Wir haben mal eine kleine Bastelanleitung zusammengestellt, für alle, die sich selber eine kleine Neutronenquelle im Keller ihrer Universität bauen wollen. Da wir für die Öffentlichkeit arbeiten, haben wir das ganze natürlich frei zugänglich gemacht und man kann sich entweder ein Exemplar per Fernausleihe von der FZ-Bibliothek kommen lassen oder sich das PDF hier herunter laden. Das ganze ist ein sog. Conceptual Design Report (CDR) und stellt auf ca. 100 Seiten das grundlegende Konzept unserer NOVA ERA-Typ Neutronenquellen vor. Dabei steht NOVA ERA für Neutrons optained via accelerator for education and research activities und Nicolo, der beim internen Nameswettbewerb den ausgelobten Erdbeerkuchen gewonnen hat, hat auch schon ganz gut beschrieben, was hier passieren soll. Ein Teilchenbeschleuniger soll Neutronen erzeugen, die dann für Bildung und Forschung eingesetzt werden … und gleichzeitig soll das ganze dann auch noch eine neue Era für die Neutronenforschung einleiten, weil er dann in Zukunft nicht mehr nur an großen Forschungsreaktoren (wie bisher), sondern auch in jeder besseren Universität betrieben werden kann.

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Mein Kollege Paul (der Kerl aus dem Pyramidenbild mit der Sichel) mit dem ersten frisch gedruckten Exemplar des CDR.

Der CDR stellt, wie der Name schon sagt, das Konzept vor und beantwortet vor allem die Fragen “Was soll hier gemacht werden?” und “Warum brauchen wir das?”. Gleichzeitig ist es aber auch schon eine Plausibilitätsprüfung und Machbarkeitsstudie, die durch Simulationen und ausgewählte Experimente (z.B. meine *g*) zeigt, dass das Konzept in dieser Form nicht nur sinnvoll, sondern auch möglich ist. Dazu gehören dann z.B. Simulationen zur Leistung von bestimmten Experimenten aber auch so konkrete Dinge wie Abschirmungsrechnungen der Targetstation im Strahlenschutz und die Nuklidproduktion im Target bzw. die anfallende Entsorgung von aktivierten Bestandteilen. Grundsätzlich könnte man sich damit schon eine eigene Quelle zusammen bauen, aber man müsste immer noch sehr viel Eigenleistung reinstecken. Zum Beispiel steht da über den Teilchenbeschleuniger einfach nur drin: “Bitte hier aufbauen, anschließen und mit dieser Pulsstruktur schießen.” und der Inhalt meiner Promotion, über die ich euch hier seit Jahren auf dem laufenden halte, wird in drei Seiten abgehandelt mit dem Verweis: “Für mehr Informationen Tobi fragen.”

Das ist auch erst mal OK so, denn der CDR ist nur der erste Schritt auf dem Weg zu einer solchen Neutronenquelle und auch wenn wir sehr darauf hoffen, dass einige Leute mit diesem Stück Literatur in der Hand anfangen werden herumzuschrauben und auch mal ein paar Komponenten auf eigene Faust ausprobieren, so ist uns allen klar, dass jetzt nicht in den nächsten zwei Jahren die Neutronenquellen wie Pilze aus dem Boden sprießen werden. Dafür braucht es den nächsten Schritt, den Technical Design Report (TDR). Dieser ist dann wirklich wie eine Anleitung mit ganz konkreten Daten, wie Fließgeschwindigkeit des Kühlwassers im Targetsystem und Phasenraumkartierung des moderierten Neutronenstrahls in der Quelle. Damit könnten sich Leute mit dem entsprechenden KnowHow und den benötigten Ressourcen (denn so um die 4M€ wird der ganze Spaß immer noch kosten) tatsächlich eine NOVA ERA in den Keller stellen.

Ich habe das ganze hier reingestellt, nicht weil ich denke, dass es irgendeiner der Leser nachbauen wird … obwohl … , sondern weil ich ziemlich stolz auf das bin, was wir erreicht haben und auch wirklich dahinter stehe. Ich denke, dass wir die Welt besser machen können, wenn die ein oder andere Universität so ein Gerät im Keller stehen hat und dann vielleicht der Nobelpreis 2035 für den neuen Mensch-Maschine-Interface-Chip oder den neuen Quanten-Computer an einer solchen Maschine erarbeitet wurde. Ansonsten möchte ich natürlich wie sonst auch immer einen möglichst authentischen, “live” Einblick in die aktuelle Wissenschaft in Deutschland und der ganzen Welt liefern und vielleicht guckt sich ja der ein oder andere Interessierte mal unseren CDR in Rohform ohne meine geschwurbelten Erklärungen an.

