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Zugegeben es klingt ein kleines bisschen nach Supermarkt.
Die Techniker Krankenkasse (TK) will bundesweit zwölf medizinische Versorgungszentren gründen, die in der Woche bis 20 Uhr und samstags bis 14 Uhr geöffnet haben sollen.

Zusätzlicher geplanter Service:

“Der Standard wird, dass jeder Versicherte innerhalb von fünf Tagen einen Facharzttermin bekommt, maximal 30 Minuten in einer Lounge mit Internetanschluss wartet”, verspricht TK-Sprecherin Dorothee Mausch.

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Was für die Versicherten, stark nach Utopie klingt, hat natürlich einen handfesten materiellen Hintergrund, dessen Erklärung sich im härter werdenden Wettbewerb der Kassen untereinander findet (Stichwort: gleicher Beitragssatz, Gesundheitsfonds). In diesem Sinne sollen nur die TK-Mitglieder in den neuartigen MVZs kostenlos Kaffee, Tee und gesunde Snacks erhalten.

Aber auch für die Ärzte hätten die geplanten Änderungen weitreichende Folgen, denn natürlich sind die an medizinischen Versorgungszentren tätigen Mediziner nicht mehr freiberuflich tätig sondern angestellt.

Ein bekanntlich zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite erhalten sie eine größere Sicherheit, auf der anderen Seite sind sie jedoch einer weitaus stärkeren Kontrolle unterworfen und weniger in der Lage auf schwierige Fälle intensiver einzugehen.

Dass mit diesem Argument jedoch häufig genug Schindluder getrieben wird, zeigt die aktuelle Entwicklung in nahezu sämtlichen Arztpraxen. Durchschnittlich nehmen sich die Ärzte nur 8 Minuten Zeit pro Patient, die Wartezeiten auf diese acht Minuten (die man fairerweise einkalkulieren könnte) beträgt jedoch häufig genug das Zehnfache – trotz Termin.

In diesem Sinne kann man nur hoffen, dass die neuen medizinischen Versorgungszentren, den Wettbewerb und auch den Druck auf die traditionellen Arztpraxen erhöhen.

Denn die selbstgefällige Dreistigkeit, mit der die meisten Ärzte – trotz Terminvergabe – die Zeit ihrer Patienten stehlen, muss ein Ende haben.

Kommentare (12)

  1. #1 erich egermann
    Januar 27, 2009

    Das Niveau ihrer Beiträge erinnert mich immer mehr an Herrn Ehgartner. Haben sie ncht mehr zu bieten als das Schüren von dümmlich faschistoiden Vorurteilen gegen eine gesamte Berufsgruppe ??
    Tausende dumme Idealisten studieren jahrelang, damit sie dann in selbstgefälliger Dreistigkeit ihren Patienten die Zeit stehlen ??? Glauben sie das wirklich ??

  2. #2 Peter Artmann
    Januar 27, 2009

    Sehr geehrter Herr Egermann,

    viele Menschen studieren: Es gibt Juristen, BWLer, Psychologen, Physiker, Soziologen, Politologen, Lehrer …

    Aber wenn diese Menschen im Beruf sind, kann es sich keiner von ihnen erlauben seine Mandanten oder Kunden bei jedem vereinbarten Termin – trotz pünktlichem Erscheinen – eine Stunde oder mehr warten zu lassen.

    Es wird höchste Zeit, dass niedergelassene Ärzte endlich lernen, was Terminvergabe bedeutet. Das wäre für alle gut.

    Ich persönlich denke, dass viele Ärzte, gedankenlos und selbstherrlich mit der Zeit ihrer Patienten umgehen. Manche sind sogar stolz darauf, dass die Patienten bei Ihnen drei Stunden warten um “dran” zu kommen. Für mich ist das jedoch offensichtliches Mißmanagements.

    P. S. Mir haben viele Beiträge von Bert sehr gut gefallen.

  3. #3 Magrat
    Januar 27, 2009

    Klar.
    Da wird man plötzlich über nacht krank, schleppt sich ohne Termin zum Arzt in der Hoffnung auf Hilfe, und kriegt gesagt, man soll nächste Woche wieder kommen, denn die Patienten mit Termin erlauben nicht, dass ein Notfall eingeschoben wird.
    Also Memo an alle, nur terminiert krank werden, niemals akut.

