Wenn eine Strahlenschützerin mit Becquerel, Gray oder Sievert um sich wirft, dann ist das vielleicht wissenschaftlich richtig (obwohl sich der Physikerin bei Sievert auch die Zehennägel aufrollen), aber die meisten können sich nichts drunter vorstellen. Würde sie jetzt die Dosisleistung in Bananen angeben, dann wäre das zwar etwas verständlicher, aber ich fürchte auch nicht wirklich zielführend. Das heißt, solange niemand auf eine bessere Idee kommt, eine Dosisleistung einfach zu erklären, müssen die meisten Menschen einfach der Wissenschaftlerin vertrauen…
Das ist dann der Punkt, wo die Verschwörungstheorien anfangen und alle Strahlenschutzbeauftragten mit der Atomlobby in einen Topf geworfen werden. Wir Menschen vertrauen halt nicht gerne einer Person oder etwas, das wir nicht verstehen.
Ich bin der Meinung, dass eine Möglichkeit gegen dieses Dilemma eben emotionale Kommunikation sein kann. Wenn ich als Wissenschaftlerin rational auftrete und nur logisch argumentiere, dann verliere ich den Großteil meiner Zuhörerinnen. Daher habe ich von Anfang an in diesem Blog von meiner Familie geredet. Das ganze geht auf ein Prinzip zurück, das mein Wachleiter bei der Feuerwehr vertreten hat. Er behandelte die auszubildenden Rettungssanitäterinnen nach dem Merksatz: “Bei mir bestehen nur die Leute die Prüfung, bei denen ich es zulassen würde, dass sie meine Kinder behandeln, wenn diese einen Autounfall hätten.”
Das ist ein hartes Kriterium und auf unserer Wache sind einige durchgefallen, die anderswo ihre Prüfung geschafft hätten.
Nun habe ich keine Kinder, die ich in die Waagschale werfen kann, aber ich kann durchaus behaupten: “Diese Strahlenbelastung ist so niedrig, ich hätte kein Problem damit, wenn meine Brüder (meine Eltern, meine Freunde) sich dort aufhalten würden.” Anstatt zu sagen: “Dieser CASTOR-Behälter ist sicher, in 1m Entfernung messe ich nur 1µSievert extra pro Tag”, könnte die Strahlenschützerin auch sagen: “Weil ich nur 1µSievert extra Strahlung messe, ist es so sicher, dass ich hier mit meinem Partner und meinen Kindern spazierengehen würde” bzw. frei nach dem Motto “Taten sprechen lauter als Worte” sowas dann auch tatsächlich machen könnte.
Bei den ersten solcher Demonstrationen würde ich einen ziemlichen Aufschrei der empörten Massen erwarten… oder auch nicht. Ich lag da schon öfter mal falsch, aber unterm Strich kann es auf keinen Fall schaden, bei so einem emotionalen Thema eben auch mal emotional und subjektiv zu kommunizieren, auf Augenhöhe halt, anstatt wissenschaftlich, logisch und rational. Es ist wesentlich leichter, der gesichtslosen Strahlenschutzbeauftragten Kollaboration mit den finsteren Mächten der Atomlobby vorzuwerfen als der lustigen Wissenschaftlerin, die mit einer Banane nett in die Kamera lächelt und Fotos von ihrem Essen im Internet hochlädt.
Oder um die Grinsekatze aus Lewis Carroll “Alice’s Adventures in Wonderland” zu zitieren: “You see, a dog growls when it’s angry, and wags it’s tail when it’s pleased. Now I growl when I’m pleased, and wag my tail when I’m angry. Therefore I’m mad.” Tja, aber das ist ja eben ein fundamentales Problem der Wissenschaftskommunikation, dem sich gerade (unter andem hier bei SB) gestellt wird.
Dem entgegen steht natürlich das Prinzip, sich in einem Job eben nicht persönlich zu engagieren bzw. das wesentlich komplexere Thema, ob bzw. inwieweit ich mich persönlich in meiner Arbeit engagieren will und ob ich die Anliegen meiner Firma zu meinen eigenen mache(n möchte). Aber das werde ich hier sicherlich nicht auflösen können und mich auch gar nicht erst dran versuchen.
PS: Eine andere Idee, die Strahlenschutz und Open Source betrifft, habe ich früher schon mal formuliert und diese mag ich hier ebenfalls noch kurz erwähnen.
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