Forschung soll leicht verständlich erklärt werden. Aber von wem eigentlich?
Wissenschaftskommunikation ist ein Modewort. Im englischen Sprachraum weiß man schon länger, dass es wichtig ist, Wissenschaft auch an eine breite Öffentlichkeit heranzutragen, irgendwann hat sich diese Erkenntnis offenbar auch nach Kontinentaleuropa verirrt. Selbst in Teilen Österreichs ist soll sie bereits angekommen sein. Was Wissenschaftskommunikation aber bedeutet, ist noch immer nicht so ganz klar. Gut, die Medien sollen mit ofenfrischen Neuigkeiten aus der Forschung versorgt werden, die Steuerzahler sollen erfahren, was die Universitäten mit ihrem Geld so treiben. Aber wer ist für diese Form der Kommunikation eigentlich zuständig?
Forscher, die über Forschung reden
Die Wissenschaftler sollen das machen – könnte man sagen. Tatsächlich gibt es Forscher, die großes Öffentlichkeitstalent haben und es schaffen, in peppigen Interviews, bei spannenden Veranstaltungen oder in populärwissenschaftlichen Büchern zu erklären, worum es in ihrer Forschungsarbeit geht. Das ist bewundernswert – und mir ist oft nicht ganz klar, wie das überhaupt möglich ist. Sich in der wissenschaftlichen Community einen internationalen Ruf aufzubauen ist mehr als ein Vollzeitjob. Gerade junge Wissenschaftler arbeiten oft ausgesprochen viel. Dazu sollen sie Studierende betreuen, auf Konferenzen fahren und große Teile ihrer Zeit darauf verwenden, kunstvolle Projektanträge zu schreiben, um irgendwelchen Forschungsförderungsstellen möglichst viel Geld zu entlocken. Wie sollen solche Leute auch noch Zeit finden, Forschung auf allgemeinverständliche Weise zu kommunizieren?
Ich finde es großartig und begrüßenswert, wenn Wissenschaftler eine Rolle als Auskunftspersonen für die Massen einnehmen. Doch kann man das von Wissenschaftlern verlangen? Wohl kaum! Wenn Forscher mit kaltem Grausen dagegen protestieren, neben Lehre, Administration, Mitteleinwerbung und Journal-Reviewtätigkeit auch noch Öffentlichkeitsarbeit aufs Auge gedrückt zu bekommen, dann kann ich das verstehen.
PR-Wissen reicht nicht
Auf der anderen Seite gibt es Kommunikationsexperten, die mit Wissenschaft nie etwas zu tun hatten, aber behaupten, sehr viel über Facebook und Networking und Medien zu wissen. Solche Leute sind vielleicht die perfekten Ansprechpartner für Wirtschafts-PR und Lobbying, aber wissenschaftliche Zusammenhänge kann man nicht erklären, wenn man sie selbst nicht versteht. Leider ist diese Spezies trotzdem auch in der Wissenschaftskommunikation sehr zahlreich vertreten. Mehrfach schon bin ich (auch unter Wissenschaftsjournalisten) auf Leute gestoßen, die tatsächlich versucht haben, ihr naturwissenschaftliches Nichtwissen als Vorteil zu verkaufen: Ohne störende Ausbildung, so wurde mir erklärt, könne man unvoreingenommen an das Thema herangehen und die Inhalte so simpel transportieren, dass sie jeder versteht – dummerweise versteht dann aber am Ende überhaupt niemand mehr irgendetwas. Wissenschaft kann man nicht unters Volk bringen wie eine neue Zahnpastamarke.
Ein neues Berufsbild entsteht
Wenn die Wissenschaftler keine Zeit für Wissenschaftskommunikation haben und Medienleuten oft das Basiswissen fehlt – wer soll diese Aufgabe dann übernehmen? Ich glaube, wir brauchen tatsächlich ein neues Berufsbild – das Berufsbild des akademisch geschulten Wissenschaftskommunikators. An vielen Forschungseinrichtungen ist es bereits selbstverständlich, dass für die Öffentlichkeitsarbeit naturwissenschaftlich geschulte Leute eingestellt werden. Es gibt aber auch nach wie vor große PR-Abteilungen, wo das einfach kein Thema ist.
Irgendwann, da bin ich ziemlich sicher, wird aber eine solide, fachlich fundierte Wissenschaftskommunikation einfach zur Grundausstattung jeder Universität gehören und wird auch von den Forschern vorausgesetzt werden. Genau wie es Leute geben muss, die das Computernetzwerk administrieren, wie es Herausgeber von wissenschaftlichen Journalen geben muss, die Forschungsergebnisse publizieren, so muss es eben auch Leute geben, die schöne Ergebnisse für die breite Öffentlichkeit aufarbeiten. Die Öffentlichkeit hätte es verdient.
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