Wer findet Fahrradhelme Sch*** und meint, das auch wissenschaftlich beweisen zu können?
Wer ist der Ansicht, dass Frau Robinson unfehlbar ist und alle anderen Wissenschaftler, die sich mit dem Thema Radhelm und Verkehrssicherheit auseinandergesetzt haben, allesamt Idioten? Wer ist der Ansicht, dass er persönlich die Mörder-Theorie-Hypothese entwickelt hat, die zeigt, dass Radhelme ja gar nicht wirken können? Wer meint, dass der TÜV bei der Prüfung von Radhelmen Mist baut, weil die Prüfbedingungen Eurer allein gültigen Meinung nach natürlich (!) in keinster Weise der Realität entsprechen, was Ihr natürlich (!) mit einer entsprechenden wissenschaftlichen Studie belegen könnt? Wer meint, ein Wikipedia-Artikel sei mehr wert als zehn wissenschaftliche Studien, die von unabhängigen Experten geprüft worden sind? Wer meint, dass Radrennfahrer völlig unnötigen Ballast auf ihrem Kopf rumtragen, der sie im Extremfall um die entscheidenden Millisekunden und damit um den Sieg bringen könnte? Um den Sieg, für den einige Radprofis sogar sehenden Auges erhebliche Gesundheitsrisiken in Kauf nehmen? Warum? Weil die Radhelmlobby so mächtig ist und die Radprofis dafür bezahlt und dabei so überzeugend ist, dass nicht ein einziger Radfahrer oder ein Verein oder ein Landesverband ausschert?
Dann habe ich hier mal einen Aufruf für Euch!
Die Fahrradhelm-Lobby muss ja wahrhaft eine unglaublich mächtige Organisation sein und es müssen ja unglaublich viele Menschen auf höchster Ebene in der großen, geheimen Radhelmverschwörung drinstecken.
Tja, wie wäre es denn dann mal mit einer Zivilklage? Vielleicht auf Hawaii? Warum lasst Ihr diese Ausbeuter und Fälscher nicht einfach so richtig bluten? Warum verklagt Ihr nicht die Radhelm-Lobby?
Und wenn wir schon dabei sind.
Warum verklagt Ihr nicht den TÜV wegen unsauberer Arbeit und weil sie Eurer Meinung nach seit Jahren völlig unnütze, um nicht zu sagen irreführende Prüfsiegel vergibt? Warum informiert Ihr nicht Stiftung Warentest über den großen Betrug “Fahrradhelm”? Warum informiert Ihr nicht den Verbraucherschutz? Euren Bundestagsabgeordneten? Verbraucherschutzminister Horst Seehofer ? Die Gesundheitsministerin Ulla Schmidt wäre sicherlich auch über diesen Betrug gerne informiert.
Es winken Ruhm und Ehre und wahrscheinlich sogar jede Menge Geld. Wenn Eure Beweise so überzeugend sind, dann ist das doch wohl ein Klacks für Euch.
Ich hab dazu in folgenden Beiträgen was zur Thematik Radhelme und Verkehrssicherheit geschrieben:
Der Fahrradhelm und seltsame Diskussionen
Nachtrag zum Fahrradhelm-Beitrag
Und vor allem hier im Beitrag Radhelmdiskussionen (2) und Kommentaren:
Ich stelle mal fest, dass im Rahmen der Debatte die Gegner der Radhelme immer und immer wieder dieselben begrenzten Zahlen aufführen:
Eine Studie aus dem Jahr 1996 mit Zahlen aus drei (!) australischen Provinzen aus den Jahren 1990-1992, in der sich die Forscherin D. L. Robinson von der University of New England in Australien gegen die Einführung der Helmpflicht ausspricht. Insbesondere deswegen, weil viele Leute anscheinend lieber ganz auf’s Radfahren verzichten, anstatt zu ihrer eigenen Sicherheit einen Helm zu tragen – zumindest die ersten beiden Jahre nach der Einführung der Helmpflicht.
Dieses Argument kaufe ich ihr tatsächlich auch ab. Da gibt es kein Vertun. Ihre Zahlen belegen, dass in den drei australischen Provinzen die Anzahl der Radfahrer zunächst deutlich zurückging. In einer Provinz allerdings begannen sich bereits im dritten Jahr die Zahlen wieder zu erholen.
Robinson sagt zudem, dass sie sich schwer tut, überhaupt einen Rückgang in der Anzahl der Kopfverletzungen nach Einführung der Helmpflicht zu sehen. Gibt allerdings im gleichen Aufsatz zu, dass ihre Daten verunreinigt sein könnten. Weil mehr oder weniger gleichzeitig noch andere Maßnahmen ergriffen wurden, um das Unfallrisiko insgesamt zu senken. Indem z.B. schärfere Alkohol- und Geschwindigkeitskontrollen durchgeführt wurden. Die Ergebnisse dieser Maßnahmen könnten einen eventuellen Zusammenhang zwischen Radhelm und weniger Kopfverletzungen einfach überdecken. Und da hört es dann bei mir auf mit dem Verständnis von Frau Robinson.
