Da ich jetzt gerade angefangen habe einem der häufigsten Leserwünsche nachzukommen und darüber zu reden, wie man Strahlung als Normalbürger messen kann, ist es mir sehr wichtig auch schon direkt darüber zu schreiben, wie man solche Messergebnisse interpretieren kann und sollte. Dies ist im Allgemeinen nämlich wesentlich wichtiger, als überhaupt irgendeinen Messwert zu erhalten.
In meiner täglichen Arbeit ist Strahlung in der Nähe eines Instrumentes immer etwas schlechtes und ein Gesundheitsrisiko. Deswegen versuchen wir dieses Gesundheitsrisiko zu verringern und legen da die gleichen Maßstäbe an, wie auch sonst so in der Arbeitssicherheit. “Steht der Grad der Gefährdung in einer Relation zum Grad des Aufwandes, den ich betreiben muss um die Gefährdung auszuschließen?” ist dabei eine der Kernfragen. Oder anders ausgedrückt: Wenn ich schlimmstenfalls von der 60 cm hohen Trittleiter falle, brauche ich dann wirklich ein Tragegeschirr mit Rückhaltesystem, mehreren Anschlagpunkten und einen anwesenden Höhenretter, wenn ich nur ein paar Akten aus dem oberen Schrank holen will?
Bei dem gerade erwähnten Fall würde ich natürlich zu dem Schluss kommen, dass man auch ohne Sicherung auf die Trittleiter steigen kann um Akten aus dem Schrank zu holen, aber natürlich gibt es auch das anderen Extrem und Arbeiten, die überhaupt gar nicht erst durchgeführt werden können, weil es zu gefährlich ist. Mein Bruder, der Industriekletterer, hat da immer ein paar sehr eindrucksvolle Beispiele parat.
Im Falle der Strahlung möchte ich mal den sog. C-Bogen ins Spiel bringen. Das ist ein Röntgengerät, dass eben wie ein C geformt ist und oft im Operatiossaal während einer Operation eingesetzt wird um Bilder aus dem Inneren des Patienten zu erhalten. Dabei tragen dann alle im OP die bekannten Bleischürzen, um sich vor der Strahlung zu schützen. Das ist leider aber nur die halbe Miete, da der Operateur öfter mit seinen Händen direkt im Strahl arbeitet und diese somit direkt der Strahlung ausgesetzt sind. Könnte man den Arzt nicht vor der Strahlung schützen? Ja, das kann man, denn es gibt auch Bleihandschuhe, wie z.B. diese hier . Allerdings sind diese (Bauartbedingt) viel zu klobig und die meisten Operationen könnten so gar nicht erst durchgeführt werden. Es wird also eine Bewertung vorgenommen zwischen der Gesundheitsgefährdung des Arztes, des Patienten und solch banalen Sachen, wie der zusätzlichen Dauer (Kosten) und dem Komfort des Arztes.
Was hat das nun alles mit dem Normalbürger zu tun? Die normale Strahlenexposition eines Deutschen liegt zwischen 0,5 und 3 mSv / Jahr. Das hängt vor allem vom Wohnort ab und im Erzgebirge und in den Alpen ist die Exposition um mSv / Jahr höher, als im Flachland. Wenn wir also alle Deutschen vor Strahlung schützen wollen würden, dann müssten alle Bewohner aus den Alpen und dem Erzgebirge ihre Heimat verlassen und nach Norden ziehen. Da ich gerade heute im Erzgebirge unterwegs bin und die Gegend bei kleineren Wandertouren sehr zu schätzen gelernt habe, habe ich doch schon etwas dagegen diesen Landstrich zu entvölkern. Das wäre sehr schade drum.
Heist das nun im Umkehrschluss, dass ein paar mSv pro Jahr mehr oder weniger tollerabel sind? Jain! Den im Allgemeinen möchte ich natürlich die Strahlung soweit reduzieren, wie möglich und 1 mSv / Jahr sind aus Sicht eines Strahlenschützers schon recht viel. Wenn jemand bei einem unserer Experimente deutlich mehr als 10µSv / Tag abbekommt, dann wäre das für uns schon ein Grund wesentliche Sicherungsmaßnahmen einzuleiten um das Niveau wieder unter 10 µSv / Tag und/oder 3 µSv / h zu drücken.
Was heißt das ganze nun für den Normalbürger? Wenn man sich nun bei Conrad oder einem anderen Elektronikverkäufer ein Strahlungsmessgerät für 200€ kauft und seine Fliesen auf radioaktive Mineralien überprüft, seinen Keller auf Radon, seine Umgebung auf Einflüsse von Atommülltransporten etc. pp. Dann wird man wahrscheinlich immer nur Werte im Bereich von 0,1 – 10 µSv / h messen, die zusammen aufaddiert eben nur den Unterschied zwischen einem Normalbürger ausmachen der in Hannover lebt und einem, der in den Alpen seine Heimat hat.
Natürlich kann man jetzt aktiv werden um die Strahlenbelastung zu senken. Ein Ventilationssystem im Keller installieren, die Fliesen im Bad durch andere, weniger strahlende, ersetzen etc. pp. Aber bevor man nun deswegen einen Kredit aufnimmt, ein Magengeschwür (wegen der zusätzlichen Arbeit fürs Abzahlen des Kredites) bekommt oder eine Staublunge durch die Umbauarbeiten, dann kann man die Werkelei auch direkt sein lassen und mit der Strahlung leben. Die Gesundheit würde durch Magengeschwür und Staublunge wesentlich mehr beeinträchtigt werden, als durch das bischen mehr Strahlung. Zeit, Energie und Geld in die Vermeidung von schädlichen Chemikalien und in Sport und sonstige Gesundheit zu investieren wird meist wesentlich mehr bringen. Wenn man natürlich genug Zeit und Geld hat solllte man alles machen… Oder teilen 😉
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