Was uns wirklich bestürzt hat, waren die Tränen unseres Kindes, das heute morgen in einen echten Konflikt geriet, ein Konflikt zwischen Autoritäten: der Erzieherin, die er sehr schätzt und der er gern zuhört und uns – er nimmt Wissensinhalte eben auch sehr ernsthaft und begeistert auf, mit der gleichen Begeisterung gibt er sie wieder und brach in Tränen aus, als wir ihm sagten, dass das Ganze so nicht stimme. Wir haben ihm die Dinge in aller Ruhe erklärt, ich habe ihm Edelsteine gezeigt und erzählt, dass ich sie früher gesammelt habe – dass Menschen in der Antike und im Mittelalter diesen Steinen Heilkräfte zugesprochen haben und auch in Dichtung und Märchen Edelsteine eine große Rolle spielen. Edelsteine können auch gerne eine Bedeutung für ihn haben, warum auch nicht – so wie wir einst als Kinder gespielt haben, „Amulette“ würden uns wie die Wikinger vor diesem oder jenem Troll schützen. Ich habe ihm zum Trost auch erzählt, wie die schwarzen Kerzen meiner Tante mich vor Gewittern schützen sollten und ich hingebungsvoll in die Flamme starrte – obwohl ich dann doch lieber dem Hinweis meines Vaters auf den Blitzableiter vertraute….
Wir wollen gewiss unser Kind nicht „entzaubern“, ihm den Glauben an Osterhase, Weihnachtsmann, Elfen und was auch immer nehmen, dazu sind diese Dinge zu schön, zu spannend, zu wertvoll, weil sie unser Leben erst schön machen und bereichern. Fantasie Dichtung, Märchen, Literatur und Glaubensbereiche bieten hier ja wunderbare Möglichkeiten.
Die Verwirrung und Traurigkeit heute morgen hat besonders mir sehr zugesetzt, so dass ich sogar zweifelte, ob es gut war, ihn hier aufzuklären. Man kann Kindern aber ja durchaus , wenn sie neugierig fragen, sagen, „mir hilft das“, „für mich ist das gut“ – dann kennzeichne ich diese Dinge schon sprachlich ganz klar als Privatsache. Das sind aber Gegenstände, die als scheinbare „Wissensinhalte“ und als nachweislich esoterische Inhalte keine Grundlage für einen Morgenkreis oder Unterricht irgendwelcher Art sein sollten – weil sie dafür nicht taugen.
Daher unsere Bitte: bitte versuchen Sie auch in Zukunft (Privat-)Glauben und Wissen zu trennen. Wer seinen Kindern Bernsteinketten umhängen will, soll das tun – eine etwaige „Heilkraft“ aber als verallgemeinerbares Wissen zu deklarieren, überschreitet für uns eine Grenze. Wir nehmen gewiss niemandem seinen Glauben und das hier ist kein „Angriff“ – wir möchten aber erinnern, dass bestimmte Dinge doch einfach in den Privatbereich gehören.
Eine Institution wie ein städtischer Kindergarten wird gerade auch in Zukunft die entscheidend wichtige Aufgabe haben, Kindern alles das mitzugeben, was sie zu Menschen formt, die dem Leben gewachsen sind – einmal, weil sie das kennenlernen, was an Dichtung (dazu gehören auch Märchen), künstlerischer und religiöser Überlieferung und Tradition von hohem Wert ist, weil der Mensch eben nicht nur „vom Brot allein“ lebt und all das unser Leben erst schön und reich macht! Wenn Sie meine Chemie- und Physiknoten sehen, wissen Sie, dass ich gewiss kein Vertreter einer alles „entzaubernden“ Naturwissenschaft bin noch sein kann 😉 – anders als mein Mann, der sich da besser auskennt, bin ich ja ganz im Literatur- und Kunstbereich zuhause.
Das Gegengewicht aber, die Fähigkeit, Faktisches von Nicht-Faktischem trennen zu können, wird in Zukunft eine Fähigkeit sein, die unsere Kinder dringend brauchen werden, um zu verhindern, dass unser Urteilsvermögen verwirrt und bereits Erreichtes – z. B. aufgeklärtes Denken als Grundlage der Moderne, der Demokratie – wieder verloren geht. Da kann man auch im Kindergarten schon sehr viel für tun – nicht einfach, aber eine so wichtige Aufgabe!
Anbei ein Einstieg in die Thematik „Edelsteinwasser“ und „Heilsteintherapie“ aus einem Wiki inklusive Quellenangaben.
Herzliche Grüße,
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