Strahlung zu messen kann beliebig kompliziert werden, aber in der Realität hält man in 60% der Fälle einfach nur nen Detektor in den Wind und liest ne Nummer ab. Dabei haben die meisten Strahlenschützer ein paar kleine Standardverfahren verinnerlicht, die den meisten Neulingen auf dem Gebiet fehlen und die ich hier noch mal kurz zusammenfassen möchte. Der Blog hier soll eigentlich keine Sammlung von Bedienungsanleitungen werden, aber da sich ein ziemlicher Großteil aller Leserfragen um dieses Thema dreht will ich doch ein wenig Platz dafür einräumen.
Untergrund: Jeder Ort hat einen bestimmten Untergrund, den ich bei einer Messung ignorieren und von dem Messergebnis abziehen muss. Wenn ich z.B. eine Fliese auf Aktivität messen will, dann mache ich erst eine Messung ohne die Fliese, dann eine mit Fliese und ziehe die erste Messung von der Zweiten ab. Das was übrig bleibt ist die Aktivität der Fliese. Wenn ich einen Keller auf Radon Belastung prüfen möchte erst Lüften, dann eine Nullmessung und dann warten, bis sich wieder Radon sammelt. In vielen Einrichtungen werden Bleikammern gebaut, um den Untergrund für eine möglichst präzise Messung zu reduzieren.
Detektoreffizienz: Jeder Detektor hat eine bestimmte Effizienz, die widerspiegelt wie wahrscheinlich es ist, dass eine bestimmte Strahlung eine Wechselwirkung mit dem aktiven Detektormaterial hat. Dabei spielt meist eine so simple Sache wie die Größe der Detektorkammer (oder des Halbleiters) die wichtigste Rolle. Zum Beispiel haben schnelle Neutronen nur eine Nachweiswahrscheinlichkeit im einstelligen Prozentbereich in einer Kammer von einem Liter Volumen. Dementsprechend steigt die Ungenauigkeit der Messung. Gleichzeitig bedeutet dies, dass Detektoren nicht beliebig klein gebaut werden können bzw. im Gegenteil immer mit einer möglichst deutlichen Größe ausgelegt sein müssen um eine bestimmte Genauigkeit zu gewährleisten. Kleinere Detektoren sind immer schlechter.
Selbstabschirmung: Niederenergetische Gamma- oder Beta-Strahlung wird schon sehr oft von dem zu untersuchenden Objekt selber abgeschirmt. Angenommen ich habe einen Stein, der schwache Beta-Strahlung abgibt. Dann hat diese Beta-Strahlung vielleicht nur eine Reichweite von einigen mm im Material, aus dem der Stein selber besteht. Also ist alles was ich mit einem Detektor, den ich an die Oberfläche des Steines halte, messe eben nur der Bruchteil der Aktivität, der nicht durch den Volumenkörper selber abgeschirmt wird. Meine Messung muss ich dementsprechend anpassen oder eine andere Messmethode wählen. Injektion einer gasförmigen Probe in eine Ionisationskammer oder Flüssigszintillation sind Methoden diesen Effekt bei flüssigen oder gasförmigen Proben zu umgehen.
Kalibrierung: Professionelles Equipment wir immer in regelmäßigen Abständen gegen andere Detektoren und bekannte Proben kalibriert. Als Privatperson ist das zwar meist nicht möglich, aber auch jeder Hobby-Strahlenmesser sollte sich eine strahlende Probe zulegen, mit der überprüft werden kann ob die Ausrüstung noch funktioniert. Eine Banane wird dafür wohl nicht ausreichen, aber ein Stück Pechblende aus dem Erzgebirge (über ebay ersteigert, oder selbst aufgesammelt) sollte vollkommen genügen. Wenn nicht regelmäßig überprüft wird ob bzw. was der heimische Detektor so misst kann man schnell in einer Informationsblase landen, in der jeder wahrscheinlichkeitsbdingten Fluktuation des Untergrundes plötzlich eine Bedeutung zugemessen wird, nur weil die Messergebnisse aller normalen Messung zu nah beieinander liegen.
Zeit: Lasst euch Zeit für eure Messungen und mittelt über mehrere Messungen und/oder längere Zeiträume. Vor allem, wenn ihr es mit schwachen Proben, niedrigen Energien oder Detektoren mit einer niedrigen Nachweiswahrscheinlichkeit zu tun habt. Bei professionellen Detektoren kommt noch hinzu, dass diese oft verschiedenen “Sensitivitätsstufen” haben, zwischen denen sie automatisch umschalten, so dass eine stärkere Kontamination eine schwächere Verbergen kann, weil dem Detektor nicht genug Zeit gelassen wird nach dem hohen Zählereignis wieder herunter zu schalten.
Vier Augen Prinzip: Lasst eure Messung im Zweifelsfall von einer zweiten Person überprüfen. Sowohl im Hobbybereich, als auch bei den Profis sind viele Messungen mit Emotionen verbunden. Von “Juchhe, ich habe meinen ersten radioaktiven Stein gefunden” bis zu “Hilfe meine Banane ist radioaktiv” kann da wirklich alles vorkommen und eine zweite Meinung kann da sehr hilfreich sein, denn vielleicht ist es einfach nur die Küchenfliese (auf der Stein oder die Banane liegen) die fröhlich vor sich hin strahlt. Emotional gesehen befinden wir uns da ja schon fast im medizinischen Bereich und daher kann man vielleicht sogar eine Blindmessung rechtfertigen?!
Don’t Panik: Solange ihr besondere, gerade untersuchte, Gegenstände nicht in den Mund steckt und runterschluckt wird euch auch eine noch so hohe Strahlung nicht umbringen. Wenn ihr glaubt durch ein Messergebnis in Gefahr zu sein, bleibt immer genug Zeit die drei As anzuwenden und Abstand, Zeit und Abschirmung (in der Reihenfolge) für euch zu nutzen. Im Zweifelsfall immer die Feuerwehr rufen. Dafür sind die da, das ist deren Job. Wenn ihr etwas dekontaminieren wollt/müsst, dann lasst euch ebenfalls Zeit und macht vorher einen vernünftigen Plan. Das lohnt sich.
Einen sehr einfachen Detektor habe ich einmal hier genauer unter die Lupe genommen. Viele Sachen kann man mit dem schon gar nicht machen, aber in erster Näherung reicht so ein Teil aus dem Elektronikhandel schon aus.
Alle meine Artikel zu Detektoren gibt er hier.
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