Das Forschungszentrum Jülich hat unter https://blogs.fz-juelich.de/ ein Blog-Format aufgesetzt, in dem Mitarbeiter nun im Namen – und auf der Homepage – des FZ über ihre Arbeit und Alltagsthemen berichten können. Die zentrale Unternehmenskommunikation hat mich dabei um Meinung und Input gebeten und das Beste, was mir eingefallen ist, war diese Frage postwendend an die wissenschaftsinteressierte Leserschaft Deutschlands weiterzugeben, also an euch.
Grundsätzlich besteht das Interesse des Forschungszentrums darin, die Öffentlichkeitswirkung zu verbessern und für mehr Transparenz zu sorgen. Gerade Letzteres finde ich persönlich sehr toll, denn unterm Strich wird hier ja alles aus Steuergeldern finanziert und da hat die Allgemeinheit natürlich ein Recht zu erfahren, was damit passiert… und natürlich macht Wissenschaft auch total viel Spaß. Wenn also andere daran teilnehmen können, um so besser.
Aber bevor ich zu den konkreten Fragen komme, was denn von so eine Blog überhaupt erwartet werden kann, mal ein paar Rahmendaten zum Forschungszentrum Jülich. Das ganze Zentrum hat ca. 6000 Mitarbeiter und ein höheres Budget als der BND (zumindest das offizielle * g*). Ursprünglich wurde es nach dem zweiten Weltkrieg zur Kernforschung gebaut und daher steht es eben auch auf dem platten Land zwischen Köln und Aachen, damit es so weit wie möglich vom bösen Russen weg ist und nichts Wichtiges in Mitleidenschaft gezogen wird, falls die Atomreaktoren (die es damals noch gab) in die Luft fliegen. Mittlerweile ist der kalte Krieg vorbei und Deutschland ist aus der Atomenergie ausgestiegen, so dass sich auch die Themen entsprechend geändert haben. Mittlerweile gibt es außer der sicheren Entsorgung von Atommüll (und „wie baue ich ein Atomkraftwerk ab“) keine Forschung mehr zu Spalttechnik und der Fokus liegt auf Energie und Umwelt (z.B. Wasserstoffspeicher und Fusion), Information (Supercomputer und Festkörperphysik) und Medizin.
Das FZ ist in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren. Würde man die Forschungsschwerpunkte in Deutschland nach Grundlagenforschung und Anwendung auftragen, dann würden sich Quadranten ergeben, die nach repräsentativen Wissenschaftlern benannt wurden. Der Bohr-Quadrant mit viel Grundlagenforschung und wenig Anwendung wird von der Max-Planck-Gesellschaft eingenommen, der Edison-Quadrant mit viel Anwendung und wenig Grundlagenforschung von der Fraunhofer-Gesellschaft und der Pasteur-Quadrant mit einer guten Kombination aus beidem eben von der Helmholtz-Gesellschaft. Dieser gesellschaftliche Auftrag sollte nach Möglichkeit in der Forschung repräsentiert werden, auch wenn die einzelnen Zentren und Institute ziemlich viel Freiheit haben.
Aber mal zurück zu dem, was so ein Blog überhaupt erreichen soll. Bis die gerade erforschte Wissenschaft aus den Arbeitsgruppen über Publikationen, Wissenschaftsjournalisten und Medien in der Bevölkerung angekommen ist, vergeht meist nicht nur viel Zeit, sondern es gehen auch viele Sachen dabei verloren. Gerade die Passion, mit der die meisten Wissenschaftler leidenschaftlich an ihren Themen arbeiten, bleibt dabei auf der Strecke und vor allem das ist meist das richtig tolle an der ganzen Geschichte. Im Zeitalter der sozialen Medien kann man diesen Schritt nun abkürzen und Scienceblogs ist da z.B. ein super Anlaufpunkt für. Das soll mit dem Mitarbeiterblog im Forschungszentrum Jülich noch mal intensiviert werden, denn während hier bei SB ja eigentlich nur Leute schreiben, die sowieso schon hobbymäßige, halbe (oder ganze) Wissenschaftsjournalisten sind, werden es beim Jülich-Blog eher Wissenschaftler sein, die damit bislang noch nichts zu tun hatten.
Am deutlichsten wird sich das wahrscheinlich in der Frequenz der Artikel niederschlagen. Ich selber muss ja auch schon öfter mal Monate pausieren, wenn bei uns gerade eine komplexe Messkampagne ansteht, aber ich bin im Schreiben mittlerweile schon recht routiniert und habe eine Infrastruktur, von Helfershelfern, die Korrektur lesen können oder ein paar Bilder anfertigen. Sowas wird es bei „den Neuen“ eher nicht geben. Dafür werden die sich dann aber wahrscheinlich auch direkt ihr spezielles Forschungsgebiet schnappen, zu dem sie Sachen schreiben und nicht einfach so wie ich wild im groben Fachgebiet herumwildern.
Da kommt dann auch direkt meine erste konkrete Frage an die Allgemeinheit (ich versuche mal verzweifelt das Wort “Schwarmintelligenz” zu ignorieren): Über was für Themen sollte so ein Gelegenheitsblogger berichten? Sein eigenes Fachgebiet, in dem sich weltweit vielleicht nur 8-12 Menschen richtig gut auskennen oder lieber allgemeine Themen, wie meine Bananen?
Auf welchem Niveau sollten solche Artikel sein? Ich schreibe, wie die meisten andern SB-Blogger auch, für Leute mit einer überdurchschnittlichen Schulbildung. Das heißt, dass man die meisten Artikel ohne Wikipedia-Recherche lesen kann, wenn man sich noch an den naturwissenschaftlichen Unterricht erinnert. Ein Kontrast dazu wären z.B. Artikel im Physik-Journal der DPG bei dem die Artikel so geschrieben werden, dass sie ein normaler Physiker lesen kann ohne die Begriffe nachzuschlagen, wenn er sich noch an sein Studium erinnert. Ich würde für den JuBlog zweiteres vorschlagen, denn solche Artikel sind meist interessanter (weil detaillierter) und können auch von allen anderen gelesen werden, wenn sie sich die entsprechenden fehlenden Informationen aus Wikipedia holen. Ich habe z.B. immer Biologie Artikel zu Spezialthemen sehr genossen, auch wenn ich nach jedem zweiten Satz stoppen und mir erst mal anlesen mussten, was denn ein XYZ-RNS-Trace jetzt überhaupt macht.
Und letzendlich: Was sollte ein postender Wissenschaftler von seinem Alltag und seinem persönlichen Schicksal einfließen lassen? Möchtet ihr darüber Lesen, wenn sich jemand Sorgen macht, der aktuell geschriebene Artikel könnte vom Journal abgelehnt werden? Ist es interessant wenn jemand einen Monat lang schlaflose Nächte hat, weil sein Wissenschaftsprojekt gerade evaluiert wird und die ganze persönliche Zukunft an einem einzigen Gutachten hängt? (Mal vorausgesetzt, es finden sich überhaupt Leute, die bereit sind derart persönliche Informationen zu teilen)
Ich bin euch für alle Anregungen zu dem Thema sehr dankbar und nach meinen Gesprächen mit der Unternehmenskommunikation des Forschungszentrums bin ich mir sehr sicher, dass jeder vernünftige Vorschlag dabei sicherlich auch interessierte Zuhörer finden wird… Und falls ihr Zeit habt, sind wir alle über einen Besuch bei https://blogs.fz-juelich.de/ natürlich auch sehr froh.
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