Hofstadter schlägt in diesem Sinne auch vor anstelle ein konstantes Bild einer Person anzufertigen und zu bewerten, diese besser zu beurteilen, wie sie sich verhält. Aber natürlich hat das dann nur noch wenig mit Wissenschaft zu tun.

Wirklich gut ist er, wenn er Derek Parfit erklärt und zitiert: „Es ist schwer zu glauben, dass es auf personale Identität nicht ankommt” und in diesem Sinne „Aber auf einer tieferen Ebene wäre ich nach wie vor geneigt zu glauben, dass es einen realen Unterschied zwischen irgendeiner zukünftigen Person gibt, die ich ist und einer, die irgendjemand anders ist”.
Und trotzdem hat kein anderer als Parfit die Theorie ausformuliert, dass es keine personale Identität gibt, (1984 in: Reasons and Persons).

Kurz noch zur Kritik: Unangenehm ist an Hofstadters Buch, dass er an vielen Stellen zu geschwätzig ist und vom Hundertsten ins Tausendste kommt. Erneut viel aus Gödel, Escher, Bach wiederholt (obwohl man ihm zugutehalten kann, dass man es diesmal besser versteht).

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Kommentare (3)

  1. #1 kamenin
    Mai 14, 2008

    Ich bin mir durch Kamenins Ausführungen nicht mehr ganz sicher, ob überhaupt irgendetwas an dem Bewusstseinsmodell mit den reduktionistischen Erklärungsmodellen unvereinbar ist.

    Naja, Du schreibst ja schon ganz zu Beginn, dass man das eher als Erweiterung verstehen sollte, und zwar als notwendige, ohne Zweifel.
    Wenn wir mal davon ausgehen, dass es sich beim Geist um eine emergente Eigenschaft handelt, dann gibt es wie bei jedem Emergenz-Ansatz verschiedene Aufgaben: man muss die emergenten Eigenschaften beschreiben und die Basis, aus der es emergiert. Wie wir auch zum Beispiel das vollkommen neue Verhalten von Proteinen in der Biochemie beschreiben müssen, andererseits aber die Frage beantworten, wie sich überhaupt Moleküle und schließlich Makromoleküle bilden können, aufgrund welcher physikalischen Zusammenhänge. Über erstes macht sich Hofstadter Gedanken, über zweites die Gehirnforscher — beide mit den noch ziemlich begrenzten Mitteln und Begriffen, die sie haben.

    Welcher Aspekt uns beiden daran wichtiger erscheint, ist ja Geschmackssache, aber verstehen können wir den Geist erst, wenn es gelingt, beide Ebenen zusammenzubringen. Dass beide sich ausschließen sollten, sehe ich nicht, die ergänzen sich eher, wenn auch zur Zusammenführung noch ein ziemlicher Weg ist.
    Gerade Hofstadter ist ja eher offen für diese Verbindung, es gibt ja auch Bewusstseinstheoretiker, die aus ihren Betrachtungen heraus jede Verankerung des Psychischen im Physischen ausschließen.

    Zum freien Willen schreibt er, dass er Unbehagen entwickelt, wenn jemand sagt „Ich habe es aus freiem Willen getan”, jedoch nichts gegen die Formulierung: „Ich habe es getan, weil ich es so wollte und nicht, weil mich irgendjemand anderes dazu gezwungen hat” (ein möglicher Diskussionsansatz?).

    Allerdings, und die Diskussion wird auch schon geführt, z.B. um die Begrifflichkeiten des Kompatibilismus und Vorstellungen, in wie weit das den Begriff Freien Willen rechtfertigt: z.B. hier und hier bei mir und in Marc Scheloskes Wissenwerkstatt.

    An anderer Stelle schreibt er, dass die Moleküle in unseren Gehirnen von Ideen herumgeschubst werden und nicht umgekehrt.

    Das wäre vermutlich ein Punkt, den Reduktionisten zumindest anders ausdrücken würden. Aber der Zusammenhang zwischen Molekülen und Repräsentation ist einfach noch weitgehend unverstanden. Vermutlich kann man weder das eine noch das andere so annehmen: Proteine schubsen ja auch Atome rum, trotzdem sind sie aus Atomen aufgebaut und werden ihrerseits rumgeschubst.

    Insgesamt sehe ich die Unterschiede eher, wie gesagt, in der Heransgehensweise. Hofstadter startet oben und versucht, sich nach unten durchzuschlagen. Die Hirnforscher starten unten und hoffen, sich weiter nach oben hangeln zu können; dabei sind sie ja noch weit von einer wirklichen Bewusstseins-Theorie entfernt. Der Hirnforscher-Ansatz liest sich sicher öfter wie eine Zumutung, aber andererseits wurde der von oben kommende Ansatz seit Jahrhunderten von Philosophen versucht und braucht irgendwann die Verankerung in geerderter Empirie.

    Wenn Du Deine Ablehnung gegen Singers Ansatz mal überwinden oder zumindest zurückstellen willst, um den Ansatz der Hirnforscher besser zu verstehen und die Methodik und Möglichkeiten (aber auch Begrenzungen) da kennen zu lernen, würde ich Dir Singers Der Beobachter im Gehirn empfehlen. Die Behauptungen und der Ansatz sind nicht bei weitem nicht so radikal, wie es in der debattenfördernden Berichterstattung manchmal erscheint.

    Beste Grüße,
    k.

  2. #2 Peter Artmann
    Mai 14, 2008

    Also erst Mal vielen Dank, dass Du Dir die Zeit genommen hast und den Beitrag kommentiert hast, dadurch haben alle Beteiligten gewonnen.

    Hinzu kommt, dass ich es ganz erfreulich finde, dass Du die Herangehensweise von Hofstadter nicht als Esoterik ablegst und auch nicht schreibst, dass der reduktionistische Gral bereits gefunden ist, sondern dass Erweiterungen nötig sind.

    Einigkeit herrscht bei uns ja auch insofern, dass wir (und die Autoren, die wir schätzen) strikt jede dualistische Tendenz ablehnen – wobei das bei Dir ja eh nicht die Frage war … für mich gilt jedoch, dass man irgendwann auch die großen Dinge wie Mitgefühl und Liebe beschreiben können muss … da bleibt also noch viel zu tun.
    Mich würde es in dem Zusammenhang nicht wundern, wenn man dazu noch bestimmte schwach energetische Beschreibungsebenen einfügen müsste – ausgelöst durch Gedanken (ich muss dabei immer an das berühmte Experiment von Emil du Bois-Reymond denken) …

    Ich bleibe deshalb neugierig, stelle die nächste Frage jedoch eher an die Mitleser: Gibt es auf deutscher Seite Philosophen, die sich ähnlich weit aus dem Fenster lehnen und die Diskussion befruchten. Hat jemand Namen und Buchtitel?

  3. #3 kamenin
    Mai 15, 2008

    Es liegt mir fern, die philosophische Heransgehensweise als Esoterik abzulehnen, ganz und gar. Im Gegenteil, ich bin ein großer Fan, wenn ich auch die Erfolgschancen eines rein philosophischen Ansatzes für gering halte, weil es irgendwann dann doch an Überprüfbarkeit fehlt.
    Es gibt so einen Naivdualismus, der durchaus esoterisch daherkommen kann, aber das ist eine andere Abteilung.

    Unter den deutschen Philosophen tut sich Thomas Metzinger gerade in der Debatte hervor, lehnt sich aber weitgehend an die neurowissenschaftlichen Befunde an. Es ist also nicht so, dass Hirnforscher ganz ohne philosophischen Segen auskommen müssten 😉