Na bumm. Da habe ich aber ordentlich Emotionen aufgewühlt mit meinem Artikel über Öffentlichkeitsarbeit an den Universitäten. Eigentlich halte ich die meisten meiner Punkte für ziemlich selbstverständlich – wenn auch reichlich zugespitzt formuliert, wie ich gerne zugebe. Vielleicht sollte ich hier erklärend noch ein paar Sätze anhängen.


Ich habe nicht – wie mir unterstellt wurde – gesagt, es gebe keinen Unterschied zwischen PR und Journalismus. Das wäre eine dumme Aussage. Auch im Wissenschaftsbereich (und um den ging es mir) sind PR und Journalismus zwei verschiedene Sachen, so wie blau und grün zwei verschiedene Farben sind. Es gibt aber einen Bereich im Farbspektrum, in dem blau in grün übergeht, ohne deutliche Grenze. Muss man deswegen aufhören, die Begriffe „blau” und „grün” zu verwenden? Nein. Aber man soll nicht durch die Welt laufen und schreien: „Ich bin grün, grün ist toll, und alles was blauer ist muss ganz böse sein. Pfui!”

Wichtig war mir, mit etwas Ironie und Polemik eine Geisteshaltung zu kritisieren: Die Geisteshaltung, dass es eine scharfe Trennlinie zwischen dem guten, sauberen Journalismus und einem von Eigeninteressen gelenkten PR-Bereich gebe. Die emotionalen Reaktionen auf meine Aussagen bestärken die Meinung, dass diese Geisteshaltung allzu verbreitet ist.

Normalerweise besteht meine Arbeit in der Wissenschaftskommunikation einer Universität darin, wissenschaftliche Erkenntnisse einfach zu erklären, wissenschaftliche Publikationen in allgemeinverständlich lesbare Texte umzuwandeln. Die primäre Aufgabe der Wissenschaftskommunikation (oder “Wissenschafts-PR”, ein Begriff, den ich nicht so mag) liegt also darin, Wissen verfügbar zu machen. Es gibt andere Bereiche, die auch gerne „PR” genannt werden, deren Hauptaufgabe es oft ist, Fakten zu verbiegen oder zu verschleiern. Damit will ich meine Arbeit nicht in einen Topf geworfen sehen.

Natürlich wähle ich Themen aus, die ich schön, lustig und spannend finde – und dann klingt das Geschriebene oft auch positiv, ganz im Sinne der Institution, die mich bezahlt. Das ist richtig. Ein Journalist stellt wissenschaftliche Erkenntnisse meist auch positiv dar – denn fände er sie nicht faszinierend und spannend würde er wohl nicht darüber schreiben. Zum Glück habe ich, ähnlich wie ein Journalist, genug Freiheit und genug Auswahl an möglichen Themen um über Inhalte, die ich persönlich für unpassend halte, nicht zu schreiben. Ich bekomme keine Anordnungen, von oben, wissenschaftlich Unsauberes PR-technisch hinzubiegen. (Ich verkneife mir hier, über wohlbekannte Sachzwänge zu diskutieren, durch die eine Themenauswahl auch in ganz klassischen seriösen Zeitungen beeinflusst wird.)

Natürlich: Auch eine Uni braucht „klassische PR”, im politischeren Bereich, abseits von der Wissenschaft. Man kämpft um die besten Studierenden, man pflegt Kontakte zu mächtigen Partnern, man versendet politische Presseaussendungen. Das machen normalerweise nicht die Leute, die für Wissenschaftskommunikation zuständig sind, und das ist auch gut so. Ich würde nicht die Journalisten, mit denen in täglich zusammenarbeite, gleichzeitig auch mit Presseaussendungen über die Budgetsituation oder die Gründung einer neuen Fakultät beliefern wollen. Das ist ein anderes Geschäft.

