Fotografieren für Außerirdische: Eine genial einfache Erfindung macht aus einer gewöhnlichen Kamera ein optisches Spektrometer.
Fotografieren ist ein schönes Hobby. Visuelle Eindrücke sind für uns Menschen wichtig – und Bilder mit einem Fingerknips konservieren zu können, ist eine tolle Sache. Wenn man das Lieblings-Urlaubsfoto dann in Postergröße übers Wohnzimmersofa hängt, hat man fast das Gefühl, wieder dort zu stehen und den selben Anblick zu genießen wie im Urlaub.
Unendlich viele Wellenlängen, unendlich viele Farben
Physikalisch gesehen ist das aber natürlich ganz falsch. Die Lichtwellen, die vom Urlaubsfoto an unser Auge gelangen, unterscheiden sich von den Lichtwellen des ursprünglichen Fotomotivs normalerweise ganz gewaltig: Eine Kamera kann nur drei Farben aufzeichnen – rot, grün und blau. Das Licht eines realen Objekts setzt sich aber aus allen möglichen Wellenlängen zusammen, also aus unendlich vielen Primärfarben. Nur weil unser Auge Farben nicht besonders gut unterscheiden kann, lässt es sich dadurch überlisten, dass man alle anderen Farben aus rot, grün und blau zusammensetzt. Sollten uns jemals Außerirdische besuchen, werden sie sich vermutlich wundern, dass für uns Menschen das Grün am Computerbildschirm oder am Poster genauso aussieht wie das Grün des Baumes, den wir fotografiert haben. (Über die Physik der Farben werde ich demnächst wohl mal auf naklar.at Ausführliches schreiben.)
Allerdings gibt es auch Geräte, die nicht nur drei Farben fotografieren können, sondern tatsächlich das ganze Farbspektrum aufnehmen. Ein normales Foto kann man sich aus drei Bildern zusammengesetzt denken – einem roten, einem grünen, einem blauen. Ein Foto mit vollem Farbspektrum bestünde aus unendlich vielen einzelnen Farb-Schichten, ist also gewissermaßen ein dreidimensionales Objekt mit zwei Bild-Achsen und einer zusätzlichen Farb-Achse.
Gewöhnliche Kamera und ein bisschen Plastik …
Leider sind solche Farb-Spektrographen unhandlich und teuer. Sie enthalten meist mechanische Teile (etwa rotierende Spiegel), die das Gerät kompliziert und fehleranfällig machen. Ein Team von Computertechnikern der TU Wien hatte nun aber die geniale Idee, aus einer ganz gewöhnlichen Digitalkamera eine Spektral-Kamera zu machen: Das Licht wird durch eine Spezialfolie geschickt, bevor es in die Kamera dringt. Die Spezialfolie wirkt als optisches Gitter – das bedeutet, es lenkt einen Teil des Lichts seitlich ab. Die Ablenkung hängt von der Wellenlänge ab, und so treffen Lichtstrahlen unterschiedlicher Farben auf unterschiedlichen Stellen des Kamerasensors auf. Mit ein paar mathematischen Tricks kann man daraus die volle Farb-Zusammensetzung jedes einzelnen Bildpunktes ausrechnen. Das Gerät, das aus der Digitalkamera eine Spektral-Kamera macht, wurde aus PVC-Rohren, Klebeband und ein paar ganz gewöhnlichen Teilen aus dem Foto-Fachhandel zusammengebaut – und liefert eine Farbgenauigkeit, die hinter aufwändigen, teuren Geräten nicht zurückbleibt. Aus dem Ergebnis kann man die tatsächliche Farb-Zusammensetzung eines Objektes rekonstruieren. Auch ein Außerirdischer, der uns besucht, würde dann unser Urlaubsmotiv wiedererkennen – ganz egal, wie seine Augen gebaut sind.
Die Erfindung ist nicht unbedingt revolutionär – aber ich hatte immer schon eine Vorliebe für das genial Einfache. Wenn jetzt jemand denkt: „Die Idee hätte ich auch haben können!”, dann sage ich nur: Du hattest sie aber nicht! Und bei den Firmen, von denen die kommerziellen Geräte hergestellt werden, hatte sie offenbar auch niemand.
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