „freiwillige Spende“ deklariert hatte (allem Anschein nach für Stipendiaten, die ohne Genehmigung in der Klinik operierten …).
Am meisten überrascht an dem Bericht jedoch, wie wenig Glück die Operationen schließlich gebracht haben. Die Ehefrau von Fall eins starb einen Monat nach der Transplantation und die Ehefrau von Fall zwei starb etwa eine Woche nach der OP.
Man fragt sich dabei unweigerlich, ob die beiden Frauen – wenn sie noch länger auf eine Operation gewartet hätten – nicht vielleicht länger überlebt hätten.
Und natürlich fragt man sich, ob man jemals ernsthaft darauf hoffen soll, dass man im Falle eines Organversagens Nebenwirkungsfrei ein Ersatzorgan erhalten wird.
Oder wie soll man sonst die jüngste Meldung verstehen?
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