Selbstverständlich gibt es im Wissenschaftsjournalismus Texte, die in dieser Form niemals von einer Universität kommen würden. Manchmal werden Uni-Skandale aufgedeckt, manchmal wird über unsaubere Praktiken berichtet, manchmal werden Plagiate ans Licht gebracht. Für diese Dinge sind natürlich die Journalisten zuständig, das ist nicht mein Revier. Aber mal ehrlich: Aufdeckungen sind kein besonders großer Teil des Wissenschaftsjournalismus. Trotzdem bin ich ganz zweifellos sehr dafür, dass Journalisten solche heiklen Themen anpacken. Das brauchen wir alle dringend. Weiter so!

Ich jedenfalls bleibe dabei: Universitäten müssen informieren. Das ist ihre soziale Pflicht. Eine Waschmittelfirma oder ein Transportunternehmen haben keine solche sozialen Pflichten – das ist der Unterschied. Ich fühle mich zuallererst der Wissenschaft verpflichtet, dann erst meiner Institution. Nun kann man mir gerne vorwerfen, ich hätte die falsche Einstellung zu meinem Berufsbereich, bisher war ich mit dieser Einstellung aber recht gut unterwegs.

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Kommentare (6)

  1. #1 Christian Berger
    Juli 17, 2012

    Früher haben auch Unternehmen von sich aus informiert. Telefunken hat beispielsweise Unterrichtsmaterial zum Thema PAL (Farbfernsehen) herausgebracht. IBM hat Artikel über EDV publiziert, in denen zwar Fotos von IBM Produkten gezeigt werden, aber nur Herstellerunabhängig auf die Funktionsweise solcher Gerätschaften eingegangen wird. (z.Bsp. wie 1967 ein Handschriftenleser funktioniert hat)

    Manche Firmen machen das heute noch. Dort finden sich dann “Application Notes”, die herstellerunabhängig ein Thema behandeln.

    Wenn das schon die Privatwirtschaft zum Teil macht, dann müssen es die Universitäten natürlich erst recht machen.

  2. #2 pz
    Juli 17, 2012

    Naja, emotional würde ich die Reaktion nicht nennen. Vielleicht ein bisschen scharf formuliert, aber das war Ihr Text ja auch. Jetzt schreiben Sie, ich hätte unterstellt, Sie würden Journalismus und PR gleichsetzen. Das habe ich nicht getan. Ich habe nur gesagt, dass Sie Ihre Tätigkeit – Öffentlichkeitsarbeit/PR, die man von mir aus auch Wissenschaftskommunikation kann – von anderer Öffentlichkeitsarbeit ausnehmen wollen. Sie schreiben auch nun wieder, dass es zwischen der von der Universität bezahlten “Kommunikation” und Journalismus irgendwie eine Art Kontinuum gebe. (Zwischen Politik-PR und Politikjournalismus gäbe es dieses Kontiuum dann nicht oder?) Ich sehe auch, wie Sie das begründen aber die Argumentation finde ich nicht so richtig überzeugend. Ganz frei und zufällig wählen sie die Themen sicher nicht aus, die “ganz im Sinne der Institution” sind. Gut, Sie können relativ frei agieren und fühlen sich “zuerst der Wissenschaft verpflichtet”. Das ist ja sympatisch, aber trotzdem: Die Institution, über die Sie berichten, bezahlt Ihr Gehalt. Das ist kein gradueller Unterschied zum Journalismus, sondern ein grundsätzlicher.

  3. #3 Spoing
    Juli 17, 2012

    Tja, die PR ist genauso wie “der Lobbyist” mittlerweile eher ein Schimpfwort, von daher kann ich verstehen, wenn Herr Aigner so nicht genannt werden will.
    An sich finde ich die Texte jedoch etwas nichtssagend. Der eine Behauptet, es gibt einen Fließenden Übergang, der andere sagt: Trotzdem ist das PR. Eine wirklich widersprüchliche Position kann ich darin nicht sehen aber was solls.

    Auch finde ich es etwas komisch, wie bezüglich Berufsgruppen immer so gerne pauschalisiert wird, es überall anders es aber völlig verpönt ist.
    Als Beispiel kann ich da nur Studenten nennen. Diese sind bisher die Klischeehafteste Gruppe die ich kennen lernen durfte, aber es auszusprechen lässt einen immer gleich jede Menge Kritik entgegenkommen. (Nicht der Student an sich, sondern der des jeweiligen Gebietes. Meine Fachrichtung schließe ich da auch nicht aus.)
    Hier wird so getan, als würde ein PRler kein Gewissen haben dürfen. Sicher wer gezielt diffamiert oder vorsätzlich Fehlinformationen verbreitet nur des Geldes Wegen ist kein “netter Mensch”. Aber es wird hier suggeriert jede Firma wäre auf diese Form der PR angewiesen.

