Da ich ja mehr oder weniger regelmäßig Tagebuch schreibe, habe ich seit längerem kein Wort mehr darüber verloren, wie es eigentlich um Nucular als solches bestellt ist und wie ich mir die Zukunft hier so vorstelle. Ich habe ja immer gesagt, dass meine Leserschaft zur Hälfte aus den regulären Scienceblogs-Lesern besteht und zur anderen Hälfte aus Menschen, die über die Google-Frage “Ist Radioaktivität ansteckend?” und ähnliche Suchbegriffe hierher finden. Das hat sich mit meinem Leukämie-Tagebuch etwas geändert und annähernd ein Drittel der aktuelle Leser kommen deswegen auf diese Seiten, aber an meinem Schreibstil wird das fundamental nichts ändern… zumal ich auch noch nicht mal annähernd eine Ahnung haben, was diese Leserschaft überhaupt gerne hören möchte.

Ein weiterer witziger Effekt ist, dass ich durch die HBO-Serie ‘Chernobyl’ einen Anstieg meiner Besucherzahlen feststellen konnte. Die Artikel “Ist Radioaktivität ansteckend?”, “Reaktorabschaltung mit Bor” und ähnliche haben ihre Besucherzahlen verdoppelt, genau zu dem Zeitpunkt, an dem die Serie veröffentlicht wurde. In absoluten Zahlen ist das jetzt nicht viel, aber genug, um in der Statistik im Backend aufzufallen. Etwas Ähnliches ist mir früher ja auch schon mit dem Film “Die Wolke” im deutschen Fernsehen passiert, aber ich finde es trotzdem immer noch hochinteressant (und toll), dass die deutsche Bevölkerung offensichtlich begleitend zu dem Konsum von Entertainment Google anschmeißt, um sich über die Hintergründe dessen zu informieren, was sie gerade gesehen haben. Ich mein, dafür mach ich das hier ja überhaupt… also zu einem guten Teil 😉

Ansonsten entschuldige ich mich immer wieder dafür, dass ich nicht viel aus der aktuellen Wissenschaft berichten kann. Da ich zur Zeit eher selten in Jülich und gar nicht auf irgendwelchen internationalen Messen unterwegs bin, bin ich leider etwas abgehängt vom aktuellen Vorgehen in der Fachwelt, also meiner Fachwelt, die ja schon recht speziell ist. Für mich selber ist das jetzt gar nicht mal ein soooo großes Problem, denn meine Kollegen machen auch ohne mich mit Volldampf weiter und publizieren wie wild (mit meinem Namen drauf), aber für Scienceblogs fällt halt leider wenig aktuelle Wissenschaft ab. Sorry.

Meinen PodCast bekomme ich gar nicht mehr auf die Reihe. Da hatte ich ja mal die schöne Vorstellung, den monatlich zu veröffentlichen, aber das hat sich total in alle Winde verschlagen. Ich habe immer noch die Idee, das irgendwann wieder aufzunehmen, aber das werde ich sicherlich nur dann machen, wenn ich auch für eine bestimmte Frequenz garantieren kann. Bis dahin nichts Neues an der Front.

Wir können auch noch mal kurz über Geld reden, bzw. nicht reden weil ich damit zum Glück nicht viel zu tun habe. Ich habe den Luxus, von Steuergeldern bzw. von der Solidargemeinschaft (Krankenkasse) so viel Geld zu bekommen, dass ich davon leben kann. Danke an dieser Stelle noch mal dafür. Daher bin ich auch nicht darauf angewiesen mein Geschreibsel hier oder sonst eine andere Aktivität meinerseits zu monetarisieren. Zum Glück. Auf der anderen Seite kenne ich viele Leute in meinem Bekanntenkreis, die als freischaffende Autoren, Lektoren, Designer, Künstler usw. unterwegs sind und leider sehr wohl auf Einnahmen aus Patreon, Kickstarter oder ähnlichen Quellen angewiesen sind. Daher, wenn euch meine Artikel gefallen und euch das von Zeit zu Zeit einen Euro wert ist, dann schmeißt diesen Euro doch bitte einem anderen Autor in den Hut… stellvertretend sozusagen.

