In den Nachrichten im Radio wurde gerade vom aktuellen Bericht des Friedensforschungsinstitutes SIPRI berichtet und auch wenn ich normalerweise nichts zu aktuellen Themen schreibe, möchte ich hier mal eine Ausnahme machen.
Grundsätzlich wird in dem SIPRI-Bericht gesagt, dass die Zahl der Atomwaffen auf der Welt zwar sinkt und alte Waffen aus dem kalten Krieg demontiert werden, aber eben auch, dass aktuell immer noch neue Waffen entwickelt und verbessert werden. Gibt es bei Atombomben eigentlich überhaupt noch Verbesserungspotential?
Ja, eindeutig. Grundsätzlich ist eine Atombombe recht einfach. Man muss nur genug spaltbares Material nah genug zusammen bringen, so dass die freiwerdenden Neutron bei einem Spaltvorgang mehr als eine weitere Spaltung auslösen und so eine Kettenreaktion in Gang kommt. Die ersten Atombomben im zweiten Weltkrieg schossen einfach ein Uranprojektil auf ein Urantarget, diese überschreiten zusammen die kritische Masse… Kettenreaktion, Boom. Dabei kommt aber z.B. nur 1 von 60kg angereichertem Uran zur Reaktion, so dass sie verhältnismäßig ineffektiv sind und eben viel Potential zur “Verbesserung” besteht.
Um die Effektivität zu steigern kann man versuchen, viel spaltbares Material näher zusammen zu bringen und dies besser zeitlich abzustimmen, so dass effektiv mehr Material zur Spaltung gebracht werden kann. Außerdem können Reflektormaterialien eingesetzt werden, die die Neutronen “in der Mitte” halten und so mehr Spaltprozesse bewirken. Früher wurden dafür Atombombentests gemacht und heute wird das ganze simuliert.
Dafür gibt es Programme, wie z.B. MCNP. Das steht für Monte Carlo N-Particle Transport Code und simuliert, wie sich ein einzelnes Teilchen (z.B. ein Neutron) durch eine gegebene Geometrie aus verschiedenen Materialien bewegt. Sprich, das Programm beschreibt, wie ein Neutron in einem Spaltprozess entsteht, wie es dann durch das umgebende Material fliegt, gestreut wird und ggf. auf ein Uranatom trifft, um dort einen weiteren Spaltprozess auszulösen, deren Teilchen (und Wege) dann wiederum simuliert werden. Die Effektivität solcher Programme wird hauptsächlich von der Qualität der zugrundeliegenden Datenbanken bestimmt, in denen genau beschrieben werden muss, welche Wahrscheinlichkeiten für welche Ereignisse zugrunde gelegt werden. Diese Simulationen bringen selbst moderne Großrechner an ihre Grenzen und je nachdem, was für Systeme nachgebildet werden sollen, ist Rechenzeit tatsächlich ein relevanter Faktor.
Damit wäre dann auch direkt erklärt, warum es auch heutzutage noch Weiterentwicklung im Bereich der Atomwaffen gibt. Bessere Simulationen eröffnen immer neue Arten und Wege, die Geometrie und Materialzusammensetzung von Atombomben zu optimieren, so dass immer weniger spaltbares Material für die gleiche Wirkung benötigt wird. Soweit ich es mitbekommen habe, sind aktuelle Forschungen auf dem Gebiet sogar so weit, dass noch nicht mal mehr sonderlich hoch angereichertes Uran für eine Bombe gebraucht wird, wie ich schon mal am Rande dieses Artikels https://scienceblogs.de/nucular/2015/03/31/brauchen-wir-hoch-angereichertes-uran/ geschrieben hatte.
Wie sieht die Zukunft aus? Lasergetriebene Kernfusion und alle anderen Prozesse zur Neutronenproduktion, über die ich hier so rede, können nicht nur zur Gewinnung von Energie oder zur Forschung eingesetzt werden, sondern auch zur Zündung von Atomwaffen. Sicher werden immer neue, “bessere” und effektivere Atomwaffen gebaut werden. Technisch gibt es da nicht wirklich eine obere Grenze. Die einzige Möglichkeit, dass wir den vierten Weltkrieg nicht mit Stöcken und Steinen ausfechten, ist eine politische Lösung und da scheint nicht nur SIPRI leider recht skeptisch zu sein.
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