Ich halte die Zahlen von Robinson nicht für aussagekräftig genug, um bezüglich des Verletzungsrisikos eine Aussage zu treffen. Wie gesagt: Robinson gibt es sogar selber indirekt zu. Gleichzeitig finde ich allerdings einige Fall-Studien und Meta-Analysen anderer Forscher, die alle mehr oder weniger das Gleiche sagen: Radhelme vermindern das Kopfverletzungsrisiko. (Bitte die Original-Beiträge wegen der Quellen lesen.)
Daher appelliere an jeden, selbst einzuschätzen, ob er vielleicht in einer Stadt wohnt, wo Autofahrer beim Rechtsabbiegen gerne mal Radfahrer übersehen bzw. wo die Radwege nicht optimal oder gar nicht vorhanden sind. Und ich appelliere, zu überlegen, ob die Unbequemlichkeit des Tragens nicht vielleicht durch einen zusätzlichen Schutz des Kopfes während eines Sturz auf den Asphalt wieder wettgemacht wird. Denkt einfach mal drüber nach! Mehr wollte ich mit meinen Beiträgen nicht aussagen.
Zudem machte es mich extrem stutzig, dass Robinson auch 10 Jahre später in einer neueren Veröffentlichung im Jahr 2006 eigentlich nur ihre alten Daten aufwärmt. (Wir erinnern uns: Die Jahre 1990-92, drei australische Provinzen.) Neu dazugekommen sind lediglich Neuseeland und eine kanadische Provinz. Zudem gibt sie selbst in der 2006er Studie zu, dass sie bestimmte Datensätze “wegen methodischer Mängel” verworfen hat. U.a. aus Ontario, wo witzigerweise die Daten ihrer Hypothesen widersprechen. Tatsächlich wird ihr in einer Gegenveröffentlichungen in derselben Zeitschrift genau das vorgeworfen: Datenselektion nach Gutdünken sowie die ungenügende Berücksichtigung anderer Faktoren, die ebenfalls eine Rolle spielen. Der Vorwurf lautet: Robinson liest nur das aus ihren Daten raus, was sie unbedingt lesen möchte. Das ist zugegebenermaßen eine weit verbreitete Gefahr – gerade wenn es um ein so komplexes Thema wie menschliches Verhalten geht.
Und was ist eigentlich mit den Daten aus den Jahren 1993 und später? Hat sich die Anzahl der Radfahrer inzwischen erholt oder ist sie immer noch auf dem gleichen niedrigen Niveau? Darf man doch mal fragen, oder? Es wird noch nicht mal erwähnt, dass sie den Versuch unternommen hat, die ganze Situation vor ihrer Haustür weiter zu beobachten. Das ist doch irgendwie merkwürdig. Seit wann ruht sich ein Wissenschaftler mehr oder weniger auf den Daten von vor über 10 Jahren aus und unternimmt nicht mal den Versuch, seine Hypothesen mit neueren Daten zu belegen? Und nein: “Weil die sowieso kein anderes Ergebnis zeigen würden”, ist irgendwie ein sehr schwaches Argument. “Ich muss mich nicht mehr anstrengen, ich hab bereits alles zu dem Thema rausgefunden”, das ist wirklich eine sehr seltsame Einstellung.
Das alles habe ich dargelegt und daraufhin trat etwas ein, was ich so nie erwartet hätte:
Es traten Leute auf, die meinten mich wegen einem Radhelm mehr oder weniger deutlich persönlich beleidigen zu müssen.
Es traten in den Kommentaren Leute auf, die meinten, mir erklären zu müssen, wie Wissenschaft ihrer allein maßgeblichen Meinung nach zu funktionieren hat, ja wie ich zu denken habe. Als ob man sich Wissenschaft zurechtdiskutieren und mir vorschreiben könnte, was ich für Schlussfolgerungen zu ziehen habe. Z.B. Wissenschaft sei das, was gut abgehangen nach 30-40 Jahren zwischen Buchdeckeln steht. (1)
Es traten Leute auf, die meinten Ihre persönliche subjektive Meinung und Erfahrung und das, was die gute Bekannte aus der Notaufnahme “berichtet”, was weder objektiv noch nachprüfbar ist, sei mehr wert als die jahrelange Arbeit von Leuten, die gewissenhaft nachprüfbare Statistiken und Unfallakten und Krankenhausdaten auswerten. Es traten Leute auf, die es mir anscheinend persönlich übelnahmen, dass ich mich aus reiner Neugierde überhaupt des Themas annahm und tatsächlich basierend auf meiner wissenschaftlichen Vorbildung ein Urteil anmaßte und das auch begründete. Es traten Leute auf, die meinten, dass eine persönliche Homepage oder ein Wikipedia-Artikel mehr wert seien als 20 Studien zu dem Thema.