Ich hatte ja immer mal wieder die Befürchtung, dass ich es nicht mehr schaffe, regelmäßig hier zu schreiben. Diese Befürchtung hat sich zum Glück nicht bewahrheitet. Alle Lücken waren maximal Wochen lang und das kann man hier offensichtlich verkraften. Wenn es bis jetzt nicht zu größeren Ausfällen gekommen ist, dann ist auch nicht abzusehen, dass dies in naher Zukunft geschehen wird. Darüber bin ich schon ein wenig froh und auch irgendwie stolz.

Wie sieht die Zukunft aus? Tja, keine Ahnung momentan lebe ich eher so von Woche zu Woche, ohne wirklich abschätzen zu können, wie es in einem Monat aussieht. Wenn ich überlebe, hätte ich gerne als Fernziel eine Familie mit Frau und Kindern und einem sinnvollen Job in der Wissenschaft. Das wäre wahrscheinlich auch kompatibel mit dem Zirkus, den ich hier so veranstalte, aber garantieren kann ich für nichts. Über ungelegte Eier braucht man aber nicht zu gackern und diese Realität ist noch ein gutes Stück entfernt, falls sie denn überhaupt wie erhofft konkrete Formen annehmen würde.

Meine Science-Slam-Auftritte habe ich schon länger nicht mehr weiterverfolgt und um ehrlich zu sein werde ich da wohl auch nicht mehr nennenswerte Energie reinstecken. Es macht zwar Spaß, aber der Kosten/Nutzen-Faktor ist doch arg gering. Die Zeit und vor allem Energie kann ich anderweitig besser nutzen. Irgendwie werde ich wohl auch alt und meine Zuversicht in dieses Format schwindet von Tag zu Tag. Vielleicht werde ich mal abschließend in einem Artikel darüber meckern, aber ansonsten? Eher keinen Aufwand.

Ich habe eine ellenlange Liste an Artikeln, die ich noch schreiben kann, will oder muss. Die wird auch eher nicht kürzer, denn für jeden Punkt, den ich da so abarbeite, kommen zwei neue hinzu. Das wird auch vorraussichtlich so bleiben, solange das Format in dieser Form existiert. Ich werde auch sicherlich nicht anfangen, auf eine anderes existierendes Format, wie z.B. YouTube umzusteigen, aber falls es in Zukunft mal etwas Neues gibt, wie z.B. Gedankenhub via Mensch-Maschine-Cerebral-Interface 😉 … da kann ich für nichts garantieren.

Wie immer bin ich für Vorschläge und Anregungen offen und versuche, euch hier über meine Ideen auf dem Laufenden zu halten.

 

Kommentare (3)

  1. #1 René
    6. September 2019

    Cool. Danke für die aktuelle Einschätzung und die Ausblicke. Ich freue mich auf weitere Inhalte.

  2. #2 fherb
    10. September 2019

    Hallo Tobias,

    Ich lese Dich regelmäßig, da mir mein eigner Tiny-Tiny-RSS-Server immer wieder auch Deine Beiträge zu spielt. Neben vielem Anderen an Wissenschaft und Technik. Dein Blog zwischen den ganzen anderen Artikeln ist für mich ein gewisser Ausgleich. Deine rein technisch-physikalischen Artikel um Strahlung, Physik, …, sind seit vielen Monaten von Deinen persönlichen Beschreibungen mit Deiner Leukämie durchzogen. Das hat eine emotionale, persönliche Komponente, die mich als Leser über den physikalisch – technischen Bezug hinaus anspricht. Ohne Sensationslust, wie im Fernsehen. Ich stehe sicher nicht allein da, wenn ich mit den Schritten Deiner Behandlung, Deiner Fortschritte und auch Rückschläge mitfiebere. Hab schon öfters an Dich gedacht, wenn Du mal Pause einlegen musstest oder wolltest. Und dann froh, wenn wieder von Dir zu hören. Oder weniger froh, wie vor einigen Wochen.