  4. #4 H. de Groot
    Februar 1, 2009

    Schwacher Beitrag, anscheinend ohne Recherche. Die TK kann das Angebot nur über Quersubventionen finanzieren.
    Bei 1600 Arbeitsstunden im Jahr (1 Arzt), Praxiskosten von 80.000€ und Einkommen von 80.000€ brutto sind pro Arbeitsstunde 100€ Umsatz erforderlich. Bei 20€ Fallpauschale pro Patient und Quartal macht das 12 Minuten pro Patient, wenn der Arzt jeden nur einmal im Quartal sieht. Häufigere Wiedervorstellungen zwingen zu noch engerem Takt. Patienten, die ihren Termin nicht einhalten, und Notfälle wirken sich bei der knappen Kalkulation verheerend aus.
    Die TK wird zuschießen müssen oder die eigenen Mitglieder zulasten der anderen Kassen privilegieren.

  5. #5 Peter Artmann
    Februar 3, 2009

    Lieber H. de Groot,
    in erster Linie geht es um die Öffnungszeiten, in zweiter Linie um die Wartezeit.

    Wenn ich es recht übersehe, kündigt die TK nicht an eine andere Medizin in ihren Zentren etablieren zu wollen.
    Die behandelnden Ärzte würden sich demzufolge genauso wenig Zeit nehmen (oder ist es viel?) wie die Ärzte in anderen Praxen.

    Trotzdem danke für Ihre Berechnung.

  6. #6 madalu
    Februar 4, 2009

    Bei MVZ’s geht es – ganz unabhängig davon, wer sie betreibt – zuerst einmal darum, Kosten zu sparen. Das ist nicht dasselbe wie ein rationeller, zweckmäßiger Umgang mit Ressourcen. Wenn ein neuer Lehrling billiger ist, als eine neue EDV-Anlage, muß eben der die geistlose Arbeit machen.

    Die Gesundheitsversorgung soll billiger werden. Aber die Sparmaßnahmen sollen das einträgliche Geschäft der Profiteure dieses Systems – vor allem Pharmaindustrie und Ärzte, insbesondere diejenigen unter ihnen, die schon länger erfolgreich im Geschäft sind – möglichst wenig beeinträchtigen. Daß Ärzte Untersuchungen und Behandlungen durchführen und Medikamente verschreiben vor allem wenn und weil sie selber und die Pharmaindustrie dran verdienen und nicht, weil sie gut sind für die Gesundheit von Patienten – ist ja schon lange bekannt. Etwa 20 bis 30 Prozent der GKV-Kosten sollen auf solche Leistungen entfallen.

    Aber weil keiner daran was ändern will, erzählt man den Leuten, die Kosten müssten wegen medizinischem Fortschritt und der Alterspyramide so hoch sein. Dann bekommen sie Angst vor Rationierung und zahlen ohne zu Murren auch fast 16% für den Beitrag.

    Ärzte verdienen um so mehr, je mehr Patienten sie in kurzer Zeit zufrieden stellen. Drum haben sie auch so wenig Zeit – 8 Minuten – pro Patienten*kontakt* übrigens. Damit die Patienten – die ja immer sagen, ihnen sei die Zeit so wichtig – trotzdem zufrieden sind, machen sie auch oft Dinge nur deswegen, weil Patienten das so wollen. Und weil sie wollen, daß ihre Patienten glauben, sie täten alles für sie. Das kann mal im Sinn des Patienten sein, ist es aber meist nicht. Denn vieles sind Maßnahmen, deren Nutzen nicht erwiesen ist. Andererseits werden Diabetiker und Hochdruckkranke nicht richtig versorgt – letztere nur zu 23%!

    Das stört die Krankenkassen schon ein bißchen – allerdings immer nur so weit, wie es für sie mit Kosten verbunden ist. Drum haben sie ja auch nichts gegen IGeL.

    Wenn aber Krankenkassen selber Arztpraxen betreiben, können sie sozusagen an der Quelle ansetzen mit ihren Sparmaßnahmen. Dann fallen zwar sicher viele von den überflüssigen und somit gesundheitsschädlichen Leistungen weg – aber vieles andere auch.

