Der Berliner Arzt Gero Hütter vom Klinikum Benjamin Franklin hat einen Patienten von seinen HI-Viren befreit. Das berichtete Bild gestern.

Meine ersten Gedanken: Na, toll, jetzt werden wieder viele Menschen glauben AIDS wäre heilbar und dementsprechend wird in manchen – besonders risikofreudigen Gruppen – wieder jene Sorglosigkeit einkehren, die geholfen hat das Virus so schnell zu verbreiten.

Also was ist mit diesem Hütter los, ist der einfach nur mediengeil und wollte unbedingt in die Zeitung?

Nein, das kann man ausschließen. Hütter spricht auch nicht von einer Heilung. Allerdings ist der Fall tatsächlich so interessant, dass es sich lohnt genauer hinzusehen. Denn tatsächlich ist der 42-jährige Patient seit der Behandlung vor knapp zwei Jahren (600 Tagen) frei von HI-Viren und nimmt keine antiretroviralen Medikamente ein. Eine Sensation? Ja!

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Was ist geschehen?
Im Prinzip zuerst einige schlimme Dinge und dann einige glückliche Umstände.
Zuerst hat sich der Mann mit dem Virus infiziert und danach ist er an Blutkrebs erkrankt.

Dann hat man ihn in das Knochenmark-transplantationsprogramm aufgenommen und nach geeigneten Spendern gesucht. Bei ihm passten sogar 60 Spender (normal sind 1-5 oder auch keiner). Und einer der Spender war immun gegen AIDS (hatte diese natürliche Mutation auf seinen CCR5-Gen, die jeder 10te Europäer hat).

Dieser passende Kandidat wurde als Spender ausgewählt und die Operation (die ein sehr hohes Sterberisiko hat und oft genug fehlschlägt) gelang. Im Patienten (der seitdem genetisch eine Chimäre ist) produzieren seitdem die neuen Zellen das Blut und verhindern dadurch quasi automatisch eine weitere Ausbreitung des HI-Viruses.

Also, saubere medizinische Arbeit. Nichts egomanisches – obwohl die Geschichte aus Berlin kommt.

Zwar können die beteiligten Ärzte nicht ausschließen, dass sich noch irgendwo im Körper (also in den Nervenzellen oder der Milz) HI-Viren verstecken, doch nach knapp zwei Jahren ist die Prognose ziemlich gut  … deshalb gingen sie mit ihren Ergebnissen auch an die Öffentlichkeit.

Ach ja und natürlich dürfen sich die vielen AIDS-Kranken auf der Welt trotz der guten Nachricht keine Hoffnung auf eine Heilung machen. Denn mit einer Knochenmarktransplantation ist nicht zu spaßen.

Schließlich steht der Empfänger der Blutstammzellen – operationsbedingt – vor dem Termin immer kurz vor dem eigenen Ableben, was leider auch häufig genug eintritt.
Denn vor der Übertragung muss das gesamte krankes Knochenmark des Patienten möglichst vollständig zerstört sein (Bestrahlung und Medikamente), bevor sich das neue Mark ansiedeln darf.

Da die neueren AIDS-Medikamente deutlich weniger riskant sind, dürfte kein Arzt der Welt ernsthaft an eine Therapie denken, die derjenigen von Hütter ähnelt.

Aber aufgrund der Leukämie war es bei Hütters Patient die Therapie der ersten Wahl und insofern gibt es nichts zu beanstanden. Alles lief gut und insgesamt sogar noch ein bisschen besser.
Glückwunsch an Patient und Arzt!

Kommentare (8)

  1. #1 Chris
    November 13, 2008

    Naja, Hoffnung bleibt, schließlich kann man mit Hilfe der natürlichen Immunität spezifische Antikörper etc. suchen und damit dann weiter nach HIV-Mitteln suchen.

    Übrigens mal eine Wohltat, von HI-Viren zu lesen, ist man schon gar nicht mehr gewohnt….