    Lange Rede kurzer Sinn: Ich glaube hier wird versucht ein einfaches Weltbild durch Pauschalisierung zu erreichen. Was an sich nichts schlechtes seien muss (z.B. Maschinenbauer tragen Karohemden) aber in fällen wo es eine Moralische Einordnung/Legitimation gibt finde ich es doch immer etwas grenzwertig. (Ich weiß aber auch nicht in wie fern die Gut/Böse Einordnung der reinen Polemik geschuldet war)

  4. #4 Dr. Webbaer
    Juli 17, 2012

    ‘PR’ benötigt einen Bereitsteller von Information und eine Rezipienz, mit entsprechendem Rollenverhalten auf Seite des Bereitstellers, ein Bereitsteller o.g. Bauart ist u.a. Verkäufer einer Nachricht im Sinne des Bereitstellers.
    Das nennt sich dann auch Öffentlichkeits-Arbeit.

    Der Journalist ist wiederum an seinem Medium und der Rezipienz orientiert, geht idealtypisch zum Bereitsteller der Nachricht kein Verhältnis ein, generiert auch oft – idealtypisch – die Nachricht selbst investigativ.

    Wer jetzt was ist – PR-Mensch oder Journalist – ergibt sich über das Anstellungsverhältnis.

    Dass einerseits PRler gerne auch Journalisten sein wollen und Journalisten gerne auch keine PRler, liegt in der Natur der Angestellten.

    MFG
    Dr. Webbaer

  5. #5 Dr. Webbaer
    Juli 17, 2012

    Als Beispiel kann ich da nur Studenten nennen. Diese sind bisher die Klischeehafteste Gruppe die ich kennen lernen durfte, aber es auszusprechen lässt einen immer gleich jede Menge Kritik entgegenkommen.

    Studierende sind ja ohne Berufs- und nur mit eingeschränkter Lebenserfahrung am Start und dankbares Opfer derjenigen, die Meinungen und Wertzuweisungen in den Bildungssystemen oder zumindest am Rande derselben – oft gut getarnt als Auffassungen, die sich scheinbar ideologiefrei gegen andere “falsche” Meinungen und Wertzuweisungen richten – replizieren. – Insofern sind gerade unter Studierenden Klischees und Ressentiment zu erwarten, korrekt!

  6. #6 Ernst Wilde
    Juli 21, 2012

    Hallo Kollege,
    mit Verlaub, was Sie machen ist keine PR, sondern Wissenschaftsjournalismus, vergleichbar einem technischem Redakteur. Sie “übersetzen” das Wissenschaftskauderwelsch in Zeitungsdeutsch.
    Entspricht allerdings nicht dem, was “Uni-PR” ist. Und ist sicher nicht “interessenfrei”, wie in dem Artikel suggeriert wird.
    Nehmen Sie Prof. Zeilinger z.B. Der verkauft seine Kopenhagener Deutung der Quantentheorie. Die auch nicht mehr von allen Physikern geteilt wird. Also auch dort werden “Produkte” verkauft oder Weltanschauungen.
    Die CERN-Leutchen verkaufen ihre Forschung. Müssen Sie auch, um die horrenden Summen zu rechtfertigen.
    Die Fronten, die Sie da ziehen, existieren für PR-Leute schon seit den 60iger-Jahren nicht mehr: Werbung, Marketing, “gute” und “schlechte” PR. Alles “Kommunikation”. Deshalb spricht man auch von Kommunikationsmix.
    “Informationen” liefern alle PR-Leute. Natürlich ist das interessengelenkt. Aber, was soll daran schlecht sein? Und die Journalisten wissen das auch. Und sie können ja immer nachfragen.

    LG Ernst Wilde