    Außerdem wissen sie auch immer gleich selber genau, was den Patienten fehlt. Sie müssen nicht erst lange bei den Ärzten antechambrieren, damit die auch die Diagnosen “richtig” verschlüsseln, so daß die Krankenkassen ordentlich Geld für sie bekommen. Sie müssen nicht mehr die Patienten zu Hause anrufen um ihnen DMP und ähnliches aufschwatzen zu können. Oder gar sie auffordern, den Hausarzt zu wechseln, wenn der bei DMP und IV u.a.m. nicht mitmacht. Sie können gleich sozialmedizinische Maßnahmen einleiten, wenn ein Patient mal länger krank ist … “Mauscheleien” damit ein dringend kurbedürftiger Patienten vielleicht doch eine Kur bekommt, obwohl er streng genommen die Bedingungen nicht erfüllt – den Spielraum gibt es dann eben nicht mehr.

    Die wohnortnahe Versorgung durch Hausärzte wird durch diese Konzentration mit der Zeit verschwinden. Schon jetzt finden Patienten in manchen Vororten größerer Städte keinen Arzt mehr in der Nähe ihrer Wohnung.

    Sie könnte sicher rationeller organisiert werden, keine Frage. Wartezeiten sind ärgerlich und müssen – meistens – nicht sein.

    Aber braucht man dafür MVZ’s? Wie gesagt – das ist gar nicht Zweck der Veranstaltung.

    Thema verfehlt – Herr Artmann!

  7. #7 H. de Groot
    Februar 5, 2009

    Lieber Herr Artmann,
    mein Beitrag verdeutlicht, dass nicht “viele Ärzte gedankenlos und selbstherrlich mit der Zeit ihrer Patienten umgehen”, sondern dass es im Gegenteil von außen gesetzte Bedingungen und genaue Überlegungen sind, die den Umgang mit der Zeit der Patienten bestimmen. Die Fallpauschalen zwingen zu einem bestimmten Arbeitstakt. Diese Auswirkungen sind den Gremien, die diese Rahmenbedingungen geschaffen haben und damit den Willen der Bundesregierung umgesetzt haben, sehr bewußt gewesen. Die ärztlichen Forderungen sind dabei nicht umgesetzt worden.
    Die selbstständigen Ärzte weichen diesen Zwängen aus durch Mehrarbeit, IGe-Leistungen und Privatleistungen. Das wird die TK mit angestellten Ärzten nicht können. Ihr bleiben noch die Mittel der Patientenselektion, der Einschränkung der freien Arztwahl und der Einschränkung der Therapiefreiheit. Damit habe ich als Arzt ein Problem, viel mehr als mit dem Verlust der Selbstständigkeit.

  8. #8 madalu
    Februar 6, 2009

    Selbst wenn man das mit den Rahmenbedingungen und den Zwängen mal so stehen läßt – was haben Wartezeiten von mehreren Stunden trotz Termin(!) denn damit zu tun? Wieso soll *das* ein Hindernis sein, den Termin einfach gleich ein paar Stunden später zu machen?

    Ist das nicht einfach eine Frage der Organisation? Und wieso halten Ärzte eine solche Organisation offenbar für entbehrlich? Weil es ja “nur” die Zeit der Patienten ist – und nicht ihre?

    Welche Bedingung ist es denn, die Ärzte dazu zwingt, Patienten nach ein paar Minuten – und mehreren Stunden Wartezeit – ein Rezept in die Hand zu drücken, damit sie möglichst zügig mit dem nächsten weitermachen können?

    Wenn sie sich nur öfter mal die Zeit nehmen würden, ihren Patienten begreiflich zu machen, warum ein Antibiotikum bei einer Erkältung nur Schaden anrichtet, statt – zu über 80% – einfach eines zu verordnen, gäbe es ein paar Tote weniger, die Leute müßten nicht bei jeder banalen Erkältung zum Arzt gehen und Ärzte hatten wieder mehr Zeit, sich um die *wirklich* Kranken zu kümmern.

    Welcher Zwang hindert sie daran? Millionen verkappte Lungenentzündungen, die als Erkältung daher kommen?

