In vielen Dark-Future-Szenarien haben atomar verstrahlte Badlands oder vergleichsweise Katastrophen einen festen Platz. Seit dem zweiten Weltkrieg kümmern sich eben nicht nur Wissenschaftlerinnen um das Thema der nuklearen Bedrohung, sondern es ist in den mannigfaltigsten Formen in der Gesellschaft angekommen.
Ein klassisches, immer wiederkehrendes Motiv ist ein großer Krieg, der mit Atomwaffen geführt wurde oder in dem anderweitig nuklearer Fallout erzeugt wird (z.B. werfen angreifende Außerirdische Gesteinsbrocken aus dem All auf Atomkraftwerke). Diese radioaktiv verstrahlten Menschen, Nahrungsmittel oder Gelände beeinflussen dann den Plot, die Geschichte, den roten Faden der Erzählung. Dabei ist es aber sehr schwer Radioaktivität darzustellen, denn man kann sie ja eben weder sehen noch fühlen, riechen oder schmecken, was die entsprechenden Künstlerinnen leider oft zu Darstellungen treibt, die… naja, halt einfach ziemlicher Schwachsinn sind.
Dabei bin ich ganz und gar kein Verfechter von Realismus in Literatur und Film, denn ein fantastisches, beflügelndes Buch erreicht seinen Charme ja eben gerade dadurch, dass es sehr besondere Dinge beschreibt, die extrem unwahrscheinlich, aber eben vielleicht doch noch möglich sind. Ich habe dieses Phänomen unter dem Namen “Suspension of disbelief” kennen gelernt. Kurz und knapp bedeutet das, dass ein Gimmik im Film (z.B. ein Raumschiff) nicht realistisch sein muss, sondern nur gerade so “echt”, dass es dem Geist der Zuschauerin erlaubt wird, diese eigentlich unmögliche Sache zu akzeptieren und es als wahr anzusehen.
Wenn zum Beispiel in “Liga der außergewöhnlichen Gentleman” die 30 Meter hohe Nautilus aus einem 5 Meter tiefen Kanal in Venedig auftaucht, dann schreit mein Hinterkopf laut “Schwachsinn!”, während ich in Star Trek ohne Probleme einen Antrieb akzeptieren kann, der schneller ist als das Licht… denn das Raumschiff hat ja diese tollen Gondeln hinten dran, die das offensichtlich können.
Radioaktivität wird grundsätzlich dargestellt durch Leuchten, Explosionen, kranke Menschen und Mutationen. Was davon geht, was geht nicht?
Leuchten: Dabei gibts mehrere Mechanismen. Tscherenkow-Strahlung tritt auf, wenn sich ein Teilchen schneller bewegt als das Licht. Das ist quasi die Schallmauer beim Licht. Es ist toll, sieht gut aus, ist plausibel (für sehr hoch energetische Strahlung) und bestimmt schön zu verwenden. Wir sprechen hier natürlich von der Lichtgeschwindigkeit in einem anderen Medium als Luft, also liebe Regisseurinnen: Immer ein Wasserbad bereithalten. Radiolumineszenz entsteht, wenn ein Farbstoff die Energie der Strahlung in Licht umsetzt. Dies wird heutzutage in Lampen (Notausgangsschilder) benutzt. Durch Hitze: Ein Klumpen Uran wird so heiß, dass das Metall anfängt zu glühen. Das leuchtet dann je nach Temperatur rot bis weiß, wird aber auch dementsprechend heiß und sollte nicht auf dem Tisch herumliegen. Darüber hinaus gibt es noch Sachen, wie Uranglas und andere radioaktive Dinge, die leuchten. Leuchten ist also sehr plausibel.
Explosionen: Atombomben und der charakteristische Pilz kommen in vielen Filmen vor und sind sehr beliebt. In Science-Fiction-Büchern gibt es dann auch noch mal gerne Atomgranaten oder sogar Munition, die kleine Atomexplosionen hervorruft. Zur Miniaturisierung von Atombomben haben ich ja schon mal was geschrieben und daher auch hier ein Daumen hoch auf der Plausibilitätsskala.
Kranke Menschen: Ja, Radioaktivität kann Schäden verursachen und dazu habe ich ebenfalls schon viel geschrieben. Bitte achtet hier darauf, dass Krebs längere Zeit braucht, um sich zu entwickeln und alle kurzfristigen Schädigungen auf Organ- und Gewebeschäden (bei sehr hoher Strahlung) zurückzuführen sind.
Mutationen: Nein! Nein! Nein! Ionisierende Strahlung kann zwar Mutationen auslösen… diese Mutationen sind aber nichts anderes als Krebs und die machen genau das, was Krebs eben tut und nichts anderes. Es gibt (leider) keine dritten Augen, Arme oder sonstige Körperteile und keinen Riesenwuchs oder so. Alle diese “Mutationen” bräuchten viel Zeit… Evolution eben. Gerade wo ich diesen Absatz schreibe, merke ich, dass ich dafür wohl einen eigene Artikel brauche. Liebe Autorinnen, wenn ihr Leuten coole Mutationen verpassen wollt, dann erfindet bitte auch eine neue exotische (erfundene) Strahlung, die das bewirkt, denn herkömmliche Radioaktivität tut dies sicher nicht.
Physikerinnen im Allgemeinen und ich im speziellen sind große Fans von Science-Fiction und allen Arten von Magie, die es dort draußen in der Literaturwelt gibt. Wir sind auch nicht sonderlich anspruchsvoll, aber bitte, bitte, ein kleines bisschen Recherche Arbeit (oder Konsultation von “Fachpersonal”) darf es ruhig sein. Ich verspreche auch im Gegenzug in Zukunft mehr auf meine Rechtschreibung und Grammatik zu achten… Wirklich.
PS: Sollte dies hier wirklich mal eine angehende Autorin von entsprechender Belletristik lesen und ein konkretes Projekt mit radioaktiver Strahlung angehen wollen… ich stehe sehr gerne für Fragen zur Verfügung. *g*
PPS: Ich habe einen eigenen Artikel zu “Mutationen” geschrieben.
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