Nein, ernsthaft. Ohne Ironie. Ich meine es genau, wie ich es schreibe. Wir Deutsche meckern ja mal gerne über unser Gesundheitssystem und die Krankenkassen kommen in der Regel auch nur in die Nachrichten, wenn sie armen Krebs- oder Todespatienten die ein oder andere Behandlung nicht finanzieren. Daher freut es mich umso mehr, eine Lanze für meine gesetzliche Krankenkasse brechen zu können. Seit meiner Leukämie-Diagnose vor anderthalb Jahren habe ich medizinisch einiges durchgemacht, was man in meinem “Tagebuch” nachlesen kann und die ganze Zeit durch hat mich die Pronova unterstützt und mir den Rücken frei gehalten… ohne mit der Wimper zu zucken. Dafür hat sie sich echt mal ein Schulterklopfen, bzw eine Rose verdient.

Ich meine grundsätzlich gibt es ja zwei Anwendungen einer regulären (gesetzlichen) deutschen Krankenkasse. Im ersten Fall läuft man mit seiner Karte einfach zum Arzt und der ganze Abrechnungshokuspokus findet irgendwo im Hintergrund statt, so dass man gar nichts davon mitbekommt. Der zweite Fall ist, dass irgendwelche Sachen nicht übernommen werden und/oder Sonder- und Extraformulare und Papierkram mit entsprechender Prüfung bearbeitet werden müssen. Fall Eins wird wahrscheinlich der Regelfall sein, während sich man sich über Fall Zwei aufregt und dieser dann entsprechend stark im kollektiven Gedächtnis der Bevölkerung stecken bleibt.

Bei meiner Leukämie und der entsprechenden Behandlung habe ich bis jetzt eigentlich immer nur Fall Eins erfahren und die Krankenkasse hat 90% aller Dinge eigenständig außerhalb meines Sichtbereiches erledigt und Kosten übernommen und mir sogar Krankengeld bezahlt. OK, ein paar Formulare musste ich natürlich schon ausfüllen, aber sogar diese Arbeit konnte ich mit der entsprechenden Vollmacht anderen Leute übergeben, wenn es mir mal nicht gut ging und währenddessen haben die Mitarbeiter immer recht schnell und unbürokratisch geholfen, wenn es mal irgendwelche Probleme gab.

Das sehe ich als gar nicht selbstverständlich an, denn die annähernd eine Millionen Euro, die ich bislang gekostet habe, werde ich sicher in meinem Leben nicht mehr zurückzahlen können. Auch wenn ich bis 90 arbeiten und nie wieder krank werden würde. Wäre die Versicherung ein reines Wirtschaftsunternehmen, dann wären ich und Leute in einer ähnlichen Situation ein riesiges Verlustgeschäft, das man sich gerne vom Hals halten würde. Manche machen das auch, indem sie Sachen erstmal nicht übernehmen und dann aussitzen, bis sie vom Gesetz dazu gezwungen werden. Nicht so die Pronova… also in meinem Fall.

Die Forschung im Bereich Krebs und vor allem der Leukämie geht so schnell voran, dass es in der Regel viele Behandlungen und Medikamente gibt, deren Wirksamkeit zwar schon nachgewiesen sind, die aber noch nicht den langwierigen “wir sind eine Standardbehandlung und alle deutschen Krankenkassen müssen uns bezahlen”-Prozess durchlaufen haben. Da könnte eine KK theoretisch Sachen hinauszögern und Dinge tun… hat meine BKK Pronova aber nie gemacht. Medikamente für 8000 Euro pro Schachtel wurden genauso bezahlt wie die ganzen Untersuchungen im Krankenhaus, wo halt ein PET/CT auch einfach mal 1500 Euro kostet, geschweige denn die Transplantation im sechsstelligen Bereich. Danke dafür.