  9. #9 H. de Groot
    Februar 7, 2009

    @madalu: Die durchschnittliche Wartezeit ist natürlich nicht mehrere Stunden. Wie sie zustande kommt, ergibt sich aus dem, was ich oben vorgerechnet habe. Die niedrige Fallpauschale in dem realistischen Beispiel zwingt zu einem Takt von maximal 12 Minuten pro Patient und Quartal. Davon geht die Zeit für das Erstellen des Arztberichts (Akteneintrag und Brief), die statistische Dokumentation und die Abrechnung ab.
    Die verbleibenden vielleicht 8 Minuten sind dann ein Mittelwert. Das heißt, benötigt ein Patient 20 Minuten Arztzeit, dann müssen 6 andere in 6 Minuten fertig sein, um die verlorenen 12 Minuten wieder einzuholen. Falls dies nicht gelingt, sind für alle folgenden Patienten 12 Minuten Wartezeit aufgelaufen.
    Falls man Notfälle und unangemeldete Patienten behandelt, werden die dafür benötigten Zeiten für die folgenden Patienten Wartezeit.
    Wenn man aber längere Behandlungszeiten, Notfälle und unangemeldete Patienten einplant, führt das zu einer Unterauslastung der Praxis mit wesentlich verlängerten Arbeitszeiten für den Arzt und gleichzeitig wesentlich längeren Wartezeiten auf einen regulären Termin für die Patienten. Wenn auch das nicht möglich ist, wie in dem TK Modell, wird es ein Zuschußgeschäft.
    Ein weiteres organisatorisches Problem entsteht durch Patienten, die verabredete Termine nicht einhalten. Das sind 5 – 10 %. Ein Vater mit 2 Kindern, der 3 Termine belegt hat, verursacht in meinem Beispiel eine Lücke von 36 Minuten und 60 €, wenn er nicht kommt. Dies kann man zur Verringerung der Wartezeit nutzen, aber nur dann, wenn wartende Patienten da sind. Fluglinien pflegen deshalb ihre Flugzeuge zu überbuchen, ohne Beförderungsgarantie. Ärzte überbuchen deswegen ebenfalls, dann eben ohne Termingarantie.

  10. #10 madalu
    Februar 8, 2009

    Es macht meist nicht viel Sinn, auf solche Berechnungen einzugehen. Das endet irgenwie immer in übler Zahlendreherei – ganz besonders wenn es um Arzteinkommen geht. Hier scheint mir allerdings, daß es schon damit anfängt.

    In Ihrem Beitrag vom 01.02. gehen Sie von einem Jahresbrutto von 160.000 Euro und einem Fallwert von 20 Euro/Patient/Quartal aus. Wenn Sie nur Kassenpatienten hätten, müssten Sie nach Adam Riese folglich 2.000 Scheine im Quartal haben.

    Allerdings haben Sie den Fallwert ein wenig “geschönt”. Bei Hausärzten dürfte er kaum unter 40 Euro liegen, bei Facharzten meist deutlich darüber – ausgenommen nur Dermatologen mit etwa 33 Euro. Mit einem höhreren Fallwert käme aber ein wenig mehr Einkommen raus, als Sie angeben. Bei einem Hausarzt mit 40 Euro doppelt so viel, bei einem Augenarzt mit 51 Euro sogar über 100.000 Euro – im Quartal!

    Sie sagen, die “Fallpauschalen zwingen zu einem bestimmten Arbeitstakt”. Soll das heißen, sie würden sich mehr Zeit nehmen, wenn die Fallpauschale höher wäre? Wirklich? Erwarten Sie allen Ernstes, daß Ihnen das jemand glaubt? Sie würden versuchen noch mehr Patienten in Ihre Praxis zu locken, um Ihr mageres Salär ein bißchen aufzubessern – da wette ich!

    Schon die Art wie Sie rechnen finde ich verräterisch. Sie fangen mit Ihrem Einkommen an. Daß es mal nicht genügend Patienten (sprich: Bedarf) dafür geben könnte, können Sie sich offenbar gar nicht vorstellen. Wieso eigentlich? Zahlenmäßig werden sie ja tendentiell weniger – die paar Scheichs fallen nicht wirklich ins Gewicht. Die Nachfrage ist begrenzt: sie können sich zwar zwei Autos kaufen und fünf Handys – aber sie haben nur eine Gesundheit. Wieso werden sie nicht irgendwann mal gesünder – bei dem Fortschritt der Medizin? Die Ärztezahlen sind um das Dreifache gestiegen in vier Jahrzehnten. Sie sind heute die höchsten weit und breit. Wie kommt es nur, daß Ärzte trotzdem nicht *mehr* Zeit haben für ihre Patienten?

