Die Suche nach Motiven für den Amoklauf von Winnenden (27.652 Einwohner) spaltet auch viele Tage nach der Tat die Menschen.
15 Menschen tötete der 17-jährige Tim Kretschmar, bevor er die Waffe gegen sich selbst richtete.
Sämtliche Opfer stammten aus der Mitte der Gesellschaft (Schüler, Lehrer, Gärtner, Autoverkäufer).
Selbst der Täter war nahezu auffallend unauffällig in der Mitte verankert: Realschulabschluss, Ausbildungsplatz, Tischtennisverein, dazu kam eine wohlhabende Familie, in der die Eltern ausnahmsweise mal nicht geschieden waren – die Rahmenbedingungen bieten wenig Anlass für Mitleid.
Umso schwieriger gestaltet sich die Suche nach dem Motiv.
Wie hätte man die Tat verhindern können.
Eine Frage, die man – angesichts der fehlenden Ankündigung – wahrscheinlich nur mit einem „gar nicht” beantworten kann.
Doch die Frage nach den Ursachen lässt nicht locker. Bereits am Tag des Amoklaufs erreichten mich Mails von ScienceBlogs-Lesern, die die Frage nach vermeintlichen Medikamenten des Täters stellten.
Heißester Kandidat an dem Tag: Natürlich Ritalin.
Heute gehen wir natürlich nicht davon aus, dass Tim K. Ritalin nahm, schließlich wurde er wegen einer Depression behandelt und nicht wegen ADS/ADHS.
An fünf Terminen soll er im Klinikum am Weissenhof bei Heilbronn behandelt worden sein. Die Therapie sollte in Winnenden fortgesetzt werden.
Was jedoch nicht geschah.
Den Ort der Therapie scheint Tim K. dennoch gekannt zu haben, da er nach der Tat direkt dorthin flüchtete. – Was darauf schließen lässt, dass er von seinen Morden nicht rauschhaft überzeugt war und vielleicht sogar Hilfe suchte.
Doch als er schließlich ankam, übermannte ihn sein Hass und er tötete kaltblütig einen Gärtner.
Aber was hat das mit Medikamenten zu tun?
Derzeit wissen wir es nicht.
Wir wissen jedoch, dass viele Medikamente Nebenwirkungen haben. Insbesondere bei Antidepressiva ist bekannt, dass sich viele Wirkstoffe nicht einfach absetzen lassen.
Uns interessiert in diesem Zusammenhang ob Tim K. Medikamente verschrieben bekam und diese nur eine relativ kurze Zeit während der Therapie nahm, danach jedoch leichtfertig und auf einen Schlag absetzte – ohne sie langsam (und möglichst professionell begleitet) auszuschleichen.
Könnte dieses Verhalten – zumindest einen Teil – der Persönlichkeitsveränderung des zuvor so unauffälligen Täters erklären? Und dann fragen wir uns natürlich ob er alte Trizyklika bekam (was bei Kindern eher die Ausnahme ist) oder SSRI (wie zum Beispiel Fluoxetin – von denen mehrere unter Verdacht stehen, das Risiko eines Selbstmords zu erhöhen).
Sicherlich gibt es jetzt viele Kurzschlussforderungen, von Personen, die sich in der Verantwortung sehen solche Amokläufe in Zukunft zu verhindern.
Aber was will man verbieten wenn man nicht versteht, wieso etwas geschehen ist?
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