Von wegen der Mars ist tot. Da ist richtig was los.
Zumindest vom geologischen Standpunkt, wie z.B. diesen tollen Bilder von der Mars Sonde Mars Reconnaissance Orbiter der NASA zeigen.
Bild: NASA/JPL-Caltech/University of Arizona
Gezeigt wird hier eine Staublawine, welche von einer Flanke der Nordpolkappe abgeht, die aus Kohlendioxid- und Wassereis besteht mit geringen Beimengungen des allgegenwärtigen Marsstaubes (1), wie die europäische Raumsonde Mars Express festgestellt hat. Da gerade auf der Nordhalbkugel der Frühling beginnt (2), ist die naheliegendste Erklärung, dass sich die Polkappe gerade erwärmt, das Eis sich ausdehnt bzw. verdampft und von Winden Richtung Süden getragen wird. Angetrieben wird das ganze von einer globalen Luftströmung – einer sogenannten Hadley-Zelle.
Tatsächlich hat das französische SPICAM-Team an Bord der Raumsonde Mars Express diesen Transport mit ihrem Instrument “in flagranti” erwischt. (3)
Solche globalen Windsysteme sind nicht auf den Mars beschränkt. Auf der Erde sind Hadley-Zellen ebenfalls Teil des Wettersystems, Venus Express hat eine solche Zirkulation auf der Venus nachgewiesen (4). Aber während es auf der Erde und der Venus vereinfacht gesagt jeweils zwei Hadley-Zellen gibt, die Luft vom Nordpol bzw. Südpol zum Äquator transportiert, läuft das auf dem Mars vermutlich ein wenig anders. Weil hier die Nordhalbkugel und die Südhalbkugel ganz anders aussehen. Während die nördliche Marshemisphäre eine relativ glatte Tiefebene darstellt, liegt der Boden im Süden durchschnittlich etwa fünf Kilometer höher und ist wesentlich zerklüfteter.
Der Höhenunterschied zwischen Nord- und Südhalbkugel führt wiederum dazu, dass es nicht wie sonst jeweils eine Hadley-Zelle pro Halbkugel gibt, sondern eine große globale, welche von der Nordhalbkugel über den Äquator hinweg zur Südhalbkugel reicht und wie eine Pumpe direkt Material zwischen Norden und Süden transportiert – vorwiegend aber nach Norden.(5)
Um aber zu verifizieren, dass diese Lawinen wirklich eine Begleiterscheinung des marsianischen Tauwetters sind, müssen die Forscher jetzt detailliert nachsehen, ob auf früheren Aufnahmen ähnliche Lawinen aufgetreten sind, die man bisher übersehen hat (6) und natürlich wird den Flanken der Pole bei zukünftigen Aufnahmen besondere Aufmerksamkeit geschenkt, jetzt wo die Forscher wissen, wo sie hinsehen müssen.
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1) Subsurface Radar Sounding of the South Polar Layered Deposits of Mars, Jeffrey J. Plaut,Giovanni Picardi et al., Science 6 April 2007:
Vol. 316. no. 5821, pp. 92 – 95
2) Ein Marsjahr entspricht etwa zwei Erdjahren und dementsprechend dauern auch die Marsjahreszeiten doppelt so lang.
3) Nightglow in the Upper Atmosphere of Mars and Implications for Atmospheric Transport, Jean-Loup Bertaux et al., Science 28 January 2005:
Vol. 307. no. 5709, pp. 566 – 569
4) Venus as a more Earth-like planet, Håkan Svedhem et al., Nature 450, 629-632 (29 November 2007)
5) A topographically forced asymmetry in the martian circulation and climate, Richardson & Wilson, Nature 416, 298-301 (21 March 2002)
6) Ja, das kann in Zeiten knapper Kassen und begrenzten Personals tatsächlich passieren. Der Mars ist schließlich groß und die Bildaufnahmen werden von Mission von Mission besser, so dass sich ein verwaschener Fleck auf einem alten Bild Jahre später, nachdem derselbe Bereich mit höherer Auflösung fotografiert wurde, als interessantes Phänomen entpuppt. Aber zum Glück geht nichts verloren. Alle Aufnahmen sind archiviert und werden über das Planetary Data System der Öffentlichkeit frei zur Verfügung gestellt.
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