    Kommt es für den “Arbeitstakt” denn nicht vor allem auf die Patientenzahl an? Die haben Sie bei Ihrer Rechnung aber gar nicht berücksichtigt.

    Die lautet ja: 160.000 Euro bei 1.600 Stunden im Jahr -> 100 Euro/Stunde. Bei 20 Euro/Patient -> 100:20 -> 5 Patienten/Stunde -> 12 Minuten/Patien – bei 2.000 Scheinen. Folgen wir mal Ihrer Logik und nehmen nun eine höhere Fallpauschale, die Ihrem tatsächlichen Einkommen näher kommen dürfte (ich gehe mal davon aus, daß Sie kein Dermatologe sind) also z.B. 40 Euro/Patient. Alles andere bleibt gleich. Das ergibt bei 2.000 Scheinen im Quartal – was Wunder – 320.000 Euro/1.600 Std., also 200 Euro/Stunde. Setzen wir die Rechnung so fort, wie Sie’s gemacht haben: 40 Euro/Patient -> 200:40 -> 5 Patienten/Std. -> 12 Min./Patient. Dabei ist das Einkommen nun doppelt so hoch. Na ja – die Patientenzahl bleibt ja auch gleich. Nur wenn Sie nach wie vor mit einem Einkommen von 160.000 Euro (also 1.000 Scheinen) zufrieden wären hätten Sie doppelt so viel Zeit. Wären Sie das?

    Die Zahlen sind tatsächlich (in Bayern) erzielte Fallwerte, berücksichten also die Deckelung (Quelle: “kvb.de/servlet/PB/show/1122745/Umsatzstatistik2-208.pdf”). So daneben sind die Angaben bei “Sind alle Ärzte reich?” also wohl nicht. Sie gelten allerdings nur bis 2008. Wie sich der RLV auswirkt, ist noch nicht klar. Ärzte schreien wie immer schon mal vorsichtshalber – vor allem niedergelassene. Man mag es schon gar nicht mehr ernst nehmen. Bisher wurde die Suppe jedenfalls meist nicht so heiß gegessen.

    Bei Ihrer Zeitplanung ist mir noch was nicht ganz klar. Mir scheint Ihre Rechnung stimmt nur, wenn Sie entweder die Zeit für die Dokumentation zweimal abgezogen haben oder wenn Sie eher wenig arbeiten. 1.600 Stunden im Jahr entsprechen in etwa einer 40-Stunden-Woche bei 7 Wochen Urlaub im Jahr. Dafür wären 80.000 bzw. 160.000 Euro (ohne 50% Praxiskosten) doch gar nicht so schlecht – oder? 50 Wochenstunden und 4 Wochen Urlaub – was Ärzte meist angeben – wäre ein bißchen mehr: und zwar 2.200 Stunden (bei durchschnittlich 60 Arbeitstagen/Quartal) was wiederum 16 Minuten/Patient/Quartal entspräche. Wenn Sie nun noch die 4 Minuten für die Dokumentation abziehen kommen also immer noch 12 Minuten dabei raus (statt 8). Bei 2.000 Scheinen – wohlgemerkt. Wenn Sie aber tatsächlich 40 Euro verdienen, so haben Sie nur 1.000 Patienten. Dann aber müßten Sie 20 Minuten Zeit haben, für jeden Patienten (ohne die Zeit für die Dokumentation). Dann würde Ihre Einkommensschätzung wieder stimmen – mit dem richtigen Fallwert gerechnet.

    Wie man’s dreht und wendet – irgendwas stimmt nicht an Ihrer Kalkulation. Ich habe ja eh den Verdacht, daß Ärzte immer so rechnen, wie es gerade besser paßt. Sieht ganz so aus, als wäre das hier der Fall – wenn ich mich nicht schwer verrechnet habe. Egal – man sollte das wirklich nicht weiter vertiefen.

    Viel wichtiger finde ich: warum kann man für Notfälle und unangemeldete Patienten (hoffentlich sowas wie “Beinahe-Notfälle” – oder womöglich Pharmavertreter oder gar Privatpatienten?) nicht einfach entsprechende Pufferzeiten einplanen? Weil dann mal vorkommen könnte, daß die kostbaren Minuten nicht für den Zweck des Geldverdienens genutzt werden?

