Gerade sind die dreizehnjährigen Atomverhandlungen mit dem Iran erfolgreich abgeschlossen worden und da ich, entgegen meiner ursprünglichen Befürchtungen, mit dem Aufgreifen von aktuellen Themen noch keinen Shitstorm ausgelöst und keine Troll-Köder ausgelegt habe möchte ich dies noch einmal tun und die Frage stellen: “Kann man eine Industrienation eigentlich davon abhalten die Möglichkeit zum Atomwaffenbau zu erlangen?”
Meine einfache Antwort darauf ist: Nein!
Jede Nation, die es schafft eine gute Infrastruktur aufrecht zu erhalten, kann auch erfolgreich ein Atomprogramm unterhalten, wenn sie will. Ich gehe mal so weit zu behaupten, dass selbst große Unternehmen, die über eine entsprechende Infrastruktur verfügen, wie Volkswagen, Ford oder Siemens ein Atomprogramm aufziehen könnten, wenn sie niemand davon abhält. Deutschland z.B. verfügt zwar über keine (eigenen) Atombomben, aber wenn es welche bauen wollen würde, dann wäre das eine Sache von Wochen, wenn man auf existierendes Material zurückgreifen kann und eine Sache von Monaten, wenn man erst noch Uran aus dem Erzgebirge abbauen müsste.
Grundsätzlich besteht das Problem aus zwei Teilen. Erstens benötigt eine Organisation, die eine Atombombe will, dass entsprechende, spaltbare Material und zweitens muss sie es vernünftig zusammenstöpseln. Diese beiden Faktoren sind auch stark von einander abhängig, denn ein effektives Atomwaffendesign erlaubt es immer weniger spaltbares Material zu benutzen und verringert damit die Ressourcen, die für diesen Prozess aufgewendet werden müssen.
Die Anreicherung und Bereitstellung von genug U235 ist ein rein chemisches Problem. Erz muss abgebaut werden und daraus muss dann mit einem rel. aufwendigen Herstellungsprozess das Isotop U235 in möglichst großer Menge gewonnen werden. Das ist zwar nicht mal “einfach so nebenbei” gemacht, aber jeder, der Herstellungsprozesse in industriellem Maßstab beherrscht, kann das auch. Mit dem U235 kommt man dann auch schon recht weit, nur wenn man Plutonium erbrüten will, dann braucht es schon einen entsprechenden Reaktor mit Reflektormaterial, wie z.B. schwerem Wasser. Letztere kann man zwar selber herstellen, aber es erfordert auch wieder eine größere chemische industrielle Anlage.
Dann benötigt man noch ein Design für eine Bombe, was sehr einfach oder auch sehr komplex sein kann. Dabei gilt: Je einfacher ich das Design haben will, desto mehr spaltbares Material brauche ich. Hier kann man also sparen, oder simpel durch mehr Material fehlende Kompetenzen in der Herstellung ausgleichen. Komponenten für moderne Atombombe, wie z.B. Neutronengeneratoren und/oder Schalter für Hochspannungen im Nanosekundenbereich stehen dabei unter einem Exportbann für Dual-Use Güter. Wenn ein Techniker von Simens sowas bestellen will ist das in der Regel kein Problem, aber an “Schurkenstaaten” werden solche Komponenten eben nicht verschickt.
Da haben wir dann auch direkt die erste Möglichkeit, wie man die Verbreitung von Atomwaffen einzudämmen versucht, indem man die Verfügbarkeit von High-Tech Komponenten moderner Atomwaffen einschränkt. Zugegeben, das funktioniert nur, wenn jemand auch tatsächlich moderne Atombomben bauen will (eine Hiroshima-Bombe kann jeder Ingenieur in der Garage zusammenbasteln, wenn er das spaltbare Material hätte), aber es ist zumindest schon mal ein Anfang, vorallem wenn man nun auch noch das spaltbare Material irgendwie begrenzt. Allerdings sind sie High-Tech Materialien und Supercomputer für Monte-Carlo Simulationen aus den 80er Jahre mittlerweile in jedem Smartphone zu finden und es wird sicherlich auch nicht lange dauert, bis Neutronengeneratoren auf Fusionsbasis in jedem Bergwerk der Welt stehen.
Um nun auf die Atomverhandlungen mit dem Iran zurück zu kommen. Eine Industrienation mit Ingenieuren und Forschern und eigenen Abbaustätten von Uran kann man nicht davon abhalten eine Atombombe zu bauen, wenn diese das wirklich will. Die einzige Möglichkeit dazu ist politisch, z.B. durch eine freiwillige Überwachung durch die IAEA. Persönlich kenne ich nur eine Person, die von der IAEA kontrolliert worden ist, aber anscheinend funktioniert das recht gut. Mittlerweile sind die Anforderungen zum Atomwaffenbau so niedrig, dass selbst Nord-Korea welche zusammenschustern kann. Daher bleibt die einzige Lösung uns im vierten Weltkrieg nicht mit Stöcken und Steinen beschmeißen zu müssen, politischer Natur.
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