Es traten Leute auf, die eine Studie zitierten, worin bestätigt wird, dass in den 80er Jahren (!) bei einigen (!) Radhelmen nach dem Sturz Scher- und Rotationskräfte auftraten, die nicht genügend berücksichtigt wurden. Schaut bitte mal auf’s Datum. Wir haben 2008. Ihr wollt mir doch jetzt nicht erzählen, dass sich seit den 80ern nichts mehr am Design von Radhelmen getan hat und am Testaufbau. Oder dass Ihr die einzigen seid, welche diese frei verfügbare Studie aus dem Jahr 1987 gelesen haben?
Und wisst Ihr was? Die Leute kommen gerade wieder. Und wieder werden exakt die gleichen Argumente gebracht, wie am Anfang der Diskussion. Bzw. neue “Argumente”. Es ist doch “nur” eine Theorie. Was habe ich heute erst über Theorien geschrieben? Liest eigentlich niemand mehr die Kommentare der Vorgänger? Oder die aktuellen Artikel. Ist das jetzt die neue Masche? Ermüdungsstrategie? Immer und immer wieder dieselben Argumente, Webseiten und Studien zu zitieren, bis sie mir zu den Ohren rauskommen und wenn ich darauf keinen Bock habe, zu schreien: “Seht Ihr, sie scheut den Konflikt”? Und immer wieder wird Robinson zitiert und verteidigt, die Madonna der Radhelmgegner, die natürlich in keinster Weise zu kritisieren ist. Wie kann ich es auch nur wagen?
Ich hab wirklich keine Lust, die gleichen Diskussionen wieder und wieder zu führen. Es bringt auch nichts, wie man sieht. Ein Argument wird dadurch, dass sie ein anderer lautstark wiederholt, auch nicht richtiger.
Aber ist doch erstaunlich, wie Wissenschaft angegriffen wird, wenn sie nicht zur persönlichen Lieblingsmeinung passt. Und hier geht es “nur” um einen TÜV-geprüften Helm. Um wieviel schwieriger ist es, einer Debatte zu folgen, die sich um Dinge dreht, die unanschaulich sind? Schwarze Löcher? CO2? Evolution? Schutzimpfungen? UFOs? Homöopathie?
Die Argumente und die Methoden der Gegner sind auch in diesen Fällen sehr ähnlich. Insofern ist die Radhelmdebatte ein gutes Beispiel, um zu verdeutlichen, wie man eine anfänglich wissenschaftliche Diskussionen aushebeln, für sich vereinnahmen, niederschreien kann. Ich bilde mir eine Meinung aufgrund von, weil ich es irgendwo gelesen, so erlebt, so erzählt bekommen habe und was dagegen spricht, muss einfach falsch sein.
Mit so einer Einstellung ist es ein Leichtes sich die Quellen, Experten und Daten rauszusuchen, welche die persönliche Lieblingsmeinung unterstützen und alle die niederzuschreien, welche dagegen halten. Man hat ja schließlich Recht. Zudem macht man die Daten der anderen schlecht, während natürlich die Daten, welche die “richtige Meinung” unterstützen, über jeden Zweifel erhaben sind. Im gleichen Atemzug behaupten Leute, die natürlich von Haus aus keine Wissenschaftler sind, dass sie am Wochenende und in ihrer Freizeit alleine in der Lage sind, Wissenschaft zu betreiben. Die gestandenen Wissenschaftler dagegen sind natürlich alle zu doof und haben von Mathematik sowieso keine Ahnung und rechnen können und wollen die sowieso nicht.
Und belegen? Warum sollte man denn irgendetwas belegen oder testen? Gar in einem professionellen Labor und nicht in seinem Hobbykeller? Literaturrecherche ist was für Weicheier. Schnell ein paar Formeln auf die persönliche Homepage hingeklatscht. Das muss doch ausreichen. Selbstkritik? Pah! Braucht man nicht. Man hat ja schließlich Recht…
Es ist wirklich ermüdend.
Und nein, ich habe keinen Bock auf die Wiederholung der Debatte vom letzten Mal. Genauso wenig wie ich Bock habe, mich beschimpfen zu lassen, weil ich der Meinung bestimmter Leute einfach nicht folge. Jedenfalls nicht mit so schlechten Argumenten. Wendet Euch doch bitte an die Abteilung Verkehrssicherheit und Verkehrserziehung der nächsten Polizeidienststelle und versucht, die zu überzeugen.
Außerdem mal ehrlich, der gönnerhafte, joviale Ton, den sich einige Herren mir gegenüber ausnehmen, den finde ich schon mal völlig daneben. Da reagiere ich ziemlich allergisch drauf.
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(1) Ich frage mich, wie die das einem Krebskranken vermitteln wollen. Nein, nein, nein, wir wenden das neue Medikament, das vor 10 Jahren entwickelt wurde nicht an. Lasst uns lieber warten, bis es Eingang in die Lehrbücher gefunden hat – so in 20-30 Jahren. Dann erst wenden wir das neue Verfahren an.
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