Amerikanische Forscher wollen einen Bluttest für die Erkennung der manisch-depressiven Erkrankung entwickelt haben.
Im Fachjournal Molecular Psychology berichten die Forscher um Alexander Niculescu von der Indiana School of Medicine, dass sie anhand der Proteinkonzentration von insgesamt 11 Genprodukten sogar den Schweregrad der Erkrankung ermitteln konnten.
Die Forscher hatten für ihre Studie Blutproben von 96 manisch-depressiv Erkrankten Patienten zur Verfügung. Ausgehend von Autopsiedaten psychisch Erkrankter hatten die Forscher insgesamt 11 Gene herausgesucht, die sie mit der Erkrankung in Verbindung bringen.
Fünf dieser Gene sind für den Aufbau der Hüllschicht (Myelin) der Nervenzellen verantwortlich, die restlichen sechs Gene kontrollieren das Wachstum des Körpers (Wachstumsfaktoren).
Die Wissenschaftler wollen sogar anhand der Blutwerte erkannt haben, ob der Patienten zum Zeitpunkt der Probenentnahme manisch oder depressiv war.
In einer Pressemitteilung erklärte Studienleiter Niculescu: “Diese Entdeckung ist ein Meilenstein, der die psychischen Erkrankungen auf eine Stufe mit den konventionellen Erkrankungen stellt. Jetzt kann man bei psychischen Erkrankungen die Schwere der Erkrankung messen und dementsprechend auch den Erfolg der Therapie“.
Fachleute reagierten Verhalten bis skeptisch auf die Ankündigungen. Der Pharmakologe David Kendall erklärte in der britischen BBC: “Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Psychiater in der nahen Zukunft Blutproben zur Unterstützung ihrer Diagnose entnehmen.”
Der Bluttest ist derzeit nicht kommerziell erhältlich. Vor einer möglichen Markteinführung müssen die Forscher ihre Ergebnisse an einer größeren Personengruppe verifizieren. Ihren Angaben zufolge sind sie bereits damit beschäftigt.
Die Forschergruppe erhält finanzielle Unterstützung von dem Pharmakonzern Eli Lilly, unter dessem Label wahrscheinlich später eine kommerzielle Form des Tests erscheinen wird – sofern die Ergebnisse bestätigt werden können.
Derzeit gibt es für die Diagnose von Gemütserkrankung ausschließlich Fragebogentests.
Ein Bluttest, der ein ablesbares Ergebnis liefern könnte, käme nicht nur einem Meilenstein gleich, sondern würde die gesamte Psychiatrie revolutionieren.
Ob diese Revolution allerdings kurz vor der Tür steht, muss angesichts der ausgewählten Kandidaten – die allesamt weder den Dopamin, noch den Serotonin oder Noradrenalinhaushalt betreffen – angezweifelt werden.
Einzig einige der Wachstumsfaktoren erscheinen vielversprechend – doch dabei stellt sich die Frage, ob man heute schon diese kurzlebigen Verbindungen (die vor allem in Gehirn wirken) quantitativ zufriedenstellend im Blut bestimmen kann.
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