Immer mehr Menschen erkranken an Diabetes Typ-II. Und weil das nicht unbedingt nur arme Menschen sind, hat sich um diese Patienten ein regelrechter Markt entwickelt.

Zwar gilt nach wie vor für die meisten Fälle, dass mehr Bewegung und weniger Essen am meisten helfen würde, doch dann könnten Pharmafirmen nicht ihre teuren Schnickschnacks verkaufen.


Schnickschnack? Stimmt doch gar nicht. Das wurde doch alles nur zum Wohl des Patienten erfunden. Oder?

Beispielsweise die Blutzuckermessgeräte für zu Hause.

Damit kann jeder seinen Blutzuckerspiegel messen und überprüfen, ob er eine bestimmte Grenze überschritten hat.

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Hört sich sinnvoll an. Und ist tatsächlich unverzichtbar für alle Menschen, die Insulin spritzen müssen. Doch genau diese Menschen wurden bei zwei Studien bewusst ausgeklammert ( – zu Recht, denn tatsächlich müssen nur die wenigsten Diabetes Typ-II Patienten Insulin spritzen).

Die Frage war also, welchen Vorteil haben Diabetes Typ-II-Patienten von den kompakten kleinen Messgeräten, die bei uns von der Kasse bezahlt werden.

Zwei Studien im britischen Ärzteblatt BMJ kommen dabei zu einem vernichtenden Urteil (wohlgemerkt: Bei Menschen, die kein Insulin spritzen – hier wiederholt, weil es zu wichtig ist).

Das Ergebnis der ersten Studie von Maurice O’ Kane zeigte, dass:

  1. Die Blutzuckerspiegel aller Patienten gleich gut eingestellt waren – egal ob sie täglich zu Hause maßen oder nur alle drei Monate in der Arztpraxis
  2. Patienten, die acht Mal die Woche maßen, ihre Lebensqualität geringer einschätzten und eine um sechs Prozent erhöhte Wahrscheinlichkeit zeigten, depressiv zu werden.

O’ Kane erklärte das mit der hohen psychischen Belastung durch tägliches Messen, bei dem sich der Patient mit einer Nadel in den Finger stechen muss.

Die zweite Studie, die zusätzlich die Kosteneffizienz der Geräte untersuchte, kam bei insgesamt 453 Patienten zu einem ähnlichen Ergebnis.

Auch hier konnten alle Patientengruppen mit wenigen Arztbesuchen (die natürlich auch bei den täglich messenden Patienten erfolgten) genauso gut eingestellt werden, wie Patienten, die sich selber täglich kontrollierten.
Und auch hier beurteilten die Kontrollierer ihre Lebensqualität schlechter, als die Patienten in den anderen Gruppen.

Tja und obwohl es fast unmöglich erscheint, zeigen die beiden Studien, dass man gleichzeitig Patienten, Krankenkassen und Bundesgesundheitsministerium glücklich machen kann.

Denn durch die Empfehlung diese Geräte bei neudiagnostizierten Diabetes Typ-II Fällen nicht einzusetzen, könnte das britische Gesundheitswesen 130 Millionen Euro einsparen. Für Deutschland dürfte die Summe noch höher liegen.

Besonders amüsant ist an der Geschichte, dass alle Beteiligten dabei Gewinner sind – und zwar nicht durch ein Mehr an Diagnose, sondern durch ein Weniger.

Würde mich nicht wundern, wenn ähnliche Ergebnisse auch für viele ganz andere Geräte zutreffen würden.

Kommentare (2)

  1. #1 Christiane
    Mai 8, 2008

    Ebenso schädlich fürs eigene Befinden kann tägliches wiegen und häufiges Blutdruckmessen sein. Allerdings stellt sich die Henne-ei-Frage: Tun das nicht eher Menschen, die sowieso ängstlicher und pessimistischer sind als andere? Oder WERDEN sie so, weil sie sich fortwährend an einem Standard messen und von den Messergebnissen frustriert sind??

  2. #2 Peter Artmann
    Mai 14, 2008

    Also sich täglich zu wiegen und sich täglich den Finger blutig zu stechen würde ich nicht auf die selbe Stufe stellen.