Der Planet Merkur ist dem Untergang geweiht.

Unsere Sonne wird sich zu einem Roten Riesen aufblähen und den sonnennächsten Planeten einfach verschlucken. Auch auf der Erde dürfte es extrem ungemütlich werden – na ja, in etwa 6,5 Milliarden Jahren also kein Grund zur Panik. (1)

Danach wird die Sonne, wie jeder Hauptreihenstern mit weniger als acht Sonnenmassen, seine Außenregionen regelrecht absprengen und dann zu einem fahlen Weißen Zwerg werden. Weiße Zwerge sind also Sternenfossilien, die ihre besten Jahrmilliarden und alle Turbulenzen bereits hinter sich haben. Sie sind am Sternenhimmel gar nicht mal so selten und vor allem: Sie bieten uns einen Blick in eine ferne Zukunft.

Aber haben Sie immer noch Planeten? Amerikanische Forscher wollen genau das herausfinden. (2)

Dabei bedienen Sie sich mehrerer Tricks. Zum einen dreht sich ein Planet ganz genau betrachtet nicht einfach um einen Stern. In Wahrheit dreht sich ein Planet mit seinem Stern um einen gemeinsamen Punkt: den Schwerpunkt bzw. Baryzentrum. (Siehe auch Bilder hier.) Selbst wenn der Planet an sich nicht sichtbar ist, zumindest ließe sich die Bewegung des Sterns um diesen Schwerpunkt nachweisen.

Desweiteren haben Weiße Zwerge eine ganz besondere Eigenschaft. Sie pulsieren so regelmäßig – werden abwechselnd heller und dunkler -, dass man danach die Uhr stellen kann. Wenn der Stern aber nun zusammen mit seinem Planeten um einen Punkt zwischen Stern und Planet kreist, dann ändert sich auch der Abstand zwischen Erde und diesem Stern. Dieser kommt abwechselnd auf uns zu und entfernt sich wieder, kommt wieder auf uns zu und entfernt sich wieder usw. usf. Dadurch ist aber die Distanz mal ein bisschen kleiner und mal ein bisschen größer.

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Bild: Fergal Mullally, Konferenzbeitrag 2005 Michelson Fellows Symposium am Caltec

Das Sternenlicht braucht, je nachdem ob es z.B. am erdnächsten oder erdfernsten Punkt abgestrahlt wurde, unterschiedlich lange, um die Distanz zwischen Stern und Erde zurückzulegen. (3) Das führt dann letztendlich dazu, dass die Uhr ein wenig aus dem Takt gerät und abwechselnd vor bzw. nach geht.

Elegant, oder? Wer genauer in die Materie einsteigen will. Hier ist ein Link zu einem Vortrag einer der Forscher.

Genau nach solchen Kandidaten suchen Fergal Mullally und seine Kollegen und es sieht fast so aus, als ob sie fündig geworden sind. Sie haben mit dem Stern GD 66 einen Kandidaten gefunden, der genau die oben beschriebene Taktverschiebungen zeigt. Er wird vermutlich alle 4.5 Jahre von einem Planeten umkreist.

Was jetzt noch fehlt, um das Ganze unter Dach und Fach zu bringen, sind mehr Daten, welche idealerweise mindestens einmal die Orbitperiode von 4.5 Jahren komplett abdecken.(4) Aber keine Sorge! So lange brauchen wir auf die Bestätigung nicht zu warten. Denn Mullaly und Co können auf Archivdatan zurückgreifen – frühere Aufzeichnungen des Sterns, die bereits einen Großteil eines Orbits abdecken. In den nächsten Monaten sollten die nächsten Daten eintrudeln und wenn alles gut läuft, dann werden diese das Bild vervollständigen.

Es wäre übrigens nicht der erste Planet, der um einen alten Stern entdeckt wird. Bereits der allererste Planet außerhalb unseres Sonnensystems, der bereits 1992 mit dem Arecibo-Radioteleskop entdeckt wurde (5), war ein solcher Fall:
Erstaunlicherweise umkreist er einen Pulsar und das auch noch in recht geringer Entfernung. (6)

Pulsare sind ebenfalls Sternenfossiliien. Sie entstehen, nachdem ein massereicher Stern (mehr als acht Sonnenmassen) zu einer Supernova geworden ist. Dabei werden gewaltige Energien frei. Dennoch existieren an einem der lebensfeindlichsten Orte des Universums Planeten. Diese Planeten sind übrigens im Fall von PSR 1257+12 4.3, 3.9 und sogar 0.02 Erdmassen groß (7). Sie sind also nicht viel größer und in einem Fall sogar 50mal kleiner als die Erde.

Inzwischen gehen einige Forscher davon aus (8), dass diese Planeten nach der Supernova aus dem Trümmerfeld entstanden sind und dass sie dafür gerade 100 000 Jahre Zeit hatten, weil innerhalb dieser Zeit die gesamte Gas- und Staubscheibe durch die Strahlung “verweht” wird. Damit sind aber keine Bauteile mehr übrig, aus denen sich Planeten formen können. Wenn die Formation von Gasriesen länger dauert, dann ist die Entstehung von schweren Planeten um Pulsare unwahrscheinlich. Die, welche dann noch da sind, können demnach nur Überlebende der Supernova sein und müssen in recht großer Entfernung um ihren Zentralstern kreisen.

Bisher sind allerdings nur drei extrasolare Planeten um Pulsare bekannt. Wir müssen also weiter Planeten “sammeln”, um bestätigen oder widerlegen zu können, ob die Forscher mit dieser Einschätzung Recht haben.
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(1) Our Sun. III. Present and Future; Sackmann, I.-J., Boothroyd, A. I., & Kraemer, K. E.; Astrophysical Journal v.418, p.457; 1993
(2) Limits on Planets Around Pulsating White Dwarf Stars, Fergal Mullally, D. E. Winge, Steven Degennaro, Elizabeth Jeffery, S. E. Thompson,
Dean Chandler and S. O. Kepler, abgeschickt zum Astrophysical Journal.

(3) Natürlich steht die Erde selbst auch nicht komplett still und bewegt sich dem Stern entgegen oder wieder von ihm fort. Aber hier wissen wir sehr genau, wie stark der Effekt ist und mit welcher Periode er auftritt und daher kann man den ganz leicht rausrechnen.
(4) Damit aber nicht genug. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte werden noch mehr Daten aufgezeichnet werden. Denn noch viel aussagekräftiger wäre die Abdeckung von ein paar Orbitperioden; also ein paar mal 4,5 Jahre Daten.
(5) Schon wieder Arecibo. Diese Radiostation hat für die Wissenschaft – und damit das Wissen der Menschheit – viel geleistet und leistet es bis heute. Gerade wird diskutiert, ob sie in den kommenden Jahren stillgelegt werden soll. Es ist natürlich eine Frage des Geldes und ob sich weitere Investitionen lohnen. Schließlich kostet der Unterhalt in Form von Energie, Reparaturen und Personal auch Geld. Geld, das woanders möglicherweise fehlt.
(6) A planetary system around the millisecond pulsar PSR1257 + 12, A. Wolszczan & D. A. Frail, Nature 355, 145 – 147 (09 January 1992)
(7) Ich gehe hier zur englischen Notation über, indem ich bei den Zahlen statt einem Komma einen Punkt setze. Denn sonst gerät man bei der Aufzählung völlig durcheinander.
(8) The Evolution of Protoplanetary Disks around Millisecond Pulsars: The PSR 1257+12 System; Thayne Currie und Brad Hansen, The Astrophysical Journal, 666:1232–1244, 2007