Christian Felber, ein bekannter linker Publizist, der sich in Büchern, Vorträgen und Fernsehauftritten für eine alternative Gemeinwohlökonomie einsetzt, kommt zu ganz besonderen Ehren: Wie Ulrich Berger nebenan auf “kritisch gedacht” berichtet hat, kommt Felber in einem staatlich approbierten Schulbuch vor – dagegen ist auch nichts zu sagen. Kurios wird die Sache dadurch, dass er dort in eine Reihe mit John Maynard Keynes, Karl Marx, Milton Friedman und Friedrich August von Hayek gestellt wird. Eine Reihe von Ökonomen hat heute dagegen beim Unterrichtsministerium protestiert.
Welche Reflexe das auslöst, hätte man sich eigentlich denken können: In Online-Foren wird nun geschimpft und gezetert: Die bösen orthodoxen Ökonomen wollen einen unbequemen Querdenker aus einem Schulbuch verbannen, aus politischen Gründen, natürlich.
Diese Diskussion zielt natürlich völlig am Kern der Sache vorbei. Es geht hier überhaupt nicht um Politik, es geht nicht darum, zu entscheiden, welche Wirtschaftstheorien in einem Schulbuch präsentiert werden sollen. Im offenen Brief, den die Ökonomen an die Unterrichtsministerin geschrieben haben, wird auch keineswegs gefordert, Gemeinwohlökonomie aus dem Lehrplan zu streichen. Im Gegenteil: Man schlägt in diesem Brief sogar vor, wen man (statt Felber) als würdige Vertreter dieser Disziplin erwähnen hätte können.
Der entscheidende Punkt ist ein ganz anderer: Die Autoren dieses Schulbuchs demonstrieren mit ihrer Auswahl, dass sie keinerlei Verständnis für wissenschaftlich geführte Ökonomie haben, dass sie forschende Fachexperten nicht von kommentierenden Publizisten unterscheiden können – und das ist ein ernstes Problem. Man muss Christian Felber nicht schlecht, böse und gefährlich finden, um es für Unfug zu halten, wenn er als Geistesgröße der Ökonomiegeschichte präsentiert wird. Diese Einordnung ist einfach falsch. Genauso falsch, als würde man einen bekannten Sportkommentator zum Fußballer des Jahres wählen.
Und das ist keine harmlose Nachlässigkeit, sondern ein ernstes Problem. Man bringt damit den Kindern nämlich ein falsches Verständnis für Medien, Wissenschaft und fachliche Expertise bei: Es wird vermittelt, dass der am wichtigsten ist, der am lautesten und buntesten in den Medien vorkommt, dass akribisches wissenschaftliches Arbeiten im Vergleich dazu minderwertig ist. Wir erziehen die kommende Generation auf diese Weise zu einer Medienlogik, in dem Susan Boyle zu den besten Sängerinnen der Welt gehört und Donald Trump ein Politiker ist.
Das Gegenteil wäre nötig: Ich halte es für einen ganz wichtigen Teil der Bildung, zu erkennen, dass manche Leute bessere Argumente haben als andere, dass es Menschen mit fachlicher Autorität gibt, denen man im Zweifelsfall eher glauben kann als anderen.
Es gibt heute zum Glück in vielen verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen gute Kommunikatoren mit entsprechender Medienpräsenz. Christian Felber ist einer von ihnen, und das ist gut so. Solchen begabten Wissensvermittlern soll man gratulieren und man soll sie wertschätzen. Aber sie sind deshalb noch lange nicht die besten Wissenschaftler. Harald Lesch ist toll. Er war öfter im Fernsehen als Heisenberg, Einstein und Pauli zusammen. Das ist schön, aber er ist deshalb nicht der bessere Physiker.
Wer ein Schulbuch schreibt, müsste diesen Unterschied verstanden haben. Wenn nicht, dann ist das ein ernstes Problem, und man wird sich sehr genau ansehen müssen, ob in einem solchen Schulbuch dann nicht auch noch allerlei anderer Unfug enthalten ist.
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