    Und man weiß nie, ob es einen selber in nächster Zeit trifft. Oder den Partner oder einen Kollegen. Muss nicht Leukämie sein. Selbst die Ursache-Wirkungskette von Strahlenexponiertheit und Leukämie ist im Einzelfall nicht nachweißbar. Und wozu? Genetische Mutationen können aus unterschiedlichsten Gründen Krebs verursachen. Solange der Körper mit dem Immunsystem dagegen hält ist alles gut. Hauptgrund allen Übels ist, dass Mensch offenbar nicht dazu ausgelegt ist, trotz Sport und guter Ernährung auf ewig die fehlgeleiteten Fälle der Zellreproduktion in Schach zu halten. Etwas, das die Medienwelt suggeriert. Sport und Ernährung wären die entscheidenden Faktoren. Was mancher glaubt und deshalb eine frühzeitige Erkrankung gar nicht für sich zulässt, als Möglichkeit in Erwägung zieht. Wie Physik, insbesondere Nuklearphysik: da ist ne Menge Statistik im “biologischen Spiel”.

    Man spürt Deine Lebendigkeit. Ich hab schon oft über Deine Energie gestaunt, Worte zu fassen, voller Komik voller Energie, obwohl Du da gerade eigentlich kaum etwas zum Lachen hattest. Das hat mir sehr imponiert. Daran werde ich mich garantiert erinnern, wenn mir die Gesundheit mal wieder einen Streich spielt, oder schlußendlich die Falle über mir zusammen schnappt. Das ist hoffentlich noch ne ganze Weile hin. Aber schon mal jetzt: Danke an Dich!

    Ich finde es gut, wenn Du über Dich berichtest. Aber eine zweite Science-Komponente erwarte ich. Wenn Du Energie hast, dann suche Dir weiterhin Inhalte und recherchiere. Und vor allem schreibe. Sicher mag Dieser oder Jener Podcast oder Video mehr, aber… Ich würde es an Deiner Stelle von Inhalt und Zielgruppe aus betrachten. Video macht ganz viel Aufwand bezogen auf die übertragbare Informationsmenge. Zum Schnuppern einer potenziellen Zielgruppe ganz gut. Oder zur bewußten Unterhaltung. Unterhaltung meint, viel Tolles, Spannendes, aber wenig Information.

    Podcast liegt dazwischen. Solange Dein Unterhaltungswert gegenüber Deinen Inhalten überwiegt (also rein energiemäßige, zeitmäßige Ressourcen), dann ist Podcast gut. Ideal, wenn man das nicht allein macht (minkorrekt).

    Wenn Du aber auch wissenschaftlich interessiertes Fachpublikum und populärwissenschaftlich Gebildete ansprechen willst, ist der Blog ok.

    Es ist wohl auch das Medium, wo man als Produzent den geringsten Druck hat. Du schreibst einfach, wie Zeit und Lust ist.

    Und alles, was Du schreibst ist direkt verlinkbar und durchsuchbar. Daran scheitern Podcast wie Youtube. Sie werden nicht transkribiert. Obwohl es technisch lösbar ist.

    Also bleib der Alte! Immer mit frischem jungen Blut aus dem Knochenmark. Und ich wünsche Dir, dass die Komplikationen und Absonderlichkeiten bald ein Ende haben.

    Und mach Dir keinen Kopp! Bloggen ist gut. Und nur, wenn Du zu viel Zeit und Energie hast, gehe in die Unterhaltung via Pod oder Film.

    Beste Grüße, Frank!

  3. #3 Tobias Cronert
    11. September 2019

    Hallo Frank,
    vielen Dank für die lieben Worte. Es freu mich sehr so einen Anstoß zu lesen und motiviert auf jeden Fall für viele weitere Artikel. Ansonsten bin ich mir sicher, dass man die Gedankenhub-Mensch_Maschine -Cerebral Interfaces bestimmt auch durchsuchen kann … also sobald sie erfunden sind. Bis dahin bleibe ich dann erst mal beim Bloggen. 😉
    beste Grüße
    Tobi