    Merken Sie gar nicht, daß in Ihren Überlegungen Patienten nur vorkommen als die Verkörperung eines Quantums Arzteinkommen, das es zu realisieren gilt? Wann Patienten wie viel Zeit haben, was ihnen fehlt – wieso spielt das keine Rolle bei Ihrer Planung? Notfälle bringen den Terminplan durcheinander – na sowas!

    “Gedankenlos und selbstherrlich” gehen Ärzte so nicht nur mit der *Zeit* ihrer Patienten um. Sie sollten sich nämlich eigentlich genau so lange (und intensiv) um ihre Patienten kümmern, wie deren Gesundheitszustand – und nicht der Terminplan oder die Einkommensplanung ihres Arztes – es erfordert. *Das* mit einer ordentlichen Terminplanung unter einen Hut zu bringen, wäre die Kunst, die da gefragt ist.

    Ist doch goldrichtig, der Tip: “nur terminiert krank werden, niemals akut” – oder? Übrigens: hier in der Gegend sind Wartezeiten wie die von mir genannten eher die Regel als die Ausnahme.

    Sie haben ausserdem mein wichtigstes Argument geflissentlich übersehen. Ärzte müßten sich ja gar nicht so schinden. Sie sorgen doch selber dafür, daß sie möglichst viele Kunden haben – warum wohl? Sie erklären Patienten zu Kranken, wenn und weil sie an ihnen verdienen – so wie sie sich gleichzeitig nicht um Krankheiten kümmern, wenn sich das für sie nicht lohnt – ohne Rücksicht auf deren Gesundheit. So steigern sie üblicherweise ihr Einkommen – mehr Leistung nennen sie das. Ökonomen sagen auch angebotsinduszierte Nachfrage dazu.

    Das ist eine Tatsache, die sich leicht belegen läßt – mit ganz, ganz vielen Beispielen und ebenso vielen harten Zahlen. Das mit den Antibiotika ist nur eines davon. Ein paar mehr Beispiele sind in meinem Beitrag zum Thema: “Sind alle Ärzte reich?” angeführt.

    Um was geht es denn eigentlich? Gesundheit und Wohlergehen von Patienten? Oder was?

    P.S. Mir gefallen die Beiträge von Bernd auch – und zwar viel besser als Ihre. Vielleicht in bißchen altmodisch – er bemüht sich (noch) um Argumente – auch wenn die manchmal nicht ganz richtig sein mögen. Falsche Argumente sind immer noch besser als gar keine.

  11. #11 H. de Groot
    Februar 9, 2009

    @madalu. Hier geht es um den Artikel oben. Meine These: die TK wird zuschießen müssen. Die Bedingungen, die ich beschrieben habe, werden für die MVZs der TK gelten. Dass niedergelassene Ärzte andere Möglichkeiten haben und sie auch nutzen, habe ich nicht bestritten. Sonst gäbe es schon seit längerer Zeit keine Kassenpraxen mehr.
    Ihr Ton ist mir zu aggressiv, um weiter auf die Einzelheiten einzugehen. Die von Ihnen genannten Fallwerte haben Sie, soweit ich das beurteilen kann, falsch interpretiert.
    Zu Ihrer Einstellung gegenüber Ärzten: ziehen Sie doch die Konsequenzen und gehen nicht mehr bei jeder Erkältung zum Arzt. Das tun übrigens schon sehr viele andere auch. Sehen Sie doch den Arzt nicht mehr als allzuständig für jede kleine Beschwerde an, vor allem nicht für ihr seelisches Befinden.
    Zu Ihrer Einstellung zur Ökonomie: eine Leistung, die nicht in irgendeiner Form vergütet wird, wird nicht erbracht. Der Verweis auf Gotteslohn oder den Dank der Volksgemeinschaft ist antiquiert.
    Ich denke, wir sind soweit, dass wir das Thema beenden können.

  12. #12 P. Lutz
    Februar 12, 2009

    @ de groot.

    Zu Ihrer Aussage:

    “ziehen Sie doch die Konsequenzen und gehen nicht mehr bei jeder Erkältung zum Arzt. Das tun übrigens schon sehr viele andere auch. Sehen Sie doch den Arzt nicht mehr als allzuständig für jede kleine Beschwerde an, vor allem nicht für ihr seelisches Befinden.”

    Ich war schon seit 20 (zwanzig) Jahre nicht mehr bei einem Arzt. Und seitdem bin ich gesund.