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Im Vergleich mit Verfahren auf Basis technischer Messungen machen Medienforscher momentan eine wachsende Kritik an der Validität des Befragungsansatzes für Zwecke der Werbeträgerforschung aus.

Der Hauptvorwurf: Personen die mittels Vorlage von Titelkarten mit dem Zeitschriftenlogo nach ihrem Leseverhalten gefragt werden, seien doch wohl kaum in der Lage, ihr Leseverhalten bis zu einem Jahr zurückliegend zu erinnern (was so behauptet sowohl zu kurz gegriffen als auch falsch ist, aufgrund der Fülle zu betrachtender Facetten aber an dieser Stelle den Rahmen sprengen würde). Eine technische Messung sei da (vermeintlich) doch wohl valider.

Technische Verfahren messen, im Gegensatz zur aktiven Befragung, passiv. In Deutschland sind sie z. B. für die Bestimmung der TV-Quoten und neuerdings für Online-Medien im Gebrauch, werden darüber hinaus aktuell aber auch für Plakat (GPS-Messung) intensiv diskutiert und zunächst versuchsweise realisiert. Aufgrund von Erfahrungen mit diesen neuesten Messsystemen in Nachbarländern (z. B. der Mediawatch in der Schweiz, die neben der Radio- auch die Zeitschriftennutzung messen können soll) erfahren sie momentan in Deutschland eine große Beachtung. Die ist wohl aber in nicht geringem Maß mit dem „Charme des technisch Machbaren” zu erklären. Deren hohe Wertschätzung halten nicht wenige Medienforscher momentan allerdings aufgrund methodischer Schwächen in der Untersuchungsanlage für unberechtigt.

Was auf den ersten Blick sehr überzeugend aussehen mag, verrät bei näherem Hinsehen seine Schwächen. Sich nur auf das technisch Machbare zu fixieren geht nämlich nicht selten zu Lasten der Qualität insbesondere bei den realisierten Stichproben: in der Regel müssen nicht für jeden gleichermaßen leicht zu bedienende Instrumente rund um die Uhr aktiviert werden, um z. B. das Lesen von Zeitschriften lückenlos abzubilden (wie in der Studie „Mediascan” der Agentur MEDIACOM in Österreich, bei der Personen mit einem Barcode-Leser in Form eines Handscanners ausgestattet, jede Nutzung von Zeitschriften und Zeitungen dokumentieren sollten).

Dieses und weitere Verfahren erfordern folglich sehr viel Aufwand in der Auswahl und Instruktion von Untersuchungsteilnehmern. Nicht jede Zielperson ist hierzu bereit bzw. in der Lage. Die Güte dieser „Repräsentativstichproben” ist dabei vor dem Hintergrund geforderter gleicher Auswahlchancen von Personen für Hochrechnungszwecke für die Grundgesamtheit eben deshalb kritisch zu beurteilen.

“Repräsentativ” darf sich eine Untersuchung nur nennen, wenn alle Personen einer zu untersuchenden Grundgesamtheit die gleiche bzw. eine berechenbare Chance hatten, in die Stichprobe zu gelangen (unabhängig von ihren technischen Fertigkeiten) und wenn dabei das realisierte sample diese personen hinreichend ausschöpft (sich nicht letztlich nur eine Minderheit der Kontaktierten für eine Befragung bereit erklären).

Kommentare (1)

  1. #1 Christian
    Juni 16, 2008

    Die Kriterien für Repräsentativität sind ja im Grunde noch komplexer, aber Du sprichst da einen wichtigen Punkt an: Gerade bei solchen hochtechnischen Erhebungsmethoden ist von einem erheblichen Bias in der Stichprobe auszugehen, denn längst nicht jeder wird bereit sein, sich einem solchen Aufwand auszusetzen. Gerade wenn zu vermuten ist, dass zwischen der technischen Affinität und/oder dem Alter der Probanden sowie den Ergebnissen ein Zusammenhang bestehen könnte, würde ich mich auf die Daten aus solchen Erhebungen in keinem Fall verlassen wollen….

    Ich erinnere mich da an eigene Versuche mit einem dieser Eye-Tracker für ein Marktforschung-Projekt. Auch dieses Gerät hätte man längst nicht jedem User zumuten können – und schon ist eine Repräsentativität (auch in beschränkten Grundgesamtheiten) nicht mehr erreichbar….