Neutronen sind in vielerlei Hinsicht eine besondere Art der ionisierenden Strahlung und eine spezielle Eigenschaft, die uns immer mal wieder einen Strich durch die Messung macht, ist, dass nicht alle Neutronen (unabhängig von ihrer Energie) mit der gleichen Art von Detektor gemessen werden können. Dies liegt vor allem daran, dass hoch energetische Neutronen (im Bereich von Kilo und Megaelektronenvolt) – vereinfacht ausgedrückt – durch so ziemlich alles durchgehen, während Neutronen mit einer niedrigen Energie (im meV-Bereich) überall drin stecken bleiben.
Das stellt auch die Dosimetrie vor eine Herausforderung, denn die “normalen” Albedodosimeter sind für den Bereich thermischer Neutronen gedacht und weisen eben primär diesen Bereich der rel. niedrigen Energien nach. Für die meisten Anwendungen ist das auch ausreichend, denn die Neutronen, die bei der Kernspaltung oder der Kernfusion frei werden, haben maximal eine Energie von 14MeV. Aber wenn ich jetzt z.B. Neutronen durch Spallation erzeuge (wenn ich mit einem riesigen Teilchenbeschleuniger auf ein Wolfram-Target schieße), dann kann ich auch Neutronen im 100MeV- oder sogar GeV-Bereich freisetzen, die dann erst mal durch dutzende Meter an Stahl, Blei oder vergleichbarem Material durchgehen, bevor sie abgebremst und damit messbar werden.
Um aber auch für diese Neutronen eine verlässliche Strahlenschutzüberwachung zu gewährleisten, gibt es sog. Neutronen-Kernspurätzdosimeter[1]. Diese bestehen aus einer klar definierten Platte aus CR-39 Polyallyldiglycolcarbonat oder einfach ausgedrückt “Plastik” – aus dem auch Brillen hergestellt werden – in einer entsprechenden Verpackung. Die wenigen Neutronen, die trotzdem mit den Wasserstoffatomen in dem CR-39 interagieren, übertragen dabei einen gewissen Teil ihrer Energie als Rückstoß auf das Wasserstoff-Proton. Dieses geladene Teilchen ist mit der Masse an Energie (badabum) total überfordert und richtet in dem Plastik eine wahre Schneise der Vernichtung an (proportional zur übertragenen Energie und Richtung). Diese Schneise der Vernichtung ist ein Kratzer im Plastik und kann nach chemischer Behandlung (z.B. mit Natronlauge) als Ätzgrube optisch ausgelesen (sprich gezählt) werden.
Um nun eine Dosis zu erhalten, muss man das Ganze nur noch mit einer bekannten Quelle bzw. einem bekannten Neutronenfluss eichen und man kann nach einer entsprechenden Auswertung (z.B. alle drei Monate) dem armen Physiker (oder Astronauten) sagen, wieviele schnelle Neutronen (oder besser Dosis von schnellen Neutronen zwischen 200keV und 1GeV) er denn im letzten Quartal abbekommen hat. Dabei können allerdings erst Dosen ab 0,5mSv verlässlich angezeigt werden, da bei niedrigeren Dosen die Anzahl der Zählereignisse nicht ausreichen, um eine vernünftige Statistik zu gewährleisten und selbst bei dieser Dosis liegt die Messungenauigkeit immer noch bei um die 30%.
Schnelle Neutronen sind immer ein wenig speziell, aber aus strahlenschutztechnischer Sicht eher harmlos (also so “harmlos” wie z.B. Gammas), da sie eben meist einfach nach einer Interaktion den menschlichen Körper wieder verlassen (falls es überhaupt zu dieser Interaktion kommt) und die Zelle, die sie bei dieser Interaktion getroffen haben, auch so restlos zerstören, dass diese einfach nur abstirbt und entsorgt wird, statt Krebs auszulösen.
Alle meine Artikel zu Detektoren gibt er hier.
Kommentare (9)