  2. #2 Peter Artmann
    November 13, 2008

    Ich bin da weniger hoffnungsfroh.

    Trotz des berliner Erfolgs gilt immer noch, dass niemand AIDS besiegen kann.

    Denn der jetzt geheilte Amerikaner ist durch den Eingriff zu einer Chimäre geworden. Aus eigener Kraft hätte er – egal mit welchen Medikamenten – das Virus nicht besiegen können.

  3. #3 Sil
    November 13, 2008

    Ein interessanter Einzelfall.
    Die Geschichte der Behandlung von AIDS besteht aus vielen Etappensiegen.
    Da hat die Wissenschaft in wenigen Jahren sehr viel erreicht.
    Der große Wurf wäre ein Impfstoff.
    https://www.dailymail.co.uk/health/article-1070471/There-Aids-vaccine-years-says-Nobel-Prize-winner.html

    Und es ist schön hier mal einen Artikel ohne Pharma-Bashing zu lesen.

  4. #4 Tinschen
    November 14, 2008

    Naja ich will es so ausdrücken.. Wenn es denn Resistenzgene gegen HI Viren gibt.. die Gentechnik arbeitet doch grade auf Hochtouren. Wenn es reicht, dass man die Blut generierenden Knochenmarkszellen in diesem Falle austauscht, dann wird es in der Zukunft auch möglich sein, mithilfe modifizierter Viren dieses Resistenzgen im Knochenmark zu verbreiten. Und voila – sobald das möglich ist, haben wir AIDS geheilt..

  5. #5 Chris
    November 14, 2008

    Nur mal so am Rande *klugscheiss*
    Primär hat der Patient mit der Knochenmarkspende eine Immunsystem bekommen, das gegen die HI-Viren ankämpfen kann. AIDS ist / sind ja die Folge-Symptome der Vireninfektion */klugscheiss*

  6. #6 Sadun Kal
    November 14, 2008

    Entschuldigung aber das ist keine “Sensation”. Schon seit Jahren sagen die sogenannten “HIV-Leugner” dass viele Menschen seroreversieren. Das heißt nicht dass dieeses “tödliches Virus” besiegt wird sondern die sogenannten “HIV Tests” einfach unspezifisch und ziemlich bedeutungslos sind. Es gibt sogar in der Literatur Seroreversionen, welche mit der Ausrede “false positives” oder einfach ohne irgend eine Ausrede ignoriert wurden.

    Informiert euch auch über solche Sachen bitte. Ich kann direkt Quellen zeigen falls es Interesse gibt. Mein blog hat momentan fast nur mit HIV/AIDS zu tun, kann vielleicht als eine Einleitung in die andere Seite dienen. Hier die achte Episode von diesem Podcast wäre vielleicht auch ein netter Anfang, geht auch um eine Seroreversion:
    https://aras.ab.ca/podcast/howpositive.xml

  7. #7 Martin Fenner
    Dezember 3, 2008

    Eine Knochenmarktransplantation ist keine Operation. Das Knochenmark (heute in der Regel Blutstammzellen) wird als Transfusion über die Vene gegeben. Bei eingefrorenen Stammzellen ist der Vorgang etwas komplizierter.

    Bei einer Knochenmarktransplantation muß nicht notwendigerweise das gesamte Knochenmark des Patienten zerstört werden. Bei älteren Patienten wird häufig eine weniger intensive Chemotherapie und/oder Strahlentherapie vor Transplantation eingesetzt. Diese reicht aus, um eine Abstoßung des neuen Knochenmarks zu verhindern.

    Die gefährlichste Phase ist nicht vor der Knochenmarktransplantation, sondern die ca. 2-3 Wochen zwischen Transplantation und ausreichender Blutbildung durch das neue Knochenmark.

  8. #8 memo
    Februar 16, 2009

    alle krankheiten sind heilbar wenn man es mit dem gehirn bzw. geist kontrolieren kann mann muss nur daran glauben und stark sein, nie mit dem hoffnung aufgeben!