 

Download des CDR unter diesem langen Link:

https://wwwzb1.fz-juelich.de/verlagextern1/redirect.asp?id_schriften=48709&URL_DMS=http%3A%2F%2Fdmssrv%2Ezb%2Ekfa%2Djuelich%2Ede%2Fw2p2%2Fautologin1%2Easp%3Faction%3DExpDownload%26Path%3D%255CPublic%2520FZJ%255CPublikationen%255CSchriftenreihen%255CAllgemeines%5F07%2Epdf&online=online&

Kommentare (7)

  1. #1 MisterBitcoin
    Irgendwo in Deutschland
    20. Januar 2018

    Wird sicher eine Weile dauern, bis man das durch hat. 🙂

    Ich werde mir das, wenn ich genügend Zeit habe, mal sehr genau unter die Lupe nehmen.
    Falls jemand aber wirklich auf die Idee kommt das umzusetzten, dann sollte er mich mit auf die Liste nehmen. 😀
    Ich bin Ü2 (Sicherheitsüberprüfung) und arbeite zZ in einer Brennelementefabrik in D; genauer mit abgereichertem Uranpulver.
    Ich habe sehr gute Erfahrungen mit Ultra-Hoch-Vakuumtechnik (Pabs-Rekord: 0,001 mbar bei 6mm Swagelok; He-Leckrate habe ich nicht mehr im Kopf…)
    Dazu kommt noch das große Interesse an Teilchenphysik. Obwohl ich zZ nur nach Primzahlen suche, habe ich 2015 bei der ersten “public computing challenge” den weltweit 3. Platz belegt, Europa-weit sogar der 1.

  2. #2 tomtoo
    20. Januar 2018

    @MisterBitcoin
    3’ter,1’ter gratuliere !

    Zumindest die Rechenpower für’s DIY projekt wäre somit ja schon verheimatet. : )

  3. #3 Tobias Cronert
    20. Januar 2018

    Ja, für die DIY Umsetzung braucht man schon ein besonderes Set von Fähigkeiten …. und Erlaubnissen.

    ABER ein Riesenvorteil ist, dass es eben nicht unter das Atomgesetz fällt, weil kein spaltbares Material vorhanden ist und so mit “nur” die Strahlenschutzrichtlinien eingehalten werden müssen … und hier und da ein paar Richtlinien zur Proliferation bei gewissen Dual Use Gütern *hust*.

    Aber alles machbar 😉
    Ich wäre es interessiert den Gesichtsausdruck der Personen im Landesumweltamt zu sehen, wenn einer das fürs Privatvergnügen im Keller zulassen will.

    • #4 MisterBitcoin
      Irgendwo in Deutschland
      21. Januar 2018

      Wobei es für Privatpersonen wahrscheinlich nicht leicht sein wird alle Teile zusammen zu bekommen.
      Vom Vorteil ist es natürlich, wenn man jmd kennt der dementsprechende Anlagen zur Verfügung hat.
      Wie schon im Artikel angesprochen wurde, es werden verschiedene Fachkräfte benötigt um überhaupt mit dem technischen Umsetzungskonzept anzufangen.

      Die Behörden werden sicherlich auch versuchen möglichst viele “Schwierigkeiten” zu generieren. Auch wenn eine solche Anlage nicht nach dem AtomG anzusehen ist.

  4. #5 tomtoo
    21. Januar 2018

    @Tobias

    Hab mir die Stückliste jetzt nicht angesehen ; ) aber was würde bei einem Beschleuniger denn unter dual use fallen ?

  5. #6 Tobias Cronert
    22. Januar 2018

    @tomtooo: Der Beschleuninger an sich nicht, aber schon das Beryllium fällt unter Dual Use mit Enduserzertifikat. Das könnte man aber theoretisch auch durch etwas anderes ersetzen… dan geht die Brilliant nur um nen Faktor 2 oder so runter.

    @MisterBitcoin: Also im Beschleuningerbereich fällt unser setup meist in den höchsten Bereich, was Strahlenschutz angeht (Neutronenproduktion über 10^12 n/s aber ansonsten sind die Hürden jetzt auchnicht höher, als bei einer Bestrahlungsanlage zur Krebstherapie.

  6. #7 rolak
    15. Juni 2019

    Grad beim Umräumen rauschte Phantom 2040 vorbei, mal reingeblinzelt wg der Erinnerung an den schrägen Heisenberg. Irgendsoein Reporter unterbricht zur Werbepause

    Doctor Jak is brought to you by TotalShock Toothward(?) – when your teeth need more than simple neutron bombardment!