So, der Plan für “die nächste drastische Maßnahme” steht und die Logistik für meine zweite Stammzelltransplantation ist angeschmissen worden. Das heißt, sobald mit dem neuen Spender alles abgestimmt ist und ich wieder denselben Vorbereitungsparkour wie beim letzten Mal durchlaufen habe, geht es für ein paar Monate auf die Isolierstation. Also wir sprechen dabei dann von Anfang 2020. Juchhee?!
So wirklich glücklich bin ich damit natürlich nicht, denn die Transplantation ist schon ein echt hartes Stück Belastung. Die konditionierende Chemotherapie im Vorfeld findet wieder mit den ganz harten Kalibern statt, die den Körper einmal auf links drehen und wer sich darauf freut, Senfgas in die Venen geschossen zu bekommen, der hat echt merkwürdige Freizeitbeschäftigungen. Naja, zumindest um die Strahlentherapie werde ich dieses mal drum herum kommen. Zum einen, weil man echt niemandem eine Lebensexposition von 24 Gray zumuten will und zum anderen, weil einer der wichtigen Pro-Punkte für eine Ganzkörperbestrahlung darin liegt, eventuelle Krebszellen im Rückenmark und Gehirn platt zu machen, da die meisten Chemo-Medikamente nicht durch die Blut/Hirn-Schranke kommen. Das kann ich mir diesmal schenken, weil die Krebszellen auch in der Zeit, in der ich aus der Remission herausgekommen bin, es nicht in den einstelligen Prozentbereich in meinem Blut geschafft haben (im Gegensatz zu den 70%, mit denen ich ganz am Anfang eingeliefert worden bin).
Warum jetzt überhaupt noch mal eine Transplantation? Naja, letztendlich weil das erste transplantierte Immunsystem zwar vernünftig angewachsen ist, aber den Job nicht richtig macht, den wir uns von ihm erhofft hatten. Kurzum ist der Hauptzweck des neuen Immunsystems, die Krebszellen zu bekämpfen. Das tut meines nicht und verschwendet seine Zeit bzw. Ressourcen darauf, meinen Körper in einer Graft vs. Host-Reaktion zu bekämpfen. Wegen letzterer wissen wir eben auch, dass es da ist und dass es arbeitet, nur hat es leider nicht die gleichen Vorstellungen von sinnvoller Arbeit wie meine Ärzte und ich. Tja, dann wird es halt gefeuert und durch ein anderes ersetzt, was hoffentlich besser ist.
Hätte es unbedingt eine erneute Transplantation sein müssen? Naja, ehrlich gesagt nicht. Es gibt noch viele andere Möglichkeiten, von denen z.B. die CART-T-Zell-Therapie eine der neuesten und vom wissenschaftlichem Standpunkt aus gesehen interessantesten ist. Allerdings ist die “normale” Stammzellentransplantation auch die radikalste Option und die erfolgversprechendste Möglichkeit eine langfristige Heilung zu erreichen. OK, die gemanipulierten CAR-T-Zellen wachsen auch im Wirt (also mir) an und sind somit eine langfristige Lösung, aber die Therapie gibt es erst seit 2017 und daher sind die Erfahrungswerte, was längerfristige Heilung angeht, eher nicht vorhanden. *g*
Dabei ist zu sagen, dass die Transplantation halt auch eine Menge Risiken birgt und geradezu gefährlich ist. Das gilt schon für die erste Transplantation, was man aber recht gut einschätzen kann, da der Körper ja noch verhältnismäßig frisch ist. Bei meiner zweiten Transplantation hat mein Körper jetzt schon 2 Jahre heftige Medikamente mit harten Nebenwirkungen inkl. Strahlenkrankheit hinter sind, was die Sache echt nicht besser macht. Ganz konkret heißt das, dass meine Organe in Gefahr sind. Leber, Nieren und Milz vertragen nur eine gewisse Menge an Giftstoffen und können nur ein Maximum an abgestorbenen Zellen herausfiltern, bevor sie kapitulieren. Ja, OK, man braucht nur eine Niere und die Leber hat tolle Regenerationseigenschaften, aber wenn’s das Herz ist, dann hab ich ein Problem. Genausowenig Lust habe ich, auf beide Nieren zu verzichten und den Rest meines Lebens an der Dialyse hängen zu müssen… daher bitte Daumen drücken.
Nicht nur, was die akuten Probleme, sprich Organversagen, angeht, ist die zweite Transplantation ein Hammer, sondern auch was die Langzeitfolgen angeht. Ich hatte ja schon öfter darüber geschrieben, dass mein Risiko auf Sekundärtumore in meinem Leben arg steigen wird. Das wird durch eine zweite Transplantation echt nicht besser, aber wie oben schon gesagt ist es eben die beste Möglichkeit. Alles andere wären irgendwie halbgaare Sachen, bei denen ich für lange Zeit (bzw. immer) echt heftige Medikamente futtern müsste und das halte ich für eine eher nicht so gute Idee. Ich setze da lieber alles auf eine Karte. Wdr: Wenn dann richtig!
Das heißt natürlich noch lange nicht, dass die zweite Transplantation dann die Heilung bringen wird. In einem schlechten Fall würde das neue ebenso ihrem Dienst versagen wie das aktuelle Immunsystem und ich stände dann nach all dem Zinnober an dem gleichen Punkt, an dem ich gerade auch stehe. Das wäre blöd, denn eine dritte Transplantation wird eigentlich immer ausgeschlossen. Das will man dann echt keinem Körper zumuten. Naja, erst mal sehen, wie es weitergeht, bevor ich mir über sowas Gedanken mache.
Die positiven Dinge sind, dass ich noch mal die Chance auf eine Frau mit Blutgruppe AB+ bekomme. Beim letzten Mal habe ich mich ja darüber beschwert, dass mein Spender recht langweilig war, ein Mann derselben Blutgruppe wie ich, und er aufgrund des genetischen Profils wohl eher auch so ein (genetisch) langweiliger Mitteleuropäer wie meine Eltern sein wird. In der Vorbereitung haben wir jetzt sogar mal darüber nachgedacht absichtlich einen habloiden Spender zu nehmen, damit das genetische Profil eben nicht ganz so gut passt und das neue Immunsystem aggressiver gegen die Krebszellen vorgeht. Tja, da haben wir uns erstmal dagegen entschieden, aber selbst bei den “perfekten” 10/10 Spendern kann man noch mal an den Feinheiten herumschrauben. Mal sehen, was es wird, ich bin auch jeden Fall gespannt.
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