Der Gesundheitsfonds und die damit verbundene Umstellung auf Fallpauschalen (Fallwert), soll Ärzte davon abhalten überflüssige Untersuchungen vorzunehmen und sich auf das medizinisch Notwendige zu konzentrieren.
Bei den Arztpraxen kommt das natürlich ganz anders an. Aber was ändert sich dadurch für den Patienten?
Wir haben hier einen Fall vorliegen, der dokumentiert, wie sich eine moderne Augenarztpraxis auf die neuen Bedingungen eingerichtet hat:
Die Patientin wollte ihre Augen untersuchen lassen und hatte um den ersten Termin um 15.00 Uhr in der Nachmittagssprechstunde gebeten und war überrascht, dass mit ihr gleich drei weitere Patienten die Praxis betraten.
Die Augenärztin betrat um 15.20 die Praxis. Nach den drei Patienten wurde die Patientin kurz vor 16.00 Uhr ins Behandlungszimmer gerufen und fragte zuerst, weshalb eigentlich drei Personen vor ihr behandelt wurden, obwohl sie um den ersten Termin gebeten hatte.
Die Ärztin erklärte, sie müsse die Termine doppelt besetzen, da eine Untersuchung häufig nur fünf Minuten dauern würde und sie sonst Leerlauf hätte und sich so etwas nicht leisten könne.
Dann fragte die Ärztin nach dem Grund des Besuchs.
Die Patientin beschrieb, dass sie nach langer Zeit ihre Augen wieder untersuchen lassen wollte, weil sie das Gefühl hatte, dass sie viel schlechter geworden seien.
Die Ärztin legte die Hände in den Schoß und sagte, dass sie da leider nicht weiter helfen könne. Sie bekäme für eine solche Untersuchung nur 12 Euro. Dafür könne sie nicht arbeiten. Die Patientin müsste deshalb für die Augenuntersuchung 15 Euro extra bezahlen. Schließlich müsse die Ärztin auch von irgendetwas leben.
Die Patientin fragte: „Das heißt, Sie wollen mich jetzt nicht untersuchen und ich habe die ganze Zeit umsonst gewartet?”
Ärztin: „Sie müssen dass verstehen. Draußen steht mein alter Audi 80. Der ist jetzt 15 Jahre alt. Das ist alles, was ich mir leisten kann und ich habe auch drei Kinder.”
Patientin: “Aber warum haben mir Ihre Sprechstundenhilfe nicht gleich am Telefon gesagt hat, dass bei der gewünschten Untersuchung Kosten auf mich zukommen würden?” (dann hätte ich den Termin natürlich bei jemand anders gemacht).
Ärztin: „Meinen Arzthelferinnen ist es unangenehm über Geld zu reden, deshalb übernehme ich diese Aufgabe immer im direkten Gespräch mit dem Patienten.”
Weil die Patientin bereits eine knappe eine Stunde im voll besetzten Wartezimmer verbracht hatte, nicht unverrichteter Dinge wieder nach Hause gehen wollte und sich tatsächlich Sorgen um ihre Augen machte, stimmte sie zu, den geforderten Betrag für die Untersuchung zu bezahlen.
Die Ärztin wandte sich danach ihrem Computer zu, begann ein paar Fragen zu stellen und tippte die Antworten in die Datenmaske. Plötzlich fiel ihr etwas ein.
Ärztin: „Sie müssen das jetzt aber sofort bar bezahlen.”
Patientin: „Ich habe aber nicht genug Geld im Portemonnaie. Kann ich vielleicht mit Karte bei Ihnen bezahlen?
Ärztin: „Also wenn ich mir ein Kartenlesegerät anschaffen würde, dann hätte ich ja Kosten. Das kann ich mir nicht leisten.”
Patientin: „Ja, werden Sie mich jetzt nicht untersuchen?”
Ärztin: „Ja, gute Frau. Waschen, legen, fönen für umsonst gibt es hier nicht.”
Damit endete die Behandlung.
Eine Nachfrage bei der Krankenversicherung ergab: Ja, für eine Augenuntersuchung erhalten Augenärzte 12 Euro. Das ist so festgelegt worden, weil die Untersuchung nur selten fünf Minuten dauert.
Man sollte sich aber mal ausrechnen, was das ergibt: Bei 12 Behandlungen pro Stunde und einer berechneten Arbeitszeit von 7 Stunden summieren sich Augenuntersuchungen auf 144 Euro pro Stunde und einen Tagesumsatz von 1008 Euro.
Der Augenärztin scheint dies jedoch nicht zu reichen. Sie benötigt scheinbar einen Stundenumsatz von 324 Euro, was einen Tagesumsatz von 2268 Euro ergibt.
Die Krankenkasse stellt klar, dass die Forderung der Augenärztin, Verträgen mit der kassenärztlichen Vereinigung widerspricht.
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