Nicht nur Menschen, sondern auch Pferde können mit den neuesten bildgebenden Verfahren mit Hilfe von ionisierender Strahlung durchleuchtet werden. Dabei ist das Equimagine (siehe Link) für mich ein super Beispiel was moderne Röntgenanlagen leisten können und wie sie überhaupt funktionieren.
Aber zuerst mal zu besagtem Roboteram-CT für Pferde. Das Röntgengerät besteht grundsätzlich aus zwei Roboterarmen, auf einem ist die Röntgenröhre platziert und der andere trägt den Detektor. Im Betrieb fahren die beiden Roboterarme in einem klar zueinander definierten Abstand um den Teil des Pferdes herum, der geröngt werden soll, und die Röhre produziert Röntgenstrahlen, die von dem Detektor aufgenommen und registriert werden. Zu jedem ebenfalls klar definierten Zeitpunkt wird dabei ein 2D-Bild in Transmission (durchleuchtet) aufgenommen, die dann nachher zu einem 3D-Bild zusammengesetzt werden.
Dabei funktioniert “das Röntgen” genauso wie bisher. Durch Bremsstrahlung beschleunigter Elektronen wird kurzwellige EM-Strahlung (eben die X-Strahlen des Herrn Röntgen) erzeugt, die die zu untersuchende Materie durchdringen und umso stärker absorbiert werden, je höher die Kernladungszahl des zu durchleuchtenden Materials ist. Diese (mehr oder weniger abgeschwächten) Strahlen lösen im Detektor (meist ein Szintillator/CCD-Chipsystem) ein Zählereignis aus, was dann ein 2D-Bild mit verschiedenen Graustufen (sog. Hounsfield Units) ergibt, in dem man klar Knochen (weiß, viel Absorption, hohes Z) von Gewebe (dunkel, wenig Absorption, niedriges Z, hauptsächlich Wasserstoff) unterscheiden kann. Soweit so Standard und wenn man als Detektor einen “Photofilm” verwenden würde, dann hat man das auch vor über 100 Jahren schon so gemacht.
Jetzt kommen die Neuerungen des dritten Jahrtausends. Man benutzt ein digitales System, wie z.B. CCD-Chips welches Bilder im Millisekunden Bereich aufnehmen und verarbeiten kann, setzt das ganze auf Roboterarme, die nicht nur extrem beweglich sind, sondern auch sehr exakt wissen, wo sie gerade im dreidimensionalen Raum positioniert sind und paart das ganze mit einer leistungsstarken Bildverarbeitung, die aus den 2D-Bildern ein 3D-Bild herstellen kann. Weil dank der genauen (im 10µm Bereich) Positionierung der Arme immer genau bekannt ist, wo jedes Bild entstanden ist, können die recht leicht kombiniert werden, während in der letzen Generation noch diese unhandlichen Röhren oder C-Bögen benuzt werden mussten, um die geometrische Beziehung zwischen den Einzelbildern klar definieren zu können. Zeitgleich können die Detektoren die digitalen Röntgenbilder so schnell aufnehmen, dass man ohne weiteres Filme in Fernsehqualität (sowohl Framerate als auch Auflösung) produzieren und den Bewegungsapparat eines Pferdes beim Laufen auf dem Laufband in Echtzeit aufnehmen kann.
Warum erzähle ich das ganze jetzt anhand eines Pferde-CTs und nicht am menschlichen Beispiel oder bei unbelebten Gegenständen bei der Flughafengepäckkontrolle? Weil ich mich hier bei “Nucular” nicht mit Bildverarbeitung, sondern mit ionisierender Strahlung beschäftige und wir diesen Effekt bislang noch sträflich vernachlässigt haben. Röntgen ist (wie andere ionisierende Strahlung auch) grundsätzlich schädlich für lebende Zellen und dadurch muss man bei jedem Röntgenbild eine Kosten/Nutzen-Rechnung aufmachen und fragen, lohnt der Nutzen für den Patienten (Diagnostik) den potentiellen Schaden. Eine Frage, die nur individuell für jede einzelne Anwendung getroffen werden kann. Was der Medizinphysiker allerdings machen kann, ist immer bessere Geräte zu bauen, die mit immer weniger ionisierender Strahlung immer bessere Bilder machen können. Das heißt vor allem bessere Detektoren bauen und den erzeugten Strahl so exakt zurecht schneiden, dass er nur genau dort ankommt, wo er gebraucht wird. Vor allem letzteres hat die Entwicklung des eben schon erwähnten C-Bogens und eben dieses Thomografiesystems ermöglicht, denn mittlerweile gibt es kaum noch Streustrahlung im restlichen Raum, vor der menschliches Personal (das sich ebenfalls im Raum aufhält) geschützt werden müsste. Außerdem ist die Dosis, die ein geröntgtes Lebewesen abbekommt, natürlich linear proportional zu der Aufnahmezeit und durch den Entwicklungsdruck bei Handykameras sind die Belichtungszeiten um Größenordnungen gegenüber den Filmaufnahmen vergangener Zeiten gesunken.
Warum gibt es so tolle Systeme nicht auch für Menschen? Hauptsächlich aus rechtlichen und strahlenschutztechnischen Gründen. Ein Tier, eine Pflanze oder ein Kristall gelten vor dem Gesetze als Gegenstand und können mit beliebig viel ionisierender Strahlung bestrahlt werden, während dies beim Menschen grundsätzlich im Ermessen des behandelnden Arztes liegt. Außerdem müssen Medizingeräte (für Menschen) einen komplizierten Zulassungsprozess durchlaufen, der mehrere Jahre dauert, eine Ewigkeit in der aktuellen Entwicklung der photosensitiven Halbleitertechnik.
Natürlich kann ich solche Bilder jetzt nicht nur mit Röntgenstrahlen machen, sondern auch mit Gammas, Neutronen, Myonen oder noch exotischeren Teilchen, was noch mal eine andere noch modernere, neuere Welt der bildgebenden Verfahren eröffnen würde, aber auch sicher noch einmal eine eigene Reihe von Artikeln wert ist und das ganze gibt es auch mit Strahlenkanone zur Tumorbekämpfung, wie z.B. das Cyberknife, von dem ich schon mal öfter in der Kommentarspalte berichtet hatte.
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