Wäre der Plan der Redaktion aufgegangen und hätte der Schulmediziner Fiala eine kritische Sichtweise vertreten, wäre es im Kampf Eso-Schwurbler gegen Wissenschaft also vier zu zwei gestanden. Auch das wäre nicht besonders ausgewogen. Doch von Anfang an schlägt sich der Gynäkologe auf die Seite der Wunderheiler – ganz klar: Es ist ein Match fünf gegen einen. Alle gegen mich.
Das alleine wäre noch keine Katastrophe. Es ist auch nicht die erste Fernsehsendung, bei der ich mich gegen eine derartige Übermacht seltsamer Mitdiskutanten behaupten muss. Das Problem ist nur, dass der Grad der Schwurbelei diesmal ungeahnte Ausmaße annimmt. Der Moderator, Michael Fleischhacker – zweifellos ein kluger Mann – gewährt mir zwar recht viel Redezeit, aber es ist vollkommen unmöglich, gegen alle haarsträubenden Irrsinnigkeiten Einspruch zu erheben.
Ich versuche zu erklären, dass Menschen eben manchmal gesund werden, egal was man tut. Als Wunderheiler muss man eben nur darauf warten, dass manche Patienten eine gewisse Besserung erfahren und kann sich das dann selbst zuschreiben – ob sich dieselbe Besserung auch ohne Wunderheiler ergeben hätte, kann schließlich niemand nachprüfen. Ich sage etwas über verblindete Placebostudien, aber es fühlt sich ein bisschen an, als würde ich im Kindergarten über Atomphysik reden. Der wundergeheilte Musiker gesteht mir zu, dass Heilung Zufall sein kann – aber warum dann gerade bei ihm? Erklären Sie das mal! An diesem Punkt bleibt mir nur noch, laut zu lachen. Was soll man dem entgegenhalten? Für einen Anfängerkurs in Statistik bleibt keine Zeit.
Als das Gespräch dann auf Ryke Geerd Hamer kommt, verliere ich die Beherrschung. Hamer ist nicht nur ein Wunderheiler, dessen absurde Theorien Menschenleben gekostet haben und dem völlig zu Recht seine Approbation als Arzt entzogen wurde, er ist auch noch ein Antisemit und Vater der „Germanischen Neuen Medizin“. Er gehört zur bösartigsten Sorte der Schwurbler – nämlich zu jener, die Patienten dazu bringt, echte Medizin abzulehnen und in ihr Verderben zu laufen. Mein emotionales Toben lässt mich vermutlich nicht besonders sympathisch wirken, aber dazu stehe ich. Leute wie Hamer – und Leute die an ihm noch etwas Gutes finden – haben nichts anderes verdient, ihnen kann ich nur wüst schimpfend begegnen. Hier tobe ich, und kann nicht anders.
Good Cop? Bad Cop?
Eigentlich ist das nicht mein Stil: In der Skeptiker-Szene gibt es Good Cops und Bad Cops, wie überall. Es gibt radikalere und gemäßigte, polternde und konsensorientierte Skeptiker. Ich habe mich eigentlich immer in der „Good-Cop-Rolle“ wohlgefühlt. Ich bin gerne der, der anderen Leuten genau erklärt, warum Alternativmedizin nicht wirken kann, dann aber versöhnlich hinzufügt, dass sie trotzdem ihre Wundermittelchen weiter einnehmen können, wenn sie unbedingt wollen und wenn es ihnen damit besser geht, solange sie versprechen, trotzdem zu einem richtigen Arzt zu gehen. Gerne kann ich anerkennen, dass viele alternative Heilmethoden einfach nur dazu da sind Entspannung zu bringen und den Patienten ihre Angst zu nehmen, das alleine kann schon nützlich sein. Wenn jemand irgendwelche Meditationstänze zelebriert und sich danach wohler fühlt – wunderbar! Ich bin da durchaus großzügiger als viele andere Skeptiker.
Doch wenn man der einzige Cop in der Runde ist, dann kann man nicht Good Cop spielen. Mein Geschimpfe während der Sendung lässt mich vermutlich ziemlich radikal erscheinen. Aber wenn neben der geballten Unvernunft eine wissenschaftliche Sichtweise radikal aussieht, kann ich dagegen wenig tun.
Die Aufzeichnung endet, ich bin ziemlich sauer. Ich mache den Redakteuren von Servus TV klar, dass ich die Besetzung der Runde und die Sendung insgesamt für ganz übel halte. Sie sehen das ein, sie versichern mir glaubhaft, dass sie den Gynäkologen anders eingeschätzt hatten. Die Sendung ist nicht so gelaufen wie geplant – darauf einigen wir uns. Ich muss auch zugeben, dass die vorbereiteten Einspielungen während der Sendung durchaus kritischen Ton hatten. Keinesfalls kann ich behaupten, dass Servus TV bewusst Werbung für Esoterik machen wollte. Es war ein Unfall.
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