Heute ist Sommerferienende in NRW, unserem bevölkerungsreichsten Bundesland, und wer eins und eins zusammenzählen kann, weiß genau, was dort morgen in den Arztpraxen los sein wir:
Tausende von besorgten Müttern (und einige Väter), deren Kinder Halsschmerzen haben oder Husten, werden die Praxen belagern. Mit einer durch Panik gerechtfertigten Rücksichtslosigkeit werden sie die Ärzte anschreien, dass sie jetzt sofort Klarheit bräuchten und die Nacht vorher sowieso nicht schlafen konnten.
Es wird ein Gejammer und Gewinsel in den Fluren der Praxen vor sich gehen. Quaräntäneräume werden hergerichtet. Arzthelferinnen werden nur mit Mühe die Fassung behalten. Am meisten dürfte das Prozedere jedoch die Kinder mit Verdachtssymptomen verunsichern (denn der Spießrutenlauf geht ja am nächsten Tag in der Schule weiter). Vielleicht wird es auch in Ausnahmefällen einige positive Testüberraschungen geben (aber wie Tobias bereits schrieb, ist falsch-negativ häufiger).
Doch wodurch ist diese Panik eigentlich gerechtfertigt?
Wer sich das Geschrei von Außen anschaut, könnte den Eindruck bekommen, dass außerirdische Körperfresser Kokons in unsere Gärten gelegt haben und auf diese Weise über Nacht ganze Personen ausgetauscht wurden. Wohlgemerkt nicht etwa Kokons mit A/H1N1 sondern Kokons mit dem Verdacht auf A/H1N1.
Denn überaschenderweise verhalten sich die wenigen an Schweinegrippe erkrankten sehr vernünftig. Naturgemäß haben sie zwar mit den Quarantänebestimmungen zu kämpfen, jedoch halten sie dadurch immerhin ihre Bettruhe zuverlässig ein und tragen damit natürlich auch zu ihrem Gesundungsprozess bei.
„Aber wissen die denn nicht, dass die bald tot sind?!” schreit der Chor der besorgten Eltern. „Oh Gott und mein Kind als Nächstes!” Aber Mensch Leute, jetzt macht mal halblang. Wir haben bislang noch keinen einzigen Schweinegrippe-Todesfall in Deutschland.
Sicherlich wird sich das noch ändern, weil diese Grippe sehr ansteckend ist und wenn erst einmal ein Altersheim angesteckt ist, dann werden wir sicherlich auch die ersten Toten zu beklagen haben. Im Prinzip dasselbe Spiel, wie bei jeder Grippewelle. Geschwächte, alte Menschen, die … nicht mehr ganz in der Blüte ihres Lebens stehen. Einige von Ihnen werden vor dem Erreger kapitulieren. Aber eure gesunden Schulkinder sind ein anderer Schnack! Kein Mensch ohne Vorerkrankung muss eine Todesangst vor diesem Virus haben!
Im Prinzip braucht man noch nicht einmal die ganzen überteuerten Vor- und Schnelltests. Wer mal einen Eindruck von einer ganz anderen Vorgehensweise gegenüber der Schweinegrippe haben möchte, der blickt in den heutigen Tagen mal nach London. Wir erinnern uns, noch an den IQWIG-Bericht, der den Briten ein besonders effizientes Gesundheitssystem bescheinigt hat.
Derzeit gibt es dort im Normalfall keinen Schnell- oder Vortest auf Schweinegrippe. Wer sich dort über grippeähnliche Symptome beklagt, ruft bei seinem Arzt an, denn die Praxis darf er in diesem Zustand nicht betreten. Dann erhält er per Post ein Rezept über eine Großpackung Tamiflu (es soll schließlich für die ganze Familie reichen) und eine Krankschreibung.
Gute Besserung!
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