Kurz gesagt: Ja, Fliesen können manchmal radioaktiv sein… in sehr sehr seltenen Fällen. Diese Frage wird mir ziemlich oft gestellt, zusammen mit der Frage nach Radioaktivität in Nahrung und Gütern aus Japan oder aus der Umgebung um Tschernobyl und daher möchte ich mir hier mal die Zeit nehmen, einen kleinen Artikel darüber zu schreiben.
Die Frage mit Sicherheit zu beantworten ist leider auch gar nicht so einfach, denn per Ferndiagnose kann ich mir natürlich bestenfalls ein Foto der besagten Fliesen angucken, aber ich bin Strahlenphysiker und kein Geologe. Von einem Bild her kann ich maximal eine ungenaue Schätzung abgeben und das mache ich nicht gerne. Es gibt aber ein paar Kriterien, die ich an dieser Stelle an die Hand geben kann und die ich auch immer im Hinterkopf durchgehe, wenn ich dazu gezwungen werde, eine Ferndiagnose zu machen.
Die Radioaktivität steckt meist in den schweren Elementen, in den natürlichen Mineralien wie z.B. Uran. Diese uranhaltigen Mineralien werden verwendet, weil sie schöne Farben machen und hübsch aussehen und teuer sind sie in der Regel auch noch. Das heißt, in normalen Baumarktfliesen wird mit annähernder Sicherheit nichts drin sein. Sowas gibt es eigentlich nur bei italienischen Designerfliesen, die Anteile von Grün, Rot, Purpur oder anderen intensiven natürlichen Farben aufweisen. Uranhaltige Fliesen sind da auch noch mal verhältnismäßig harmlos, denn da gilt, wie immer die Faustformel “Je höher die Halbwertszeit, desto geringer die akute “Menge” Radioaktivität, die abgegeben wird.” IdR sind auch nur Fliesen aus Naturstein radioaktiv… also nur die teuren.
Wer auf Nummer sicher gehen will, der muss die Fliesen ausmessen. Dazu reicht aber durchaus ein 60€ Strahlenmesser von ebay oder Amazon. Radioaktivität kann man im Gegensatz zu den meisten anderen Umweltgiften (wie z.B. Asbest) sehr leicht und präzise messen. Sprich, wenn ich mit einem super günstigen Messgerät meine Fliesen zu Hause ausmesse und keine erhöhten Werte feststelle, dann kann ich mir zu 95% oder mehr sicher sein, dass sie alle harmlos sind und gefahrlos weiter benutzt werden können. Einen brauchbaren Geigerzähler dafür kann man sich auch im Internet ausleihen (https://geigerzaehler-mieten.de/) oder eben für 60€ (oder besser 120€) kaufen. Das ist denkbar einfach.
Ansonsten kann man auch einfach simple Strahlenschutzverhaltensregeln anwenden. Konkret: Einwirkzeit und Abstand. Sprich, Fliesen im Badezimmer sind idR harmlos, denn selbst wenn sie radioaktiv wären, dann hält man sich so selten (im Sinne von absoluter Zeit) im Badezimmer auf, dass es irrelevant ist. Küchenfliesen sind schon problematischer und im Schlafzimmer will man sie ganz sicher nicht haben. Aber wer hat schon Fliesen im Schlafzimmer? Theoretisch geht die meiste Strahlung (abgeschwächt) auch durch Wände hindurch. Das Kinderbett auf der anderen Seite der Badezimmerwand ist also eher ungünstig. Die Radioaktivität nimmt mit dem Quadrat des Abstandes ab. Das heißt, verdoppel ich die Distanz zu den Fliesen, dann geht die Radioaktivität auf ein Viertel herunter etc.
Die Radioaktivität (Aktivität) ist fest in den Isotopen der Fliese bzw. der Glasur ebenjener eingebaut und kommt da auch so schnell nicht raus. Das heißt, im Gegensatz zu Erde und Sand aus Fukushima oder Tschernobyl braucht man sich keine Sorge zu machen, dass kontaminierter Staub abbröckeln könnte und die Wohnung kontaminiert. Das ist das Schöne bei den Fliesen, selbst wenn die kaputt gehen (beim Ausbauen oder ähnlichem), ist die Gefahr der Verschleppung und Kontamination von anderen Sachen inklusiver der Aufnahme in den Körper (die eigentlich wirklich gefährliche Sache in Verbindung mit Radioaktivität) verschwindend gering.
Zusammenfassend kann man also sagen, dass Fliesen in 90% aller Fälle sicher und harmlos sind. Nur im Falle von teuren, bunten italienischen Designerfliesen mit toller Glasur könnte es zu Problemen durch und mit Radioaktivität kommen und falls das passiert, dann kann man verhältnismäßig einfach nachmessen, ob eine Gesundheitsgefährdung besteht und wie groß sie ist.
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