Zwei Wochen sind nun nach meiner letzten Entlassung ins Land gegangen und ich bin noch nicht so richtig wieder auf dem Dampfer. Die Absetzung des Kortisons hat mich in ein richtiges Leistungstief befördert, in dem meine Nebennieren entschieden haben, erst mal kein eigenes zu produzieren, weil sie das ja so nett von außen gesponsort kriegen. Im Allgemeinen haben meine Nieren gut was abbekommen, was sich vor allem in erhöhten Kreatinin-Werten (2-3 mg/100ml) ausdrückt und formal wieder unter die Rubrik “akutes Nierenversagen” fällt. Daher werde ich nun 3-5 Liter Wasser pro Tag trinken und jeden Tag im Krankenhaus für 2-Liter-Extra-Kochsalzlösung-in-die-Venen vorbei kommen. Ist halt wie beim Kochen, die Nieren immer schön wässern.
Es ist noch mal ein MRD aus dem Blut bestimmt worden, um den Verlauf der Entwicklung der Krebszellen zu dokumentieren. Da ist das Verhältnis von 8 * 10^-4 auf 2*10^-4 heruntergegangen, was sich jetzt auf den ersten Blick erst mal gut anhört, aber mit Vorsicht zu genießen ist. Denn bei dem komplexen System Mensch ist eigentlich nur die Zehnerpotenz aussagekräftig und den Wert vor dem Komma kann man getrost vergessen. Nun ja, keine Verschlimmerung ist auch schon mal eine gute Nachricht und diese können wir mit ziemlicher Sicherheit ausschließen. Eine Messung macht da auch nur maximal alle vier Wochen Sinn. Zum einen, weil die Werte immer 2-3 Wochen brauchen, um vom Labor zurück zu kommen und zum anderen, weil nur wirklich Tendenzen über längere Zeiträume aussagekräftig sind… naja und teuer sind die ganzen molekulargenetischen Untersuchungen obendrein auch noch.
Ansonsten bin ich immer noch bei 10kg extra auf den Rippen bzw. in den Beinen, in Form von Wasser, da wir mit den entwässernden Medikamenten momentan etwas sparsamer sind und den Nieren die zusätzliche Belastung gerne ersparen würden, wenns auch irgendwie anders geht. Ja, Wechselbäder und Kompressionssocken sind irgendwie anders und damit können wir ein wenig Torasemid einsparen. Nur auf den Heimtrainer traue ich mich noch nicht so ganz, weil ich diesem dämlichen Muskelfaserriss noch ein wenig mehr Zeit zum Heilen geben möchte.
So, das war auch schon wieder genug Pessimismus für die Woche. Von dem kleinen Kortisonloch mal abgesehen bin ich fast durchgängig fit genug um vor dem Rechner zu sitzen und Scienceblog-Artikel und sonstigen Nonsens in die Welt hinaus zu rufen. Für richtig schwere akademische Kost fehlt mir zwar immer noch die Langzeitkonzentration, aber auch da ist ein Silberstreif am Horizont und ich bin optimistisch, dass ich da bald weitermachen kann.
Ich war auch schon mal wieder zurück in Jülich, um eine von unseren ausgeschriebenen Stellen neu zu besetzen und habe mich mal in Allgemeinen auf den neuesten Stand bringen lassen. Für den Tag der Neugier (also den Tag der offenen Tür) hatten meine Kollegen ein tolles Modell unserer kleinen großen Neutronenquelle durch den 3D-Drucker gejagt und in einem Showkasten mit einzeln ansteuerbaren LEDs aufgebaut, um die Flugbahnen der Protonen und Neutronen darzustellen. Es ist echt schön zu sehen, wenn die Ideen, die man vor 4 Jahren mal im Kopf gehabt hat, endlich Gestalt annehmen, auch wenn es erst mal nur in einem Modell ist. Ich habe echt mal wieder festgestellt, für mich gibt es wirklich nichts Besseres, als etwas zu bauen, etwas zu erschaffen und eine Idee in die Realität umzusetzen.
Tja, bis dann mal eine richtige echte HBS-Neutronenquelle in Jülich oder sonstwo stehen wird, wird noch einiges Wasser den Rhein runterfließen, aber das ist ja auch etwas, auf das man sich freuen kann. Wie es dann mit mir persönlich aussehen wird, kann ich zur Zeit beim besten Willen auch noch nicht abschätzen, sondern werde erst mal nur einen kleinen Schritt nach dem anderen gehen und euch hier auf dem Laufenden halten.
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