Ich bin zur Zeit in Padua (Italien, nahe Venedig) auf der UCNS Konferenz für kompakte, beschleunigerbasierte Neutronenquellen. Venedig hat mich dann auch schon direkt in die richtige Stimmung versetzt, denn mein Lieblingsroman aus dem Steampunkbereich (“Die zerbrochene Puppe” von der großartigen Judith Vogt und ihrem Physiker-Ehemann aus Aachen) beginnt ebenfalls auf einer wissenschaftlichen Konferenz in Venedig.
Die Konferenz in Padua hat dann diese ersten Eindrücke auch mehr als bestätigt, als ich meinen Laptop in dem historischen Saal der Universität von Padua auf dem selben Rednerpult platzieren durfte, auf dem auch schon Kopernikus und Galileo ihre Notizen abgelegt haben… große Fußstapfen und so.
Aber ich will ja nun hier kein Reisetagebuch schreiben, sondern mich mit Wissenschaft beschäftigen und da habe ich nun noch mal wirklich genug Stoff für die nächsten Wochen dieses Blogs.
Ich denke, ich werde mit einer Vorstellung von beschleunigerbasierten kompakten Neutronenquellen im Allgemeinen beginnen, den Vor- und Nachteilen gegenüber einem Forschungsreaktor, der Neutronen mit Kernspaltung produziert und natürlich Anwendungsbereiche. Da werde ich dann sicher einen eigenen Artikel für BNCT (Boron neutron capture therapy) verwenden. Dies ist eine Anwendung aus der Strahlentherapie, wo einem Patienten ein Bor-angereichertes „Kontrastmittel“ verabreicht wird, welches sich vor allem in Tumoren festsetzt, wo es dann mit hoch energetischen Neutronen beschossen wird. Diese Neutronen werden vom Bor eingefangen und produzieren in der Tumorzelle hautsächlich Alpha-Strahlung, wodurch diese zerstört und der Tumor beseitigt wird.
Sicher einen eigenen Beitrag ist auch der aktuelle Stand der ESS wert. Der Grundstein zur Europäischen Spallationsquelle wurde gerade mal vor ein paar Monaten gelegt und über den Winter haben die Schweden schon extrem viel Beton gegossen, so dass der größte Linearbeschleuniger der Welt bereits vor dem Zeitplan eine hübsche neue Wohnung haben könnte. Eine Einführung in die ESS habe ich ja mal von Captain Jean-Luc Picard geben lassen, aber frischere Informationen als vom technischen Leiter persönlich wird selbst er nicht haben.
Zeitnah werde ich aber wahrscheinlich leider nicht dazu kommen, all diese Artikel runterzuschreiben, denn sobald ich hier fertig bin, fliege ich erst mal direkt zum Forschungsreaktor FRM II nach Garching bei München, um meine abgebrochene Messzeit von vor zwei Wochen fortzusetzen. Dies ist nämlich auch der Grund, warum es hier in den letzten Wochen so still gewesen ist. Ich habe ein recht aufwendiges Experiment vorbereitet und dann auch schließlich im Reaktor durchgeführt, als dieser dann unerwartet an einem wunderschönen Samstagnachmittag aufgrund eines Fehlers heruntergefahren werden musste. Dieser Störfall betraf zwar nur die kalte Neutronenquelle (eine Kältemaschine war ausgefallen) und nicht den Reaktor selber, aber aufgrund von Sicherheitsprotokollen wird der Reaktor heruntergefahren, sobald der Neutronenfluss irgendwie von der Norm abweicht und das bedeutete dann erst mal das vorzeitige Ende für meine Tätigkeit dort.
Nun ja, aktuell läuft der Reaktor wieder und sobald ich in München bin, kann ich weiter machen. Diesmal werde ich es voraussichtlich nicht schaffen, live aus dem Reaktor zu berichten, aber wenn alles glatt läuft, sollte ich schnell durch sein und kann dann gegen Ende des Monats meine Schreibarbeit hier im Blog wieder aufnehmen. Genug zu berichten hätte ich auf jeden Fall.
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