Im Taxi: You talking to me?
Der vielleicht schlimmste Teil des Abends kommt allerdings erst: Eine Taxifahrt von Salzburg nach Wien. Von Mitternacht bis drei Uhr früh sitze ich einsam zwischen Eso-Schwurblern und höre mir ihre Gespräche an. Wie sich herausstellt, haben sie im Studio noch ihre rationale Seite präsentiert. Im Taxi wird diskutiert, ob man die Waldgeister wirklich sehen kann oder nur fühlen. Ich erfahre, dass man seine Lebensfragen einem Baum stellen kann, der antwortet dann auch. Mit Pferden klappt das ebenso. Ich packe meinen Laptop aus und arbeite an einem Text über Quantenphysik, das lindert den Schmerz ein bisschen, stillt ihn aber nicht.
Ich lerne eine Heilmethode für ganz schlimme Fälle kennen: Patienten mit psychischen Beschwerden werden gesund, indem sich der Therapeut fesseln und in Decken packen lässt. In dieser äußerst unangenehmen Lage kann er sich dann in Trance begeben, spirituell in den Patienten reisen und dessen Leiden auf sich nehmen. Ich wünschte, jemand würde in dieser Situation meine Leiden auf sich nehmen. Aber selbst mit dem gefesselten Therapeuten würde ich tauschen, wenn ich mir dafür diesen Unfug nicht mehr anhören muss.
Und man stelle sich vor: Manchmal lösen sich bei diesem Fesselritual nach eineinhalb Stunden tranceerfüllten Fesselzerrens dann die Seile – ganz von selbst, ohne dass sie jemand gelöst hätte. Erklärt das doch mal, ihr Schul-Fessler! Ich überlege kurz, ob ich von James Randi und seinen Entfesselungskünsten erzählen soll, aber entscheide mich dagegen. Solche Leute haben es gar nicht verdient, mit dem Namen Randi konfrontiert zu werden. Ich schieße auch nicht mit Goldstücken auf Spatzen.
Und nun?
Was bleibt, ist die Frage, wie man sich bei solchen Fernsehdiskussionen verhalten soll. Ich weiß es nicht. Hätte ich die Teilnehmerliste abwarten und dann absagen sollen? Dann hätte es vielleicht eine Sendung ganz ohne skeptischen Widerstand gegeben, eine einstündige Werbesendung für Esoterik. Das kann auch nicht das Ziel sein.
Hätte ich mich in der Sendung anders verhalten sollen? Vielleicht. Wäre es klüger gewesen, nicht zornig und ablehnend zu reagieren, sondern einfach laut zu lachen? Das hätte möglicherweise sogar noch arroganter gewirkt. Hätte ich während der Sendung laut thematisieren sollen, dass die Zusammensetzung der Diskussionsrunde lächerlich verzerrt ist und die allgemeine Diskussion völlig falsch abbildet? Ja, ich glaube, das würde ich tun, wenn ich noch einmal die Chance dazu hätte. Ob das etwas geändert hätte, kann ich auch nicht sagen.
Über Gedanken dazu und Verhaltenstipps für künftige Sendungen bin ich dankbar. Welchen Stil hätten Sie gewählt? Polternd laut? Zurückhaltend wissenschaftlich? Kompromissbereit? Welche Taktik erleben Sie selbst am ansprechendsten, wenn Sie TV-Diskussionssendungen sehen? Ich bin gespannt!
Falls jemand trotz allem Lust verspüren sollte, sich dieser Sendung auszusetzen: https://www.servustv.com/at/Medien/Talk-im-Hangar-7142
Kommentare (89)