Das „Goldene Brett“ für den größten unwissenschaftlichen Unfug des Jahres ist längst vergeben – doch Bettina Reiter, die diesmal die Trophäe in Empfang nehmen durfte, hat sich damit offenbar noch immer nicht so recht abgefunden.
Eine Replik auf Bettina Reiters Kommentar in der Tageszeitung “der Standard” vom 27./28. Oktober 2012.
Der diesjährige Preisträger Harald Walach war leider verhindert, schickte allerdings seine Kollegin Bettina Reiter, um das Goldene Brett entgegenzunehmen. Im Standard vom 27. Oktober rechnet sie in scharfen Worten mit ihren Kritikern ab. Leider scheint sie noch immer nicht verstanden zu haben, warum Walach und seine Esoterik-affinen Mitstreiter von wissenschaftlichen denkenden Skeptikern abgelehnt werden.
Hellseherei an einer Universität?
Prof. Harald Walach hält eine Stiftungsprofessur an der Europa Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder. Schon 2010 erweckte sein Studiengang „Komplementäre Medizin – Kulturwissenschaften – Heilkunde“ Aufsehen. Durch ihn hielten esoterische Lehren in eine Universität Einzug, die doch eigentlich saubere, evidenzbasierte Wissenschaft vermitteln sollte. Mit einer Masterarbeit über den „Kozyrev-Spiegel“, einem Gerät, das angeblich Hellseherei ermöglichen soll, schaffte Walach es in diesem Jahr erneut in die Medien: Seine Universität wurde als „Hogwarts an der Oder“ belächelt, die Hochschulkommission des Landes Brandenburg empfahl schließlich, das Institut nicht weiter zu finanzieren.
Vom Astrologen bis zum Geistheiler – es gibt heute viele merkwürdige Leute, die mit esoterischen, wissenschaftlich unhaltbaren Praktiken Geld verdienen. Das besondere an Walach ist, dass er esoterischen Theorien zu universitären Ehren verhalf um ihnen gewissermaßen ein akademisches Gütesiegel zu verleihen – und genau deshalb wurde er mit dem „Goldenen Brett vorm Kopf“ ausgezeichnet.
Humor statt Zorn
Vergeben wird das Goldene Brett von der Gesellschaft für kritisches Denken (GkD), der Wiener Lokalgruppe der GWUP (Gesellschaft zur Wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften). Sie ist in der internationalen Skeptikerbewegung vernetzt und versucht, wissenschaftlich-rationales Denken zu fördern. Ganz bewusst lädt die GkD die nominierten Finalisten zur Preisverleihung ein und lässt sie auch gerne bei der Veranstaltung zu Wort kommen. Es geht nicht darum, jemanden anzuprangern – es geht darum, Humor zu benutzen, um sichtbar zu machen, wie tief unwissenschaftlicher Unfug in unserer vermeintlich aufgeklärten Gesellschaft noch immer verwurzelt ist.
Das hat bisher auch gut geklappt: Der Preisträger des Vorjahres, P.A. Straubinger, kam persönlich, um sich das Goldene Brett abzuholen, Harald Walach schickte Bettina Reiter vorbei. Sowohl Straubinger als auch Reiter wurden mit Applaus begrüßt und hielten bei der Preisübergabe eine Rede. Bettina Reiter bezeichnet in ihrem Zeitungskommentar die Stimmung selbst als „freundlich“ – und das ist gut so. Dass man sich an so einem Abend ideologisch nicht einigen wird, ist von vornherein klar – doch man kann auch jemandem lächelnd die Hand schütteln, dessen Theorien man für Humbug hält.
Verkaufszahlen als Qualitäts-Gütesiegel?
So hoch man Frau Reiter aber ihre Courage anrechnen muss, persönlich zu so einer Preisverleihung zu erscheinen, so befremdlich sind die Aussagen in ihrem Zeitungskommentar. Ihr Argument für unwissenschaftliche Alternativmedizin ist: Die Leute wollen das so. 50% der europäischen Bevölkerung nutzen Komplementärmedizin. Diese Aussage ist ungefähr so solide wie die Behauptung, die klügsten Fernsehsendungen hätten die besten Einschaltquoten, oder die besten Politiker seien die, die sich die größten Zeitungsinserate leisten können.
Probieren wir es aus!
Bettina Reiter behauptet, Walach sei in Kritik geraten, weil er sich mit ungewöhnlichen Fragestellungen beschäftigt. Das stimmt natürlich nicht: Die GWUP beschäftigt sich schließlich – wie ihr Name schon sagt – auch selbst mit Parawissenschaften. Daran gibt es nichts auszusetzen, das ist sogar gesellschaftlich nötig. Behauptungen über übernatürliche Phänomene lassen sich wissenschaftlich sauber untersuchen. Wie bereits in vergangenen Jahren führte die GWUP auch diesen Sommer wieder die sogenannten „Psi-Tests“ durch, vier Kandidaten ließen ihre angeblich übernatürlichen Fähigkeiten untersuchen. Ein erfolgreicher Test würde zehntausend Euro und die Chance auf eine Million Dollar der James-Randi-Foundation in den USA bringen. Freilich gingen auch diesmal alle Tests wieder negativ aus – das Geld ist noch immer da.
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