In meinem letzten Beitrag habe ich vom Dunning-Kruger-Effekt erzählt: In Bereichen, in denen man selbst nicht besonders gut ist, kann man auch die Leistungen anderer nicht zuverlässig bewerten. Dadurch überschätzt man sich oft selbst. Sind Sie intelligenter als die Mehrheit der Bevölkerung? Sind Sie ein besserer Autofahrer als die meisten anderen? Fast jeder würde solche Fragen mit ja beantworten – aber es können doch nicht alle zu den Besten gehören, oder?
In manchen Bereichen vielleicht doch. Wenn man die Frage nämlich ausreichend allgemein formuliert, erlaubt man jeder einzelnen Person, die eigenen Leistungen nach dem ganz persönlichen Bewertungsmaßstab zu beurteilen. Wenn ich jemanden frage, ob er seine Fähigkeiten beim Autofahren besser einschätzt als die Fähigkeiten von mindestens 50% der anderen Autofahrer, dann überlasse ich es ihm, festzulegen, was „gutes Autofahren” eigentlich ausmacht.
Schneller, weiter, besser?
Hier gibt es natürlich ganz unterschiedliche Bewertungskriterien: Ist ein guter Autofahrer, wer es schafft, mit halsbrecherischer Geschwindigkeit und quietschenden Reifen eine kurvige Küstenstraße entlangzujagen, ohne sich und sein Auto am nächsten Felsen in einen Feuerball zu verwandeln? Ist ein guter Autofahrer, wer ohne Kratzer in die kleinste Parklücke kommt, wer jahrelang keinen Verkehrsunfall verursacht hat, oder wer auf der Landstraße abbremst, um ein paar Frösche unzermatscht auf die andere Straßenseite wechseln zu lassen?
Ich bin der Beste!
Für den Dunning-Kruger-Effekt spielt das eigentlich keine Rolle – denn im Paper von Dunning und Kruger ging es um standardisierte Tests und objektiv festgelegte Bewertungskriterien, aber beim Autofahren sieht die Sache tatsächlich anders aus. Wenn jeder seine Kriterien anders legt, ist es natürlich möglich, dass jeder – nach den eigenen Kriterien – zu den allerbesten Autofahrern gehört.
Der allerbeste Autofahrer allerdings bin ich – das muss ich jetzt nicht ohne Stolz noch hinzufügen. Ich verursache keine Unfälle, ich bekomme keine Strafmandate, ich produziere keinen CO2-Ausstoß. Ich habe nämlich kein Auto. Daran sollten sich die anderen mal ein Beispiel nehmen!
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