In meiner Reihe zu Strahlungsschäden wollte ich schon seit langem einmal das Thema “Strahlungsschäden an unbelebter Materie” angehen. Anstatt aber einfach wie bei den anderen direkt mit einem allgemeinen Artikel zu starten möchte ich hier lieber mit einigen Anwendungsbeispielen anfangen. Ganz konkret mit rülpsendem Methan.
Festes Methan (CH4) wird in großen Neutronenquellen dazu benutzt um Neutronen herunterzumoderieren. Thermische Neutronen mit Raumtemperatur treten in das feste Methan ein und stoßen (vornehmlich) an den Waserstoffmolekülen. Durch diese Stöße verlieren sie kinetische Energie, werden kälter und ihre Wellenlänge nimmt zu (von < 1Å zu über 10Å). Wenn sie kalt genug sind, verlassen sie den Moderator wieder (naja würden wir uns wünschen) und können für Streuexperimente genutzt werden um tief in Materialien hineinzugucken.
Leider lassen sie das Methan dabei nicht ganz unbeschädigt, denn dadurch dass sie Energie auf die Wasserstoffatome übertragen ionisieren sie diese und brechen die Bindungen zu ihrem Molekül auf. Das wäre jetzt erst mal nicht so schlimm, aber die freien Radikale rekombinieren dummerweise nicht wieder zu CH4, sondern formen vornehmlich H2 und C2H6. Ansich wäre das auch noch kein Grund zur Besorgnis (zumindest aus neutronischer Sicht), aber leider ist der H2 Wasserstoff bei diesen Temperaturen flüssig oder gasförmig, was vorallem bei letzterem Aggregatzustand etwas problematisch wird.
Der gasförmige Wasserstoff tendiert dazu sich zu sammeln und Blasen zu bilden und da er inmitten des festen Methan-Eises entstanden (und gefangen) ist hohe Drücke zu produzieren. Je nach Temperatur ist festes Methan hart wie Wassereis oder weich wie Honig aus dem Kühlschrank. Ersteres Methan wird beim Einschluss von Wasserstoff einfach aufbrechen und das Wasserstoffgas explosionsartig entweichen lassen. Das ist etwas, das man im Inneren eines Forschungsreaktors oder eines Teichenbeschleunigers nicht wirklich haben will und daher versucht man eher weicheres Methaneis zu benutzten. Bei weicherem Methan kann die Wasserstoffblase dann etwas expandieren und Druck abbauen, bevor sie (wie Luft in Honig) aus dem Methan entkommt.
Im Fachjargon wird das ganze dann “burping-Effekt”, also Rülps-Effekt genannt. Obwohl beim normalen Rülpsen ja eigentlich Methan ausgerülpst wird und nicht Methan ein Wasserstoffgas ausrülpst… naja Physiker und Biologie halt.
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