Kein Zweifel: Er war ein Genie. Alan Turing, ein Mathematiker von historischer Bedeutung, Mitbegründer der Informatik, philosophischer Impulsgeber und Kriegsheld im Kampf gegen die Nazis, hat in seinem kurzen Leben Unglaubliches geleistet. Am 23. Juni 2012 wäre er hundert Jahre alt geworden.
Zu diesem Anlass gibt es auf naklar.at ein Geburtstags-Special über Alan Turing.
Logik und Lösbarkeit
Turing war ein Problemlöser. Er löste sogar Probleme über das Problemlösen: Noch bevor die ersten Computer gebaut wurden, analysierte er mathematisch, was man mit solchen programmierbaren Maschinen alles machen könnte. Welche logischen Fragestellungen können von Maschinen gelöst werden?
Wird die Maschine zu einem Ergebnis kommen, oder wird ihre Berechnungen in alle Ewigkeit weiterlaufen?
Lässt sich ein Computerprogramm schreiben, das andere Computerprogramme analysiert und feststellt, ob dieses Programm ewig laufen oder zu einem Ergebnis kommen wird? Diese Frage war zu Turings Zeit als „Halteproblem” bekannt und galt als eines der zentralen Probleme der Mathematik. Turing hat es gelöst: Ein solches Programm ist logisch nicht möglich.
Krieg und Kryptographie
Turing half mit, das wohl grässlichste Problem seiner Zeit zu lösen: Die Ausbreitung des Nationalsozialismus während des zweiten Weltkriegs. Turing war kein Soldat auf den Schlachtfeldern, er kämpfte mit den Mitteln der Wissenschaft. Gemeinsam mit vielen anderen Spezialisten arbeitete er daran, die Geheimcodes der Nazis zu knacken um ihre Funksprüche verstehen zu können. Die Arbeit an diesem Problem, die so ganz nebenbei einige der ersten großen Rechenmaschinen hervorbrachte, war erfolgreich: Die Codes wurden geknackt, die Nazis wurden – auch mit Hilfe der so erlangten Daten – geschlagen. Turing wurde zum Kriegshelden, ohne einen einzigen Schuss abgeben zu müssen.
Bewusstsein und Berechenbarkeit
Kein Zweifel: Der Computer, bei dessen Entwicklung Turing eine wichtige Rolle spielte, löst für uns heute viele Probleme. Manche Leute meinen, er hätte in unserem Leben mittlerweile sogar schon eine zu große Rolle eingenommen und werde manchmal selbst zum Problem. Welche Probleme würde man sich einhandeln, wenn die Fähigkeiten von künstlichen Maschinen irgendwann die Fähigkeiten unseres eigenen Gehirns erreichen würden? Müssten wir einem Computer dann Denkfähigkeit und Bewusstsein zugestehen – vielleicht am Ende sogar Kreativität? Für unser menschliches Ego wäre das wohl ein schweres Problem. Turing sah das recht unaufgeregt: Wenn man ein Gespräch mit einer Maschine führt, ohne zu erkennen, dass es sich um eine Maschine und keine menschliche Intellienz handelt, dann müsse man der Maschine wohl Denkfähigkeit attestieren. Dieser „Turing-Test” konnte allerdings bis heute noch von keinem Computerprogramm zufriedenstellend bestanden werden.
Gesellschaft und Gewalt
Das vielleicht einzige Problem, das er nicht lösen konnte, war kein wissenschaftliches – es wurde ihm von der Gesellschaft und der Politik bereitet. Aufgrund seine Homosexualität wurde Alan Turing angeklagt, mit Hormonen behandelt und so in die Depression getrieben. Es ist anzunehmen, dass sein Tod im Alter von nicht einmal zweiundvierzig Jahren ein Selbstmord war. Welche Geistesblitze hätte die Menschheit von diesem Genie vielleicht sonst noch haben können!
Manche Probleme stellt uns die Wissenschaft – sie zu lösen ist eine spannende, großartige Abenteuerreise. Andere Probleme werfen wir uns gegenseitig selbst an die Köpfe – damit sollten wir schleunigst aufhören.
Alles Gute zum Geburtstag, Alan Turing!
Einen ausführlicheren Artikel über Alan Turing gibt es auf naklar.at.
Was ist eine Turing-Maschine? Diese Frage wird hier beantwortet.
Ein Artikel über das Halteproblem wird noch folgen.
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