Natürlich kann annähernd jeder Leser bestimmt eine Geschichte erzählen, wo eine KK eine Rechnung nicht übernommen hat, weil der Zahnarzt 1,50€ für Zahnseide abgerechnet hat und das unter Hilfsmittel fällt, die nicht Teil der Leistung sind… oder durchaus kritischere FälleAber genauso wie die KKs dafür Schelte verdienen, verdienen sie es dann auch mal gelobt zu werden, wenn alles gut läuft und das hoffe ich mit diesem kleinen Artikel zwischen Tür und Angel mal getan zu haben.

Kommentare (5)

  1. #1 Ingo
    19. Februar 2020

    Ich kann das nur bestaetigen.
    Auch im Vergleich mit privaten Krankenkassen.

    Ich kenne beide Welten,- früher als Kind und Jugendlicher war ich ueber meine Familie privat versichert,- heute als Erwachsener bin ich nochmal gesetzlich krankenversichert.

    Es gibt einfach niemals Probleme mit der gesetzlichen Krankenkasse die ueber einfache Betraege wie 20,-EUR hinausgehen, falls man sich mal darum streitet ob man wirklich mit dem Taxi vom Zahnarzt zurueck fahren musste.
    Krankenhausrechnungen kenne ich von meinen Vater, wo für eine einfache Operation erst einmal 5stellige Betraege vorgestreckt werden muessen, dann bei der privaten Krankenkasse eingereicht werden muessen, und erst Wochen spaeter die Erstattung passiert.

    Erst wird oft angemerkt, dass privat Versicherte hier und da Vorteile haben (bessere Zimmer im Kankenhaus, kuerzere Wartezeiten fuer irgendwelche unkritischen Regeluntersuchungen bei Fachaerzten etc).
    Aber wenn es wirklich drauf an kommt,- dann fand ich die gesetzlichen immer verlaesslicher.

  2. #2 Skeptikskeptiker
    19. Februar 2020

    Sicher schon 1000-mal dikutiert und drüber aufgeregt, aber der Sinn der immer noch 105 Krankenkassen (1.1.2020) – außer als Gelddruckmaschinen für ihre Vorstände und Verwaltungen – erschließt sich mir nicht.
    Die E I N E SVK in der DDR hatte auch was.

    Tobias, halt die Ohren steif!

  3. #3 Tim
    19. Februar 2020

    Ich bin jetzt seit 20 Jahren Patient und kann das so nicht bestätigen.

    Wenn es um Leben und Tod geht, bekommt man auch als gesetzlich Versicherter natürlich eine hervorragende Versorgung in Deutschland, auch im Vergleich zu anderen europäischen Ländern.

    Grundsätzlich sehe ich in allen anderen Fällen aber noch sehr viel Verbesserungsmöglichkeiten. Eine Krankenkasse ist heute leider bei weitem noch nicht der Interessenvertreter des Patienten. Das könnte sie aber durchaus sein. Krankenkassen verteilen das Geld im Gesundheitssystem, also könnten sie auch Druck ausüben, um bessere Behandlungen, Kostensenkungen und eine bessere Vernetzung bei komplexen Behandlungsweisen zu erzielen.

    Tun sie aber nicht. Das ist natürlich nicht ihre Schuld, sondern die Schuld der Politik, die die Rolle der Krankenkassen ganz bewusst möglichst klein hält und ihnen nur sehr wenige Freiheiten lässt.

  4. #4 Aveneer
    20. Februar 2020

    Bin mir jedoch nicht sicher, ob man hier nur der Krankenkasse danken darf/muss. Krankenhäuser werden ja i.d.R. über Fallpauschalen abgerechnet. Abhängig von der Diagnose erhalten diese pauschal einen bestimmten Betrag. Bei alternativen Heilversuchen kann es natürlich anders sein.
    Aber soviel ich weiß, gehen die Kosten für ein, zwei oder 5 PET/CTs auf Krankenhaus kosten. Die sind mit z.B. 2,5 PET/CTs pro „Leukämiefall“ in der Pauschale berücksichtigt.

  5. #5 noch'n Flo
    Schoggiland
    20. Februar 2020

    @ Skeptikskeptiker:

    Solange die Ärzte nicht beim Staat angestellt sind, sondern selber verhandeln müssen, wie ihre Arbeit vergütet wird, wäre eine Einheitskasse tödlich für die Versorgung.