Eine echte Herkulesaufgabe hat der Focus diese Woche (ab S. 134) bewältigt: 210 Krankenkassen abtelefoniert und deren Beitragssätze erkundet. Natürlich fragt man sich, ob man mit Redaktionspraktikanten nicht besser umgehen sollte.
Aber warum eigentlich?
Jedenfalls zeigt die Geschichte erstaunlich viele Parallelen zu einer typischen wissenschaftlichen Arbeit: Zuerst einmal der Umfang: Auf 10 Seiten (!) finden sich Tabellen und Zahlen, mit denen man größtenteils überhaupt nichts anfangen kann.
Ab und zu gibt es dann was zum Staunen:
Guckt doch mal, da gibt es tatsächlich Krankenkassen mit einem Beitragssatz von 11,3 Prozent (wer’s nicht glaubt, kann ja selber nachschlagen, aber die Sache hat einen Haken) und dann gibt es auch die schwarzen Schafe mit Beitragssätzen von 16 Prozent oder 15,8 (wie kann man nur so doof sein, hahah).
Die meisten Beitragssätze liegen allerdings … in der Mitte. Was in Deutschland 2008 immerhin mal eine angenehme Ausnahme ist.
Und trotzdem hinterlassen die 10 Seiten ein flaues Gefühl: Was nützt eine solche Zusammenstellung, wenn doch klar ist, dass in genau einem Jahr der Gesundheitsfonds startet, der einen einheitlichen Krankenkassenbetrag für alle gesetzlich Versicherten vorsieht?
Soll man angesichts dieser Realität wirklich bis zum April zu einer unbekannten Kasse wechseln, die kurzfristig mal etwas günstiger ist?
Und genau wie in einer wissenschaftlichen Diskussion zeigt sich, dass auch die Focus-Autoren darüber nachgedacht haben.
Auf Seite 144 lesen wir den Grund, weshalb sich ein Wechsel dauerhaft lohnen soll. Zuvor werden die ab Januar 2009 fälligen Einzahlungen in den Gesundheitsfonds beschrieben, dann lesen wir: „Übersteigen die Zahlungen aus dem Fonds hingegen den Finanzbedarf einer Kasse, kann sie von sich aus Prämien an ihre Mitglieder auszahlen.“
Ein sehr dünner Strohhalm, an den sich unsere “Forscher” klammern.
Ein Wechsel könnte sich also lohnen, wenn die bislang unbekannte Kasse in Zukunft Geld verschenken will?
Soll man sich anlässlich solch vager Vermutungen (könnte, sollte, wollte) wirklich zu einem Wechsel entschließen, der monatlich konkrete Zahlungsverpflichtungen mit sich bringt?
Das Resümee kann nur lauten: Ob sich ein Kassenwechsel auszahlt, müssen weitere Studien zeigen.
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