Wie viele Menschen sind in Fukushima an Radioaktivität gestorben? Zwei Antworten: 1.) 0 Menschen sind gestorben. 2.) 10.000 Menschen werden jeweils zu 1/1.000 sterben. Deshalb werden in 100 Jahren 10.000 / 1.000 = 10 Menschen an Fukushima verstorben worden sein*. Das ist das gleiche Prinzip, wie es gerade hoch emotional mit Feinstaub bzw. Stickoxid und den Dieselfahrverboten geführt wird. Es ist keine einzelne Person an Stickoxiden gestorben, es sei denn man zählt die Autotuner, die einmal zu viel auf den Knopf für ihre Lachgaseinspritzung gedrückt haben, mit dazu oder es ist jemand von einem gefrorenen Block NOX erschlagen worden und ich habe nichts in der Presse davon mitbekommen. Trotzdem haben diese Umweltgifte die Lebensqualität und Gesundheit von Millionen Menschen verringert und somit vielen Personen einen Teil ihres Lebens gekostet.
Welche der beiden Antworten von oben ist denn nun richtig? Nun, beide sind richtig und es kommt eben darauf an, wie man Schaden an menschlichem Leben definiert. Aber natürlich bieten sie auch Angriffsfläche für 100 Lungenärzte oder die Atomlobbygesellschaften, die die entsprechenden Grenzwerte erhöhen wollen. Dies resultiert in zwei charakteristischen Grenzwert-Problemen.
Man kann die Grenzwerte gehörig nach oben schrauben, ohne dass auch nur ein einzelner Mensch direkt an den Folgen sterben wird. OK, irgendwann können wir, wie in Peking, die andere Straßenseite nicht mehr sehen, die Kohle zur Stromgewinnung von den Häuserwänden in den Großstädten abkratzen und weil alle Frösche nachts leuchten, brauchen wir bei der Krötenwanderung keine Straßenbeleuchtung mehr … aber es ist keine einzige Person daran gestorben, nur an Lungenkrebs … und Kreislaufproblemen … und Sauerstoffmangel.
Egal, wie weit man die Grenzwerte nach unten schraubt, es werden immer Leute sterben. Egal wie niedrig der Grenzwert ist, er wird niemals Null sein und somit immer ein wenig Leben aus den Menschen saugen. Da jedwede Gesundheitseinschränkung klein gegenüber der Bevölkerungszahl ist, wird immer irgendjemand statistisch dran glauben müssen und die armen Schweine, die diesen Grenzwert festgesetzt haben, haben dann diese imaginäre Person auf dem Gewissen. Egal welchen Grenzwert sie festsetzen, sie können nur (Menschenleben) verlieren.
Ich habe keinen blassen Dunst, auf welchen Modellen Feinstaub, Stickoxid und Co. basieren. Bei ionisierender Strahlung ist es das LNT-Modell, das halt eben (unter anderem) sagt “jede, auch noch so kleine, Menge ionisierender Strahlung ist schädlich”. Dieses Modell ist sicher nicht der Weisheit letzter Schluss, aber das beste, was wir zur Zeit haben. Über Hintergrund, Wohl und Wehe dieses Modells habe ich mich hier ja schon zur Genüge ausgelassen und wer daran interessiert ist, sei an dieser Stelle auf die entsprechenden Artikel verwiesen.
Wie in vielen Dingen gibt es auch hier keine einfache Lösung. Man muss halt irgendwie eine Kosten / Nutzen-Rechnung mit Menschenleben aufmachen und fragen, was es die Gesellschaft kostet 1 / 100.000 Menschenleben pro Einwohner zu retten und ob man nicht vielleicht mehr Menschenleben pro investiertem Volkseuro rettet, wenn man den Straßenverkehr sicherer macht. Vielleicht sollte man auch beides machen? Was auch immer bei Feinstaub, Stickoxid und Co. passieren wird, die ionisierende Strahlung kann sich da ganz entspannt zurücklehnen. Die Grenzwerte für ionisierende Strahlung sind so niedrig, man kann sie quasi gar nicht niedriger machen. Das entspricht dem ALARA (as low a reasonably achievable) Prinzip im Strahlenschutz und sorgt dafür, dass ich mich als Strahlenschützer entspannen und mit Schadenfreude das Geschehen in der Automobilwelt betrachten kann.
*: Diese Zahlen sind natürlich vollkommener Schwachfug und dienen nur als Platzhalter. Die echten Zahlen sind nicht wirklich bekannt bzw. genauso wie die ganze Diskussion Opfer von Politik und wilden, emotionalen Diskussionen.
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