Wenn stolze Rennpferde keine Preise mehr gewinnen, dann enden sie als Pferdeleberkäse. Wenn wortgewandte Journalisten keinen Job mehr finden, dann enden sie als Pressesprecher.
Das ist ungefähr das Bild, das viele Journalisten von ihren Kollegen im Unternehmens-Bereich haben: Gescheiterte Existenzen, die man im Vorbeigehen flüchtig bedauert. Nach dem mitleidsvollen Schulterklopfen Hände waschen nicht vergessen! Wer weiß, vielleicht ist PR ansteckend.
Na gut, es stimmt: Es gibt traurigerweise wirklich Heerscharen von selbsternannten Kommunikations- und Medienexperten, die sich „Public Relations” oder „Unternehmenskommunikation” auf die Visitenkarte schreiben, sich wichtig fühlen und ihre gut bezahlte Arbeitszeit damit verbringen, den Journalisten auf die Nerven zu gehen. Ein ausgeprägtes Unbehagen mit solchen Leuten teile ich. Es ist auch völlig angebracht.
Die dunkle Seite der Macht
Immer wieder beobachte ich aber, dass von Journalisten in diese geistige Schublade alles hineingestopft wird, was nicht in den Bereich des klassischen Journalismus passt: Marketing- oder Werbe-Fuzzis, Blogger oder auch Leute aus der Wissenschaftskommunikation der Universitäten. Alles dasselbe. Die mischen sich da irgendwie in den Wissenschaftsjournalismus mit ein – das ist möglicherweise bedrohlich, auf jeden Fall aber verdächtig.
In diesem simplen Denkschema gibt es bloß das helle Licht des Journalismus – und die dunkle Seite der Macht, von der man sich fernhalten soll. Von Firmen, Unis oder öffentlichen Stellen bezahlt zu werden erscheint offenbar irgendwie eklig. Als ordentlicher Journalist muss man daher vor solchen zwielichtigen Leuten sauber abgrenzen und konsequent darauf hinweisen, dass man einer von den Guten ist!
Unhaltbare Grenzziehungen
Nun, ich bin einer von diesen Uni-bezahlten Schreiberlingen, und ich sehe die Sache etwas anders. Besonders kurios finde ich dieses Kastendenken dann, wenn Journalisten meine Presseaussendungen nehmen, vielleicht zwei Absätze leicht kürzen und sie dann als Artikel verwenden. Als Autor steht darunter dann: „Redaktion”.
Ich freue mich, wenn das geschieht, und ich finde diese Vorgehensweise auch nicht wirklich problematisch – vorausgesetzt, der Journalist hat den Text vorher sorgfältig durchgesehen und für solide befunden. Der Versuch, klare Trennstriche zwischen Wissenschaftskommunikation und Journalismus zu ziehen, ist angesichts solcher Praktiken allerdings eher lächerlich.
In anderen Bereichen sind diese Trennstriche unbedingt notwendig: Die Presseaussendung einer politischen Partei hat selbstverständlich nichts mit dem Zeitungsartikel zu tun, in den sie schließlich mündet. Auch Pharma-PR soll bitteschön möglichst weit von Gesundheitsjournalismus entfernt gehalten werden! Doch wer behauptet, im Wissenschaftsjournalismus seien die selben Trennlinien aufrechtzuerhalten, macht sich etwas vor.
Die Unis gehören zu den Guten!
Universitäten sind keine Privatunternehmen und Wissenschaft ist keine Zahnpastamarke. Wenn wir an den Universitäten Forschungserfolge nach außen tragen wollen, dann produzieren wir Information, keine Werbung. Wir wollen nichts verkaufen. Wir terrorisieren niemanden mit Telefonanrufen und dem eindringlichen Wunsch, doch einen Artikel über unser neues Produkt zu schreiben. Wir ärgern niemanden mit sinnlosen Pressekonferenzen, bei denen es außer aufwändig belegten Brötchen nichts zu holen gibt. Deswegen haben wir weniger Geld als die Werbeabteilungen in der Wirtschaft, aber wir machen uns zu verlässlichen Partnern für die Journalisten. Zumindest versuchen wir das. Ganz ehrlich!
Also, liebe Wissenschaftsjournalisten: Lasst uns Freunde sein! Ihr seid von uns nämlich genauso abhängig wie wir von euch. Ihr habt leider längst schon keine Zeit mehr, wissenschaftliche Originalpublikationen ordentlich durchzulesen. Wir machen das für euch und sagen euch, was wichtig ist. Ihr dürft mich auch anrufen, wenn ihr zu wissenschaftlichen Themen noch Zusatzinformationen sucht oder Interviewpartner vermittelt haben wollt. Und ich rechne auch eure Zahlenbeispiele nach, mit denen ihr den Herrn Professor nach dem Interview nicht mehr belästigen möchtet. Dafür greift ihr einige unserer Themen auf und bringt sie an ein breiteres Leserpublikum – im besten Fall mit ein paar neuen, zusätzlichen Ideen, die in meinem Text nicht vorkamen. Durch diese Form der Zusammenarbeit steigt am Ende die Qualität, und das ist doch unser gemeinsames Ziel.
Auf die Qualität kommt es an.
Auf beiden Seiten – sowohl in den Redaktionsstuben als auch an den Universitäten – gibt es verdammt gute und peinlich unfähige Leute, das wissen wir. Moralische oder fachliche Verfehlungen von unfähigen Leuten sollte man nicht verwenden, um ganze Berufssparten abzuwerten. Freuen wir uns als über die guten Leute auf beiden Seiten und produzieren wir mit ihnen gute Resultate. Die Leser werden sich freuen.
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